Interview

Meghan Trainor: “Ich bin stark und frech”

Musik
11.05.2016 14:05

Mit ihrem Debütalbum "Title" und den Hit-Singles "All About That Bass", "Lips Are Movin'" und "Dear Future Husband" stieg die US-Sängerin Meghan Trainor von Null auf Hundert in lichte Erfolgssphären. Nun bedankt sie sich mit dem Album-Nachfolger "Thank You" bei ihren Fans und zeigt sich stilistisch gereift. Wir haben die sympathische Chartstürmerin in den Londoner Sony-Studios zum Gespräch gebeten.

(Bild: kmm)

Meghan, erst einmal Gratulation zu deinen bisherigen Erfolgen mit dem Debütalbum "Title". Wie hast du das bislang verarbeitet?
Meghan Trainor: Ich hatte ja keine Ahnung, dass sich dieses Album so dermaßen stark durchsetzen würde. Ich bin extrem stolz darauf und froh, dass es so gut geklappt hat. Für einen Neuling in der Branche war das natürlich beeindruckend und gerade für mich als Songwriterin ist damit ein Traum wahr geworden.

Hast du nicht auch einen Song für Jennifer Lopez geschrieben?
Trainor: Ja, einige sogar. "Ain't Yo Mama" habe ich eigentlich für mich selbst geschrieben, aber das Album war dann schon so voll und Jennifer hat mich gefragt, ob ich mit ihr an ihrem Album arbeiten könnte, weil sie mit meinem Kumpel L.A. Reid zusammenarbeitete. Sie liebt Songwriter und ich habe ihr eben diesen geschickt. Ihr hat die Nummer gefallen und dann führte eines zum anderen. Das war ein richtig großes Vergnügen. J-Lo war die erste Künstlerin die ich live sah, wo ich mir dann dachte, ich möchte auch einmal so werden. (lacht)

Gibt es auf dem kommenden Album "Thank You" auch einen Song mit dem gleichen Namen und wenn ja, worum wird er sich drehen?
Trainor: Ja, den wird es geben. Ich habe ihn mit meiner Assistentin und besten Freundin auf der Ukulele geschrieben. Als ich mich an die Arbeit für dieses Album machte, wollte ich unbedingt einen Song für die Fans machen. Viele wissen gar nicht, wie viele Songs ich ihnen schon gewidmet habe, aber dieses Mal sollte es eindeutig sein. Jeder sollte bei diesem Song auch an seine Eltern, Familien oder Freunde denken können. Eben einen Dank ausrichten an jene Menschen, die einem einfach guttun. Auf dem Song haben wir einen Chor und er klingt sehr karibisch - so wie noch nie ein Song davor von mir. (lacht) Ich liebe diese Nummer.

Du hast immer schon gegen diesen Schlankheitswahn im Musikgeschäft angekämpft, bist jetzt 22 und trotz nicht perfekter Figur ein Popstar und Vorbild für unzählige Menschen. Was bedeutet dir das?
Trainor: Magazine haben mich als Kinder immer ziemlich fertig gemacht. Als ich mit meiner Mum in den Supermarkt ging um einzukaufen habe ich immer die Hefte gesehen und mich gefragt, warum die Frauen alle so perfekt aussehen und ich nicht. (lacht) Es war anfangs ein großer Schock und ich musste erst lernen, wie schön ich eigentlich bin, indem ich einfach die tollen, coolen Dinge mache, die mein Leben nun bestimmen.

Nicht nur deine Song- und Albumtitel, auch deine Musik klingt sehr bestimmt und zuversichtlich. Woher kommt das?
Trainor: Ich liebe große, aussagekräftige Titel. Wenn Freunde von mir Nummern schreiben oder sie mir vorsingen, will ich schon im Vorfeld den Namen des Songs wissen. Meine Songs heißen etwa "Better", "Friends" oder "No" - einfach ein prägnantes Wort. Ich mag es, mit wenigen Wörtern viel zu sagen, das finde ich sehr cool.

Würdest du dich selbst auch als starke und freche Person bezeichnen?
Trainor: Stark und frech - so ticke ich im Inneren. Ein Doktor würde wohl eher sagen: pink und blutig. Aber ja, das stimmt schon so. (lacht)

Du hast in einem Interview mal gesagt, dass heute niemand mehr Songs wie Stevie Wonder schreiben oder wie Frank Sinatra interpretieren kann. Warum ist das so und versuchst du selbst, in ihre Fußstapfen zu treten?
Trainor: Oh mein Gott, das traue ich mir schwer zu. Mein Ziel ist es, mit meinen Songs alle Altersgruppen zu erreichen. Ich versuche, simpel, lustig, einfach und kurzweilig zu schreiben. Meine Freundin sagt mir immer, ich schreibe über Sachen, über die viele gerne etwas sagen würden, dafür aber vielleicht zu schüchtern sind. Wonder-Songs sind einzigartig, so etwas kann niemals mehr gelingen. Ich gebe mein Bestes, kann mir aber nicht vorstellen, das zu erreichen.

