Das große Comeback

TV-Kult: Weber und Breitfuß amtshandeln wieder

Unterhaltung
24.10.2025 06:00

„MA 2412“ war der heimische Fernsehkult Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre. Für zwei Spezialfolgen (26. Oktober, ab 20.15 Uhr, ORF 1) lassen die Wiener Kultkomiker Alfred Dorfer und Roland Düringer als „Weber & Breitfuß“ wieder den Amtsschimmel wiehern. Davor traf die „Krone“ sie zum humorig-nostalgischen Doppelinterview.

„Krone“: Herr Dorfer, Herr Düringer, Sie haben schon zu den Interviews bei den Comebackfolgen „Weber & Breitfuß“ 2022 gesagt, Sie hätten Drehbücher für zehn Folgen geschrieben. 
Roland Düringer:
 Gut gemerkt. Die zehn Folgen werden es aber nicht werden. 
Alfred Dorfer: Vier haben wir gedreht. Zwei wurden 2022 zu Weihnachten gesendet, zwei werden jetzt zum Nationalfeiertag gesendet und zwei weitere sind schon fertig geschrieben und abgenommen, liegen aber in der Lade. Man hat uns bereits mitgeteilt, dass nächstes Jahr kein Dreh der bereits abgenommenen Bücher möglich ist, weil es derzeit am Geld fehlt. Das ist der Status quo.

Die Idee von weiteren Folgen ist nicht gestorben, sondern vorerst auf Eis gelegt?
Dorfer:
 Realistisch gesehen …
Düringer: … ist die Idee gestorben. Die Grundidee war, vier Filme pro Jahr mit unterschiedlichen Regisseuren und unterschiedlichen Set-Ups zu machen, aber das geht auch Kostengründen nicht. Wir können das nicht bedenken, weil wir keine Finanzler sind, aber beim Sender oben hat auch niemand wirklich darüber nachgedacht, was es heißt, wenn man es so macht.
Dorfer: Die Finanzprobleme am Küniglberg wurden noch größer und die Haushaltsabgabe hat mit Sicherheit auch nicht das gebracht, was sie kalkuliert haben, weil es viele Menschen gar nicht gab, die hätten zahlen sollen. Jedenfalls wurde alles noch prekärer und ich glaube, das Thema ist jetzt vorbei.

Die zweite neue Folge heißt „In der Politik“ und findet in einem Amtssetting statt, das ja fast an die Originalfolgen aus den Zeiten rund ums Millennium erinnert. Das war sicher kein Zufall?
Düringer:
 Nach den ersten Rückmeldungen der zwei Folgen von 2022 haben wir bemerkt, dass sich die Zuschauer nach dem Amt sehnen, obwohl wir von der Szenerie weg wollten. Gut, dann schicken wir sie halt wieder auf ein Amt – aber mittels eines Auftrags. Wir haben damit das Genre Politthriller angeschnitten. Ich wollte sieben Tage im Wald verbringen, deshalb habe ich die Märchenfolge „Im Wald“ geschrieben.
Dorfer: Wenn du an einen Drehort kommst, den du liebst, dann wird alles gleich viel besser. Es waren schöne Tage, man sitzt in keinem Studio fest und ist vom Licht der Natur abhängig, das wechselt und Dinge erschwert, aber es ist gleich ganz anders. 
Düringer: Es geht nicht nur darum, was am Ende für ein Produkt rauskommt, sondern auch darum, was für eine Zeit ich gemeinsam mit den Kollegen beim Projekt verbracht habe. 
Dorfer: Was mir im Laufe der Zeit immer wichtiger wurde: Wie sind das Team und das Setting? Da geht es nicht nur um die Darsteller und die Regie, sondern auch um die Umgebung und um die Wartezeiten. Um die simple Frage, ob man gerne hingeht oder nicht. Am Ende ist es ein Arbeitsplatz und genau so, wie bei anderen Menschen, die täglich ins Büro gehen. 
Düringer: Das hängt vom Ort und den Menschen ab. Film zu machen, ist etwas Besonderes. Du bist für einen gewissen Zeitraum mit einer großen Truppe von Menschen kaserniert. Man ist und lebt an diesem Ort und das kann schon was.

Duo Infernale: Roland Düringer und Alfred Dorfer sind wieder als Komikerduo vereint.
Duo Infernale: Roland Düringer und Alfred Dorfer sind wieder als Komikerduo vereint.(Bild: Eva Manhart)

