Nach Schlaganfall

GB: “Eiserne Lady” Margaret Thatcher 87-jährig gestorben

Ausland
08.04.2013 15:35
Die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher ist am Montag im Alter von 87 Jahren gestorben. Die konservative Politikerin war von 1979 bis 1990 Regierungschefin und ging als "Eiserne Lady" in die Geschichte Großbritanniens ein. Königin Elizabeth II. drückte in einer ersten Reaktion ihre Bestürzung über den Tod Thatchers aus, Politiker und Weggefährten würdigten die Verstorbene.

Thatcher starb an den Folgen eines Schlaganfalls, wie ihr Sprecher Lord Timothy Bell unter Berufung auf die Familie der Ex-Regierungschefin mitteilte. "Mit großer Betroffenheit haben Mark und Carol Thatcher bekannt gegeben, dass ihre Mutter, Baronin Thatcher, heute Morgen an den Folgen eines Schlaganfalls friedlich verstorben ist", sagte Bell.

Queen trauert, Cameron: "Große Britin"
Königin Elizabeth II. erklärte ihre Trauer über den Tod Thatchers. Die Queen sei "traurig, diese Nachricht zu hören", sie werde eine private Nachricht der Anteilnahme an die Familie Thatcher senden, sagte ein Palastsprecher. Premier David Cameron - wie die Verstorbene aus der Konservativen Partei - erklärte ebenfalls, er habe die Nachricht "mit großer Traurigkeit" aufgenommen. "Wir haben eine großartige Führungspersönlichkeit verloren, eine großartige Premierministerin und eine große Britin." Cameron brach eine Tour durch mehrere europäische Hauptstädte ab und kehrt nun nach London zurück.

Gorbatschow: "Große politische Persönlichkeit"
Auch der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow würdigte Thatcher als "große politische Persönlichkeit". Der ehemalige polnische Präsident Lech Walesa bezeichnete Thatcher als Persönlichkeit, "die zum Fall des Kommunismus beigetragen hat". Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte Thatcher "eine der überragenden Führungspersönlichkeiten der Weltpolitik ihrer Zeit". "Ihren Anteil an der Überwindung der Teilung Europas und am Ende des Kalten Krieges werde ich nicht vergessen", sagte Merkel.

Spindelegger: "Unvergleichbarer Reformeifer"
"Mit Margaret Thatcher verliert die bürgerliche Parteienfamilie eine der herausragendsten politischen Persönlichkeiten des vergangenen Jahrhunderts", würdigte auch Österreichs Außenminister Michael Spindelegger die verstorbene Politikerin. "Obwohl Thatchers Politik zum Teil polarisierte, wurde vor allem ihr Wirtschaftskurs, der zu mehr Wohlstand für Großbritannien führte, immer hervorgehoben", so Spindelegger. Der Reformeifer Thatchers sei "unvergleichbar" gewesen, ihr "internationales Engagement" sowie ihr "politischer Weitblick" seien "nach wie vor wichtige Grundlage für die Leitlinien der weltweiten bürgerlichen Politik".

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso würdigte zudem die Rolle Thatchers bei der EU-Erweiterung: "Sie war ein führender Akteur dabei, die mittel- und osteuropäischen Länder, die damals hinter dem Eisernen Vorhang waren, zur europäischen Familie zu bringen." Thatcher sei "zweifelsohne eine große Staatsfrau" gewesen. Sie werde sowohl für ihren Beitrag zum als auch für ihre Vorbehalte gegenüber dem europäischen Projekt in Erinnerung bleiben, betonte Barroso.

Mit"Ich will mein Geld zurück" legendär geworden
Die als "Eiserne Lady" bekannt gewordene konservative Politikerin hatte bereits mehrere Schlaganfälle erlitten. Nach Angaben ihrer Tochter war sie seit Jahren dement. Thatcher hatte sich nur noch äußerst selten in der Öffentlichkeit gezeigt.

Die am 13. Oktober 1925 geborene Britin machte sich vor allem durch den Falkland-Krieg um die gleichnamigen Inseln gegen Argentinien und ihre Rolle innerhalb der damaligen Europäischen Gemeinschaft einen Namen. Ihre Worte "Ich will mein Geld zurück", mit denen sie den sogenannten Britenrabatt beim Gemeinschaftsbudget durchsetzte, sind legendär geworden (ein ausführliches Porträt sowie Bilder von Margaret Thatcher finden Sie in der Infobox).

