Problem mit Behörde

Essen um 3,50 Euro: Traum von Gastronom geplatzt

Steiermark
29.09.2025 06:00

Eine warme Mahlzeit um nur 3,50 Euro, eine Tasse Kaffee um 50 Cent: In Zeiten von Teuerung und Inflation wollte Florian Lüdtke die Grazer Gastro-Szene mit sozial verträglichen Preisen aufmischen. Das ist gelungen – doch nun kam das jähe Aus wegen bürokratischer Hindernisse. 

Simpel, gesund, leistbar: Im Bistro Legüm in der Grazer Bürgergasse gab es nur zwei warme Hauptgerichte, dazu Frühstück und Desserts, und trotzdem bildeten sich regelmäßig Schlangen vor der Tür. Die Preise machten das Legüm – die Abkürzung steht für leckere, günstige Mahlzeiten – zur Stamm-Adresse für Sparfüchse, Studierende und Pensionisten. 

Der Traum vom leistbaren Essen ist für Gründer Florian Lüdtke nach nur zehn Monaten aber vorbei. „Ich muss das Legüm schließen. Aber nicht, weil es nicht gut gelaufen ist. Der letzte Monat ist so gut gelaufen, so unglaublich gut. Wir hatten täglich über 150 Leute im Laden“, sagt der gebürtige Norddeutsche.

Betrieb war mit Auflagen genehmigt
„Es gab von Anfang an Probleme mit der Baubehörde, weil das Lokal an sich keine richtige Küche hat“, sagt Lüdtke. Man kochte täglich über 100 Portionen Linsen-Dal und Chili sin Carne auf Induktionsplatten in einem Hinterraum. Für das Vorhaben des Legüm hätte die Küche im Lokal laut Baubehörde nicht vollständig den Anforderungen entsprochen, daher wollte Lüdtke in Kürze das Kochen in eine angemietete Küche auslagern. Mit diesem Vorschlag hatte die Baubehörde ihre Zustimmung erteilt.

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Das Problem ist, dass viele vergessen, warum man eigentlich Koch oder Gastronom wird. Nämlich, um Menschen zu ernähren.

Florian Lüdtke

Doch dann vergangene Woche der Schock: Plötzlich gab es Ungereimtheiten, die aus rechtlichen Gründen nicht öffentlich preisgeben kann – Lüdtke müsse binnen zwei Wochen entweder Tausende Euro teure Gutachten für die Geschäftsfläche vorlegen oder schließen, hieß es. „Das kann ich mir nicht leisten als kleines Bistro.“ Geld für die Ausstattung eines neuen Lokals fehlt. „Das reißt mir den Boden unter den Füßen weg. Ich habe keine Rücklagen mehr.“ Lüdtke möchte nun rechtliche Schritte gegen Dritte prüfen.

Inspiration kam durch eine Japan-Reise
Den Traum eines eigenen Bistros hegte der studierte Webdesigner schon lange, nach einer Japan-Reise vor zwei Jahren wurde die Vorstellung konkret. „Das Essen dort ist verdammt gut und günstig.“ Curry um drei bis fünf Euro, Onigiri – das sind kleine Reisbällchen – um weniger als einen Euro. „Ich dachte mir, warum gibt es das bei uns nicht?“ Irgendwann sei der Punkt gekommen, „an dem ich keine Lust mehr hatte, den ganzen Tag am Rechner zu sitzen. Außerdem nimmt die KI im Designbereich viele Aufgaben weg.“ Noch am selben Tag schaute Lüdtke sich nach Immobilien um – trotz null Erfahrung in der Gastronomie.

Im Dezember 2024 öffnete Lüdke sein Legüm. Nach einem anfänglichen Misstrauen gegenüber der Preise standen schon im Frühjahr die Kunden Schlange. „Ich bin um 4.45 Uhr aufgestanden und war um 21 Uhr zu Hause“, erinnert sich Lüdtke. Mittlerweile hat er elf Mitarbeiter, die meisten geringfügig.

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Wir haben bei Google eine Bewertung von 5,0 bei über hundert Rezensionen – das hat fast niemand.

Florian Lüdtke

Preise zogen auch ältere Grazer an
Geplant war das Konzept vor allem für Studierende, doch es kamen auch viele Pensionisten. „Wir haben gemeinsam mit einem 80-Jährigen geweint, der uns erzählt hat, dass er seine Frau vor zwei Jahren verloren hat und seitdem darauf angewiesen ist, in der Stadt zu essen.“ Er selbst habe als Student erlebt, wie schwer das Leben mit leerem Konto sein kann. „Du kannst einfach nicht zehn Euro für ein Menü ausgeben.“

Nur, kann sich das wirtschaftlich ausgehen? Ja, sagt Lüdtke. Die Personalkosten seien für Gastronomen zwar hoch. Die Zutaten – Reis, Linsen, Hafer – sind aber günstig und ohne viel Aufwand zu verarbeiten. Lüdtke wollte nie mehr als den drei- oder vierfachen Herstellungspreis verlangen – eine Berechnung, die in der Gastro gängig ist.

Der 30-Jährige will jetzt erst versuchen, das Chaos zu ordnen. Eine Zukunft in der Branche schließt er allerdings nicht aus – im Gegenteil.

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