Ein wichtiger Grund für das Comeback vor drei Jahren war für euch, dass euch HTL-Schüler auf „MA2412“ angesprochen haben und ihr gesehen habt, dass ihr auch eine jüngere Generation erreicht. Jetzt müsste eine ganze Generation längst wieder voll dabei sein?
Dorfer:
 Das ist wohl das Enkelphänomen. Man hat mit der Elterngeneration ein Problem, nicht aber mit jener der Großeltern. Da gibt es keine Konkurrenz, weil das total andere Sphären sind. Junge, die jetzt 20 oder 25 sind, können vielleicht mehr mit „Weber und Breitfuß“ anfangen als die Mittelgeneration.
Düringer: Das waren zum Teil ganz kleine Kinder, als die Serie rauskam. Bei mir auf der Bühne begrüße ich hauptsächlich alte Leute. Wenn Junge da sind, frage ich immer, warum sie da sind. Die häufigste Antwort: „Weil der Papa Geburtstag hat“.
Dorfer: Ich habe immer den Eindruck, dass es denen, die da sind, eh gefällt, aber viele würden nie von sich aus auf die Idee kommen, eine Kabarettvorstellung zu besuchen. Dass Kabarett bei der Freizeitgestaltung die erste Wahl ist, hat sich weitgehend aufgehört. Ich glaube aber, dass viele Leute auch nicht ins Theater oder Kino gehen.
Düringer: Wir leben heute in einer anderen Welt – schon allein von der Sprache her. Die Sprache, die wir auf der Bühne oder vor der Kamera reden, stirbt aus. Die Jungen tun sich bei manchen Begriffen schwer. „Kombinesch“ kennen nur noch die Alten, aber kein Junger mehr. Diese Begriffe sterben aber aus.

Dennoch sollte man sich auf der Bühne oder im Fernsehen wohl nicht anbiedern, weil das auch nur in die Hose gehen kann.
Düringer:
 Anbiedern ist keine Notwendigkeit. Vor allem in unserer Situation. Wollen wir was erreichen? Nein. Wir wollen, dass den Leuten die Episoden gefallen, dass sie es anschauen und wir selbst großen Spaß dabei haben.
Dorfer: Hollywood wird es bei uns nicht mehr werden, aber wir sind Glückskinder und haben es wirklich gut erwischt. Wären wir heute jung, hätten wir ganz andere und nicht unbedingt leichtere Bedingungen.
Düringer: Auch das Fernsehen ist ganz anders als heute. Wir haben früher um 9 Uhr angefangen und sind um 15 Uhr heimgegangen und keiner hat Kosten hinterfragt. Heute wird jeder Cent mehrmals umgedreht.
Dorfer: Allein schon die Drehzeiten für Fernsehsendungen. Früher waren das 30 Tage pro Fernsehfilm. Heute muss ein „Tatort“ zum Beispiel in 21 oder 22 Tagen erledigt sein. Das mindert die Qualität und ist verrückt.

Fühlt ihr euch bei einem Dreh wie hier für „Weber & Breitfuß“ mittlerweile unter Druck gesetzt?
Düringer:
 Nein, überhaupt nicht, ich lasse mich auch nicht unter Druck setzen. Man muss aber der Realität ins Auge schauen und akzeptieren, dass Film und Fernsehen nicht mehr das ist, was es einmal war. Als wir noch jung und Filmkonsumenten waren, gab es FS 1, FS 2 oder das Kino. Ein Sender wie der ORF ist heute bei vielen hinten nach und mit Streaming-Plattformen wie Netflix, Amazon oder AppleTV in Konkurrenz zu gehen, ist vollkommen sinnlos. Das eine ist die Weltmeisterschaft und das andere die Regionalliga Ost. Wir beide haben das Glück, dass wir schön in der Regionalliga Ost mitschwimmen. Wir haben Spaß dabei, können damit unser Leben finanzieren und die Leute klopfen uns auf die Schulter und sagen, dass ihnen unsere Arbeit gefällt – besser kann man es gar nicht erwischen. Es geht um andere Summen und auch eine andere Qualität. Ich habe mir auf Netflix unlängst „Black Rabbit“ angesehen – wie die schon spielen. Da sind wir meilenweit davon entfernt.

Wie man am Fall Amerika sieht, ist es für Satiriker heute nicht mehr so einfach.
Düringer:
 Ich finde die Amerikaner prinzipiell sehr tiefenentspannt. Oliver Stone hat einen großartigen Film über Dick Cheney gedreht, wo klar über den Irak-Krieg erzählt wird. Oder „Wag The Dog“.

Ich spreche eher auf die Einschränkung und teilweise Absetzung von Late-Night-Hosts an. Kimmel, Colbert und Co. Humor auf Kosten bestimmter Leute scheint nicht mehr erlaubt zu sein.
Dorfer:
 Das verstehe ich überhaupt nicht. 
Düringer: Aber was wissen wir von Amerika? Nichts außer das, was uns berichtet wird.
Dorfer: Soweit ich mich informiert habe, war das, was die angeblich gesagt wurde, völlig harmlos. Dass dafür eine Fernsehsendung, wenn auch kurzzeitig, suspendiert wurde, ist eine Katastrophe.
Düringer: Die Vorgeschichte mit dem erschossenen Charlie Kirk war aber extrem – was sich da in Amerika abgespielt hat. Mich wundert es, dass es dort nicht schon heftiger zugeht.
Dorfer: Die USA sind derzeit aggressiv gespalten.
Düringer: In Deutschland ist es mittlerweile auch schon sehr zugespitzt. Da müsste ich gerade nicht unbedingt überall sein.

