Im zweiten Jahr erleben die Besucher ab dem 17. Juli auf der Seebühne den „Freischütz“ unter der besonderen Regie von Philipp Stölzl. Wer nicht bereit ist, sich auf Neues einzulassen, könnte enttäuscht werden.
Musikfreunde müssen bei dieser Version von Webers „Freischütz“ stark sein. Einiges, was sie in dieser „romantischen Oper“ lieben, wurde gestrichen oder verändert. So endet die Ouvertüre nicht mit der berühmten „Jubelmelodie“, sondern es zieht ein Kondukt über die winterlich unwirtliche Szene und psalmodiert den Text des gänzlichen Schlusses der Oper: „Wer rein ist von Herzen und schuldlos im Leben…“. Doch wer ist das schon?
Aus der Sicht von Philipp Stölzl nicht einmal Agathe, in Webers Original fast madonnengleich fromm. 2025 in Bregenz flirtet sie, die Braut des unglücklichen Schützen Max, auch mit dem Dorfschönling Kilian und ist ungewollt schwanger, von wem, ist daher nicht klar. Zudem lässt sie sich die Avancen ihrer lesbischen Freundin Ännchen gefallen. Diese gibt ihre sexuelle Ausrichtung offen kund, denn sie richtet ihre Arie nicht an den „schlanken Bursch“, sondern an die „schlanke Maid“.
Der Teufel beherrscht die Szenerie
Nicht nur der Text ist hier, und beileibe nicht nur hier, verändert, sondern auch die Musik, denn schlagerartiger Background fettet Webers Orchestersatz auf. Ännchens zweite Arie von der „sel’gen Base“ ist ebenso gestrichen wie Agathes Gebet zu Beginn des dritten Akts oder das wunderbare Ensemble mit Chor, das im ersten Akt den verzweifelten Max zu trösten sucht. Man sieht, alles Hoffnung Spendende, Spirituelle ist eliminiert, übrigens auch der erlösende Auftritt des Eremiten am Ende. Dafür beherrscht Samiel, der Teufel, das ganze Stück lang als Drahtzieher die Handlung. Im Original hat er lediglich einen kurzen Auftritt in der Wolfsschlucht, die natürlich den Gipfel der Gruselei in diesem Stück darstellt – und übrigens jedem Regisseur schlaflose Nächte bereitet.
Action pur
Bei Philipp Stölzl erleben wir Action pur, alle technische Finessen, die Bregenz zu bieten hat, werden hier ausgespielt. Sie erfreuen, so hört man, vor allem jungere Zuseher, die weniger klassikaffin sind. Ob diese Freischütz-Inszenierung auf der Seebühne somit geeignet ist, diese Oper für ein heutiges Publikum interessant zu machen, sei dahingestellt. Jedenfalls hat Enrique Mazzola, der Dirigent der Premiere im letzten Jahr, diese Hoffnung geäußert. Mazzola ist dieses Jahr – bedingt durch den Intendantinnenwechsel – nicht mehr dabei. Heuer lösen sich der Schwede Patrick Ringborg und Christoph Altstaedt am Pult der Wiener Symphoniker ab, bei 26 Aufführungen bis zum 17. August.
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