Kritik unerwünscht

Saudi-Arabien: Neuer Rekord an Hinrichtungen

Ausland
09.03.2015 14:01
Saudi-Arabien reagiert auf die weltweite Kritik an der Menschenrechtssituation im Königreich mit einer "Jetzt erst recht"-Strategie. Allein seit Beginn des Jahres wurden bereits 38 Menschen hingerichtet - ein neuer Rekord. Auch im Fall des regimekritischen Bloggers Raif Badawi denkt Riad nicht im Geringsten daran, von der drakonischen Strafe für den 31-Jährigen abzusehen.

Wenn man sich die offizielle Statistik der Hinrichtungen im Golfstaat seit 2010 ansieht, ist die gegenwärtige Situation erschreckend. Von 27 Exekutionen im Jahr 2010 stieg die Zahl im Jahr 2012 und 2013 auf je 79 Hinrichtungen und erreichte 2014 mit 87 einen neuen Höhepunkt. Doch dieser Rekord wird nicht lange halten, denn heuer wurden allein in den ersten neun Wochen des Jahres bereits 38 Menschen, also gleich dreimal mehr als im Vergleichszeitraum 2014, geköpft. Saudi-Arabien ist weltweit der einzige Staat, der - wie die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat - Enthauptungen vornimmt.

Enthauptungen, Auspeitschungen, Kreuzigungen
Doch in Riad wird nicht nur geköpft, auch Auspeitschungen und Kreuzigungen werden regelmäßig praktiziert. Und das nicht nur freitags, sondern auch dienstags und donnerstags. So wurden etwa die jüngsten Hinrichtungen am Dienstag vergangener Woche auf drei verschiedenen öffentlichen Plätzen in der Hauptstadt vollstreckt. In Saudi-Arabien werden Mord, Vergewaltigung, Raub und Drogenhandel, aber auch "Abkehr von der Religion" mit der Todesstrafe geahndet.

Der Alltag basiert auf der strengen wahhabitischen Auslegung des islamischen Rechts, der Scharia. Schon die Verfassung und die Gesetze in dem Königreich verheißen klare Regeln. So sei es laut saudischen Religionsführern nicht Aufgabe der Regierung, "Konsens innerhalb der Bevölkerung herzustellen", sondern - nach Auffassung der reinen Lehre - "die Gebote und Verbote Gottes im gesellschaftlichen Leben zur Geltung zu bringen".

Fall Badawi: Riad verbittet sich "westliche Einmischung"
Auch im Fall Badawi verbittet sich Riad westliche Einmischung und hat die internationale Kritik wegen der Verurteilung des Bloggers zu 1.000 Stockschlägen scharf zurückgewiesen. Das Außenamt geißelte "die Medienkampagne" um den Fall und erklärte, Saudi-Arabien "akzeptiert keine Form der Einmischung in seine inneren Angelegenheiten". Ein Sprecher prangerte die Aktion als "Attacke auf die Unabhängigkeit" des saudi-arabischen Justizsystems an. Sein Land akzeptiere "keinen Angriff im Namen der Menschenrechte, da seine Verfassung auf der Scharia beruht, die Menschenrechte garantiert".

Das Schicksal Badawis bewegt weltweit die Öffentlichkeit. Der Blogger war wegen "Beleidigung des Islams" zu 1.000 Stockhieben sowie zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. 50 Hiebe musste der 31-Jährige Anfang Jänner über sich ergehen lassen. Danach wurde die Fortsetzung der Bestrafung aus medizinischen Gründen mehrfach verschoben, seine Frau erklärte aus ihrem kanadischen Exil, eine weitere Tranche an Stockschlägen würde ihr Mann wohl nicht überstehen. Doch trotz zahlreicher internationaler Appelle an Riad, den Blogger zu begnadigen, bleibt das Regime hart. Es werde sicherlich keine baldige Freilassung Badawis geben. Im Gegenteil: Nun könnte ihm sogar die Todesstrafe drohen.

Amnesty: "Es wird mit zweierlei Maß gemessen"
In internationalen Demokratie-Rankings landet Saudi-Arabien regelmäßig auf einem der letzten Plätze. Amnesty International hält den westlichen Regierungen vor, den Missbrauch staatlicher Macht in dem Golfstaat nicht offen anzusprechen und das Land wegen seiner politischen und wirtschaftlichen Bedeutung zu schonen. Es werde "mit zweierlei Maß gemessen", so der Vorwurf der Menschenrechtsorganisation.

Doch auch wenn einige westliche Politiker das heikle Thema bei Besuchen in Saudi-Arabien mehr oder weniger direkt ansprechen - in Riad interessiert das niemanden. Die nächsten Enthauptungen sind bereits für die kommenden Tage angesetzt.

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