Im Sommer 1975 schrieben drei Steirer große Alpingeschichte: Hanns Schell, Robert Schauer und Herbert Zefferer stand am Gipfel des 8.080 Meter hohen Hidden Peak in Pakistan.
Als sich das Team damals um den erfahrenen Grazer Expeditionsleiter Hanns Schell auf den Weg in das Karakorum machte, war vieles noch unerschlossen. Die Gletscher kaum kartiert, die Anreise mühsam und voller logistischer Stolpersteine.
Mit dabei: der damals 21-jährige Robert Schauer sowie der erfahrene Höhenbergsteiger Herbert Zefferer. Begleitet wurden sie von Hanns Ehefrau Liselotte „Lilo“ Schell, Expeditionsarzt Helmut Prevedel sowie Karl Hub – und gemeinsam betraten sie eine Welt, in der es keine Satellitennavigation, keine fixen Lagerplätze und schon gar keinen Rückflugplan gab.
Am 4. August 1975 gelang dem Team die Erstbesteigung des 7.250 Meter hohen Urdok I, eines bis dahin völlig unbekannten Gipfels im Urdok-Kamm. Eine stille alpine Meisterleistung, heute fast vergessen – und doch ein Ausdruck puren Entdeckergeists.
Nur eine Woche später, am 11. August 1975, standen Hanns Schell, Robert Schauer und Herbert Zefferer dann bereits auf dem Gipfel des Hidden Peak (Gastherbrum 1) – bei besten Bedingungen, aber nach einem harten Anstieg im klassischen Expeditionsstil.
Es war nach der Erstbesteigung im Jahr 1958 erst die dritte Besteigung dieses Achttausender überhaupt und erfolgte nur einen Tag nach dem Reinhold Messner und Peter Habeler den Gipfel auf einer neuen Route erreicht hatten.
Was diese Achttausender-Expedition so besonders machte, war ihr alpinistischer Ethos: kein künstlicher Sauerstoff (lediglich zur Sicherheit hatte man welchen dabei), keine Hochträger, kein medialer Rummel. Alles wurde selbst getragen, eingerichtet, abgesichert. Diese Selbstverantwortung war – und ist – die hohe Schule des klassischen Höhenbergsteigens.
„Wir durften den Hidden Peak an einem Traumtag besteigen und wir standen erst bei Sonnenuntergang auf dem Gipfel“, erinnert sich Hanns. „Es war ein unglaubliches Erlebnis“, ergänzt Robert, der die Fotos auf dem Gipfel schoss.
Beginn einer filmischen Leidenschaft
Mit einer kleinen Super-8-Kamera dokumentierte der damals erst 21-jährige Robert Schauer die Expedition – eine Pioniertat für sich. Später entstand daraus der Film „Der versteckte Gipfel“, der als ein früher Meilenstein des alpinen Dokumentarfilms gilt.
Für Schauer wurde die Expedition zum Startpunkt einer außergewöhnlichen Karriere als Extrembergsteiger, Filmemacher und später Organisator des legendären Grazer Bergfilmfestivals, das inzwischen in „Mountainfilm Graz“ umbenannt wurde .
Der Stil der Hidden-Peak-Expedition von 1975 – langsam, durchdacht, selbstständig, leise – steht heute in Kontrast zur oft laut gewordenen Welt des modernen Höhenbergsteigens.
Das Höhenbergsteigen hat sich seither verändert
Denn das Besteigen der höchsten Berge der Welt hat sich in den vergangenen 50 Jahren grundlegend verändert: Viele Achttausender – besonders der Mount Everest, Manaslu oder K2 – sind heute stark frequentiert.
Kommerzielle Anbieter bieten zu hohen Summen „All-Inclusive-Pakete“ bis zum Gipfel – inklusive Überlebensgarantien.
Satellitentelefone, GPS, Drohnen und Wetterdaten in Echtzeit gehören längst zur Standardausrüstung und Lager sowie Fixseile werden von Sherpa-Teams vorbereitet. Moderne Ausrüstung erhöht zwar die Überlebenschancen, verringert aber auch oft den eigenen Anspruch an Können und Entscheidungsfähigkeit.
Deshalb ist die Besteigung des Hidden Peak durch Schell, Schauer und Zefferer 50 Jahre später ein leuchtendes Beispiel für eine Haltung, die heute selten geworden ist: Respekt vor dem Berg, Verantwortung füreinander und die Leidenschaft, dorthin zu gehen, wo der Mensch ganz klein – und das Erlebnis ganz groß – wird.
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