Wenn man sich deine neuen Songs anhört, sind sie sehr anders als die bekannten, älteren Nummern von dir. Warum dieser stilistische Wechsel?
Trainor: Als Songwriter habe ich mich immer schon zwischen allen Genres bewegt und ich habe mit den Rascal Flatts derzeit auch einen Countrysong in den Charts. Mein Dad hat mir immer gesagt, ich soll Songs in allen Genres schreiben, so kann ich wenig falsch machen und daran habe ich mich immer gehalten. Auf dem ersten Album hatte ich anfangs nur "All About That Bass" und wenig Kontrolle. Sie wollten zehn weitere Songs in diese Richtung, also habe ich eben hauptsächlich Doo-Wop gemacht. Jetzt hatte ich mehr künstlerische Freiheit, ging ins Studio und suchte nach einem Beat, den niemand mit Meghan Trainor verbinden würde. Unser Ziel war es, mit der Single "No" eine Nummer rauszubringen, wo die Leute glauben, sie hätten jemand ganz Neuen entdeckt, nur um dann draufzukommen, dass das doch das Meghan-Trainor-Girl ist. (lacht) Die Leute sollen wissen, dass wir so etwas machen. Viele Künstler machen das nicht selbst, ich bin aber ein Teil jeder kreativen Note aller meiner Songs.

Worauf bist du heute am meisten stolz? Wofür würdest du im Licht der Öffentlichkeit gerne gesehen werden?
Trainor: Ich bin sehr stolz darauf, dass die meisten Leute wissen, dass ich meine Songs selbst schreibe und dass ich kein One-Hit-Wonder bin, sondern schon viele erfolgreiche Songs hatte. Ich habe einen größeren Katalog als nur eine Single und auf "Thank You" bin ich noch selbstsicherer und weiß, dass die Songs viermal so gut sind wie die alten. Ich würde auch weiterhin gerne mit anderen Songwritern arbeiten wie etwa Bruno Mars. Ich glaube, wären wir beide in einem Raum, würde das die Weltherrschaft nach sich ziehen. (lacht)

Du bist doch die ganze Zeit sehr beschäftigt, aber was machst du, wenn du mal ein Wochenende frei hast?
Trainor: Freie Tage? Was ist das? (lacht) Wenn das tatsächlich mal passiert, dann hauen wir uns in Pyjama-ähnliche Einteiler, holen eine Box voller Chips, werfen uns auf die Couch und bewegen uns von dort nicht weg, bis wir aufs Klo müssen oder Essen holen. Wir ziehen uns den ganzen Tag Filme rein und machen einfach gar nichts.

Wer ist "wir"?
Trainor: Ich und meine beste Freundin Jojo, die meine Assistentin ist und überall mit mir hingeht. Wenn ich müde bin, ist sie auch müde. (lacht) Sie lebt mit mir und meinen beiden Brüdern und ist die Schwester, die wir nie hatten. Wir lieben sie wirklich sehr und wir vier sind die allerbesten Freunde.

Wie gehst du mit dem Zeitalter der Social-Media-Kanäle um? Die Leute wollen heute lieber schnelle Bilder mit dir machen, als sich mit dir zu unterhalten - wie geht es dir damit?
Trainor: Lustigerweise werde ich mit den roten Haaren gar nicht mehr wirklich bemerkt also habe ich vergessen, wie berühmt ich eigentlich bin. Meine Freundin lacht mich deshalb immer aus, aber ich kriege das wirklich nicht so richtig mit. Ich bin ganz normal unterwegs, besuche das Kino - auch in den USA - und kaufe ganz normal in der Mall ein. Ich brauche keine Brillen oder Hüte. Ich fühle mich wirklich normal und meine Familie hält mich ohnehin immer am Boden.

