"Ein Motorgüterschiff treibt führerlos auf uns zu!" - mit diesem Telefonanruf bei der Schifffahrtspolizeiinspektion nahm das Donau-Drama um 04.16 Uhr seinen Lauf. Sofort sprangen die fünf diensthabenden Polizisten auf die knapp elf Meter lange "Wiener" und preschten dem 70-Meter-Geisterschiff nach. Ein lebensgefährlicher Einsatz auf dem fast Hochwasser führenden reißenden Strom. Denn das 30 Jahre alte Polizeiboot hat einen Polyesterbug und keine Schotten. Treibgut hätte ein Loch reißen und die "Wiener" zum Sinken bringenkönnen.
Fünf Schubverbände auf der zu dieser Zeit stark frequentierten Fahrrinne konnten durch waghalsige Manöver der quer treibenden "Lorca" gerade noch ausweichen. Wie durch ein Wunder rammte der riesige Gütertransporter auch nicht den Pfeiler der Reichsbrücke. Doch dann bauten sich mit den beiden am Donauufer nebeneinander vertäuten Passagierschiffen "Mozart" und "Casonova" die nächsten Hindernisse auf. Und tatsächlich krachten 120 Tonnen Stahl mit voller Wucht gegen die Ausflugsschiffe! Die in ihren Kabinen schlafenden etwa 320 Urlauber sowie die Besatzung kamen aber mit dem Schrecken davon, lediglich vorne entstanden kleinere Schäden.
Polizei enterte das Geisterschiff
Nach etwa drei Kilometer hatte das Polizeiboot endlich die "Lorca" kurz vor dem Hotel "Hilton Danube" erreicht. Stellvertretend für seine vier Kollegen schildert Gruppeninspektor und Familienvater Heinz Habe die filmreife Piratenaktion: "In letzter Sekunde, bevor das Schiff eine schwimmende Fischerhütte zermalmte, haben wir bei strömendem Regen die ,Lorca" über das glitschige Bootsdach geentert."
Nur etwa fünf Kilometer (oder 14 Minuten bei 5,9 Meter/sec. Fließgeschwindigkeit) vor einer echten Katastrophe. Denn hätte das Schiff die Schleuse Freudenau erreicht und gerammt, wäre es zu einem gewaltigen Rückstau auf der Donau gekommen. "In diesem Fall müssten die Schleusen der Neuen Donau geöffnet und die Donauinsel geflutet werden. Das sichere Ende des in Kürze startenden Donauinselfestes", so Polizei-Kommandant Erich Kraus. Wer die "Lorca" losgemacht hat, ist weiterhin unklar. Die Fahndung läuft.
VON CHRISTOPH BUDIN UND ANDI SCHIEL
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