Vereinigtem Königreich radikale Rosskur verpasst
Thatcher regierte Großbritannien über drei Amtsperioden, länger als jeder andere britische Premierminister im 20. Jahrhundert. Sie war auch die erste Frau an der britischen Regierungsspitze. Dem in die Krise geratenen Vereinigten Königreich verordnete sie in den 1980er-Jahren eine radikale, konservativ-liberale Rosskur. Sie fuhr einen harten Kurs gegen die in Großbritannien bis dahin traditionell starken Gewerkschaften, kürzte Sozialleistungen und sorgte für eine Welle von Privatisierungen. Kritiker ihrer Politik sehen dies als schwere Fehler an, Befürworter halten die Reformen nach wie vor für wichtige strukturpolitische Weichenstellungen.

Außenpolitisch gab sich Thatcher ebenso kompromisslos. Mit US-Präsident Ronald Reagan wurde ihr eine innige politische Freundschaft nachgesagt, das Verhältnis zum damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl galt dagegen als gespalten. Nach dem Fall des Eisernes Vorhanges hatte sich Thatcher zunächst skeptisch gegenüber einer Wiedervereinigung Deutschlands gezeigt.

Für ihre Scharfzüngigkeit und Pointiertheit bekannt
Thatcher war auch für ihre Scharfzüngigkeit und Pointiertheit bekannt. So brachte sie etwa ihre konservative Weltanschauung mit den Worten "Die britische Krankheit mit Sozialismus zu kurieren, war, als ob man versuchte, Leukämie mit Blutegeln zu heilen" auf den Punkt. Dass ihr als erster Premierministerin Großbritanniens auch eine besondere Rolle im Kampf um Frauenrechte zugesprochen wurde, sah sie selbst hingegen differenziert: "Dem Kampf um Frauenrechte verdanke ich nichts."

Ihre politische Kompromisslosigkeit stellte sie mit Sagern wie "Konsens erscheint mir als ein Prozess des Überbordwerfens aller Überzeugungen, Prinzipien, Werte und Grundsätze" oder "Ich bin außerordentlich geduldig - vorausgesetzt, ich bekomme am Ende, was ich will" immer wieder unter Beweis. Neben dem berühmten Beinamen "Eiserne Lady" soll ihr etwa der britische Autor und Politiker Sir Clement Freud - ein Enkel von Sigmund Freud - den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Attila, die Henne" verpasst haben.

Große Trauerzeremonie mit militärischen Ehren
Ein Staatsbegräbnis für Thatcher ist nicht vorgesehen, wie die Regierung in London mitteilte. Ihren eigenen Wünschen zufolge werde ihr Leichnam nicht öffentlich aufgebahrt werden, siewerde allerdings in einer großen Trauerzeremonie mit militärischen Ehren in der Londoner St.-Paul's-Kathedrale geehrt werden, hieß es. Ein mögliches Datum wurde bislang nicht genannt. Schon kurz nachdem sich die Nachricht vom Tod Thatchers verbreitet hatte, wurden vor ihrem Haus im Londoner Diplomatenviertel Belgravia Blumen niedergelegt. Über dem britischen Regierungssitz wehte die Flagge auf halbmast.

Auch im Internet löste der Tod der britischen Ex-Premierministerin eine Vielzahl an Reaktionen aus. Nicht nur Politiker, sondern auch viele andere Nutzer teilten etwa via Twitter Zitate von Thatcher ebenso wie eigene Erinnerungen an die "Eiserne Lady". Dazu kamen ungewollt komische Mitteilungen: Vereinzelt fragten jüngere Nutzer verwundert, wer denn diese Margaret Thatcher sei, über die alle redeten. Twitter zählte innerhalb weniger Stunden über 450.000 Nachrichten zu dem Thema.

Gewerkschafter über Tod erfreut: "Wunderbarer Tag"
Allerdings zeigten sich nicht alle in Großbritannien über die Nachricht vom Tod Thatchers betrübt: Der Funktionär David Hopper von der Bergarbeitergewerkschaft National Union of Mineworkers machte aus seiner Freude am Montag keinen Hehl. "Darauf werde ich jetzt anstoßen", sagte Hopper, der zugleich Geburtstag feierte. "Das ist ein wunderbarer Tag, ich bin absolut erfreut. Heute ist mein 70. Geburtstag, und es ist einer der besten, die ich je hatte." Unter der Regierung Thatcher wurden 165 Bergwerke geschlossen, fast 230.000 Kumpel verloren damals ihre Arbeit.

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