Über die Jahre hat sich natürlich auch das Humorempfinden geändert. Fühlt ihr euch dadurch eingeschränkt?
Düringer:
 Prinzipiell gilt für mich, dass ich von der Bühne herab niemanden persönlich kränken möchte. Wir reden über Stereotype, verarschen die Menschen, die unten sitzen, nennen sie aber nicht beim Namen.
Dorfer: Wir verarschen uns selbst. 
Düringer: Nachdem Jörg Haider seinen tödlichen Unfall war in „Willkommen Österreich“ ein Beitrag, wo sie sich darüber lustig gemacht haben. Es gibt aber Menschen, die haben Herrn Haider geliebt – Familie, Kinder, Freunde. So etwas macht man einfach nicht und da gibt es für mich ganz klare Grenzen, die ich nicht übertreten würde.
Dorfer: Das Polit-Kabarett ist zuweilen wie eine Hasenjagd auf Personen, die bekannt sind. Sie laufen mit einer Zielscheibe herum und mit meinem „Donnerstalk“ habe ich dasselbe gemacht. Das ist nur ein Ventil. Ich schieße mit Worten auf jemanden, manche lachen und manche sind gekränkt.
Düringer: Wir haben in unserer Form als Humoristen immer Sachverhalte kritisiert. Heute wird eine Position kritisiert. Links oder rechts. Und wenn ich mich positioniere, weiß ich, worüber ich schimpfen muss, aber die Komik liegt im Sachverhalt. Diese ständige Positionierung zieht sich aber auch durch den gesamten politischen Diskurs und das tut uns langfristig nicht gut. Es macht alle zornig.

Düringer und Dorfer im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein.
Düringer und Dorfer im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein.(Bild: Eva Manhart)

Denkt man anno 2023, wenn man eine „Weber & Breitfuß“-Folge dreht, nicht daran, dass man was Falsches sagen könnte?
Düringer:
 Das ist bei uns egal, weil sich bei den Figuren ohnehin alles ausgeht. Wenn man einen Politthriller wie „In der Politik“ macht, dann wird einfach keine Partei genannt. Es geht um ein gewisses Vorgehen in einem politischen System.
Dorfer: Es werden keine Parteien und keine Namen genannt. Es gibt auch keine Anspielungen an jemand bestimmten. Ich wurde schon gefragt, ob wir bei der Folge an August Wöginger gedacht hätten. Natürlich nicht, wir haben die Folgen ja schon vor zwei Jahren gedreht. Das System füllt unsere Geschichten.

Wie fühlt es sich für euch an, immer noch ab und zu in die Welt dieser Figuren reinzusteigen, die so viele Leute über Jahrzehnte hinweg begeistern und auch begleitet haben?
Düringer:
 Uns wird das jetzt erst richtig bewusst.
Dorfer: Wir wussten damals, dass die Einschaltquoten gut sind, aber nicht, welchen Effekt die Serie haben würde. Die damalige Unterhaltungschefin des ORF hätte uns gern 100 Folgen machen lassen, was aber von Roland und mir nicht zu bewältigen gewesen wäre. Damals gab es die Idee von Schreibteams bei uns nicht. Die insgesamt zehn Stunden „MA 2412“ haben nur wir zwei allein geschrieben. Heute hast du bei einer Sitcom einen ganzen Pool an Schreiberinnen und Schreibern, mit einem „Headwriter“ an der Spitze. Da werden viele Witzschablonen und Storyboards abgeliefert – manche fragen auch die KI nach Lustigem. Es gibt insgesamt aber nur 36 Folgen, obwohl viele Leute glauben, es wären viel mehr. Das liegt daran, dass die Serie im Fernsehen immer wieder wiederholt wurde. 
Düringer: Wir hatten immer die Fähigkeit, dass alles, was wir gemacht haben, auch wirklich aus uns rauskam. Nicht aus dem Kopf, sondern aus dem Miteinanderspielen. Egal, ob bei „Atompilz von links“ oder bei „Muttertag“. Wir waren in einer Wohnung, haben herumgeblödelt und haben alles auf Kassettenrekorder aufgenommen. Der Kopf hat konstruiert, was lustig sein könnte und weitere Überlegungen waren kein Thema. Wenn wir „Weber & Breitfuß“ in fünf Jahren drehen würden, wäre es wieder so wie gestern, weil wir wissen, wer wir sind. Es ist kein Konstrukt, nichts Auswendiggelerntes – es sind einfach wir.
Dorfer: Jetzt fühlen wir uns ein bisschen wie bei einer Fußballmannschaft. Man hat zusammen im Nachwuchs gekickt, die Wege haben sich dann getrennt und man spielt irgendwann wieder zusammen.

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