Kult-Platte

Musical-Pop-Stück “Fäustling” jetzt auf CD erhältlich

Musik
12.11.2012 11:20
Er galt als Begründung des österreichischen Musical-Pop – der "Fäustling" von Joesi Prokopetz und Wolfgang Ambros. Jetzt wird die auf Platte längst vergriffene Aufführung auf CD neu veröffentlicht. Joesi Prokopetz erinnert sich im Interview an die Entstehungsgeschichte und so manch amüsante Begebenheit.
(Bild: kmm)

Zwei junge Burschen waren mit "Da Hofa" Anfang der 70er-Jahre nicht nur Mitbegründer des Austropop, sondern feierten auch mit Bühnenspielen Erfolge. Texter Joesi Prokopetz und Musiker Wolfgang Ambros verwandelten Goethes "Faust" zum wienerischen Dialektstück "Fäustling" und entstaubten damit die Wiener Festwochen mit einer neuen Form österreichischer Popkultur.

"Wir sind mit der Idee zum damaligen Wiener-Festwochen-Intendant Ulrich Baumgartner gegangen, und er meinte nur: 'Ja, dann macht's'", erinnert sich Prokopetz zurück. "Mit meinen 21 Jahren hab ich damals gleich die Regie übernommen." Ganz ohne Hilfe ging es nicht, denn die Tanzszenen des Werks und der Aufbau wurden von Choreografen übernommen. "Die haben mich damals rausg'rissen", denkt Prokopetz schmunzelnd zurück.

Anekdotische Kritik
Bei der Premiere musste er auch Kritik einstecken. So schrieb etwa die "Süddeutsche Zeitung": "Aus den Regiefehlern des Prokopetz könnten Generationen von Reinhardt-Seminaristen etwas lernen." Den Regisseur störte das aber keineswegs: "Ich war überrascht, dass sie überhaupt zur Premiere gekommen waren und so viel darüber berichteten. Außerdem hat dieser Satz ja fast schon anekdotische Qualität." Fehler in der Regieführung gesteht sich der Künstler im Nachhinein trotzdem ein: "Ich habe den Leuten ein bisschen die Eigenheit genommen, weil ich ihnen alles vorgegeben habe. Ich kann mich daran erinnern, dass wir in einem Wirtshaus in Hietzing geprobt und die Bühnenmaße mit Klebeband nachgebaut haben. Das war ein völliges Chaos."

Grundlage des Projekts "Fäustling" war natürlich Johann Wolfgang von Goethes "Faust", den Prokopetz schlussendlich einfach zu einer "wienerischen Version" verwandelte: "Ich hatte mit dem Thema schon viel Erfahrung. Einerseits war mein Deutschprofessor Anthroposoph, und für die ist Goethe ja Gott. Andererseits war mein Matura-Thema die Faust-Motive in der modernen Literatur." Den orangen Fäustling am Cover des Albums hat übrigens Prokopetz' Mutter gestrickt: "In einer Nacht-und-Nebel-Aktion haben wir ihn dann dem Goethe-Denkmal übergezogen. Polizisten hätten sich bestimmt gedacht, was die zwei Langhaarigen da machen."

Flucht vor der Realität
Die Handlung orientierte sich am großen Vorbild. So wie Heinrich Faust immer mit der Wissenschaft unzufrieden war, ist Heinrich Fäustling mit seinem Beamtentum unglücklich und sehnt sich nach dem Ausstieg aus der gutbürgerlichen Welt. Am Ende des Stücks gibt sich Fäustling dem Haschisch und sexuellen Orgien hin und tritt somit "in die Welt der Hippies und Gammler" ein, so Prokopetz. Fäustling fühlt sich, befreit von den Zwängen des Alltags, erstmals als Mensch und zitiert die Kernbotschaft des Stückes: "A Mensch und menschlich muaß ma sei!"

Dazu gehört auch die nicht enden wollende Suche: "Der Mensch, der von den Segnungen des Intellekts nicht nur rudimentär angekränkelt ist, der ist und bleibt grundsätzlich ein Suchender. Zufriedenheit ist eine Resignation vor sich selbst", erläutert Prokopetz. Der Kabarettist denkt auch darüber nach, den "Fäustling" zum 40-Jahre-Jubiläum 2013 wieder auf die Bühne zu bringen: "Vielleicht beginnen wir, ähnlich wie einst beim 'Watzmann', mit einem kleinen Lesedrama. Sollte das erfolgreich laufen, dann können wir ja weiter überlegen."

Toter Austropop
Die Wege von Prokopetz und Ambros haben sich schon vor Längerem getrennt. "Das ist auch gut so, aber nicht weil der Wolfgang und ich uns nicht verstehen. Mir macht meine derzeitige Arbeit nur einfach mehr Spaß. Müsste ich heute noch Austropop-G'stanzl schreiben, würde ich wahrscheinlich verzweifeln." Der Austropop existiert für Prokopetz nicht mehr: "Er hat sich zu einem Dialektraunzen missgebildet. Wenn er schon nicht tot ist, dann riecht er komisch."

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