Hast du den Sound und auch die Songs auf "Thank You" deshalb verschärft, weil du Angst hast, als "Retro-Girl" gebrandmarkt zu werden?
Trainor: Das war sicher auch ein Thema. Als Songwriter mag ich die unterschiedlichsten Genres und mich hat es schnell geärgert, dass ich plötzlich nur mehr Doo-Wop machte. Ich kann das gut und weiß, dass die Leute das mögen. Aber ich wollte der Welt auch zeigen, dass ich einen tiefgründigen Pop-Song, oder einen 90er-Jahre-Britney-Spears-Song schreiben kann. Bruno Mars hat das auch gemacht und wurde dafür kritisiert, weil er seine Fans offensichtlich damit verwirrte. Ich weiß nicht, was der Rest der Welt sagt, aber mich hat er damit völlig umgehauen. Wenn du so Musikalische Bereiche, die du niemals anrühren würdest?
Trainor: Hardcore und Metal. Auch dieses ganze Screamo-Zeugs - das halte ich überhaupt nicht aus. Das kann ich ausschließen. (lacht)

Wenn du das Album "Thank You" in drei Wörtern zusammenfassen müsstest - welche wären das?
Trainor: Schwer zu sagen. Es ist lustig, frech und ehrlich. Das trifft es genau.

Bezüglich deiner Zukunft - was wäre der nächste Traum, den du dir gerne erfüllen würdest?
Trainor: Eine weitere Nummer eins wäre großartig. Seit "All About That Bass" war ich zwar so gut wie immer Top-10, hatte aber eben nie mehr eine Nummer eins. Das wäre wirklich ein ganz großes Ziel. "No" ist derzeit auf Platz drei, auch nicht schlecht. (lacht)

Welchen Song vom neuen Album hast du selbst am liebsten und warum?
Trainor: "Just A Friend To You" ist mir derzeit sehr wichtig. Ich bin einfach sehr stolz auf jeden Teil dieses Songs. Ich denke mir bei vielen Songs sehr oft, dass sie hier und da noch besser klingen könnten, aber das trifft nicht auf diese Nummer zu. Das ist einer der größten Songs, die ich je schrieb und er ist sehr ehrlich einem meiner besten Freunde gegenüber. Wir hätten fast mal etwas miteinander gehabt, aber es hat nicht funktioniert. Wir reden heute aber normal miteinander und sind super Freunde. Ich habe ihm den Song vorgespielt und er musste weinen, weil er einfach so echt ist. Es ist ein etwas langsamerer Ukulele-Song - auf meinem Instagram-Account singe ich den Refrain und der Song wurde in "Good Morning America" gespielt.

Letztes Jahr hattest du eine Stimmband-Operation - bist du mittlerweile wieder vollends geheilt?
Trainor: Ich weiß nicht so genau. Es war schon alles okay, aber als ich ins Studio ging, war es wieder schwierig. Auf "Thank You" singe ich auch viel intensiver und härter als auf dem Debüt, das war natürlich anstrengender für die Stimmbänder. Ich habe nie wirklich gelernt zu singen, vielleicht mache ich das auch falsch. Der absolute Killer ist aber das Reden, also bin ich da im Arsch. Ich quatsche nämlich zwölf Stunden pro Tag, weil das auch zum Job dazugehört.

Hast du diese Erfahrung auch auf dem Album einfließen lassen?
Trainor: Nein, das wäre ein trauriger, dunkler Song, den niemand verstehen würde. Es ist natürlich eine furchtbare Sache, wenn genau das, was all deine Träume erfüllt, plötzlich nicht mehr funktioniert. Das kann extrem schnell gehen und mein Körper ist für das Studioleben gebaut, die Stimme derzeit offensichtlich nicht ganz. Ich muss das eben professionell lernen.

Fast jeder Musiker kommt einmal zu dem Punkt, wo er sich auch woanders verwirklichen möchte. Sei es, um Tätowierer zu werden oder auch, um die Welt zu retten. Hast du diesen Punkt schon einmal erreicht?
Trainor: Meine Hairstylistin erzählt mir sehr viel über ihre Lieblingsgebiete und was sie macht, um die Welt ein klein bisschen besser zu gestalten. Wir haben vor, in Afrika Brunnen zu bauen. Ich versuche sie damit zu überraschen, denn als ich ihr von der Idee erzählte, hat sie vor Freude schon geweint. Wir sind jetzt schon alle sehr aufgeregt, wie sie darauf reagieren wird. Sie hat schon in L.A. sehr viel Charity gemacht - ich bin in diesen Bereichen gerade im Lernprozess.

Wenn du Songs über deine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen schreibst - wo ziehst du da die Linie? Welche Themen würdest du nicht berühren?
Trainor: Das erste Album war so etwas wie der "Walk Of Shame" - mein Ziel war es tatsächlich, alles rauszulassen, was mir so im Kopf herumschwirrte. Weiter kann man nicht mehr gehen. (lacht) Dieses Mal bin ich etwas limitierter und aufgeräumter in meinen Themengebieten, weil ich beim Debüt auch sehr viel Gegenwind verarbeiten musste.

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