Nationalfeiertag

Verbalschlacht um die Wehrpflicht auf dem Heldenplatz

Österreich
26.10.2012 16:04
Der Nationalfeiertag ist, wie erwartet, ganz im Zeichen der Heeresdebatte gestanden. Wehrpflicht-Befürworter und Verfechter eines Berufsheeres lieferten sich bei den offiziellen Ansprachen am Heldenplatz einen kleinen Schlagabtausch. Während Verteidigungsminister Norbert Darabos davon sprach, dass sich das Bundesheer ändern müsse, bezeichnete Fischer das Heer als Aufgabe "für das gesamte Volk". Dem Publikumsinteresse tat das freilich keinen Abbruch. Das Bundesheer zählte bei seiner Leistungsschau am Donnerstag und Freitag insgesamt 800.000 Besucher.

Neben der Kranzniederlegung, die dieses Jahr nicht beim "Toten Soldaten", sondern bei einer schlichten Gedenktafel stattgefunden hatte - Grund für den Ortswechsel: Bei einer Untersuchung des Denkmals waren zwei Schriftstücke gefunden worden, von denen eines eine Nazi-Huldigung des Bildhauers Wilhelm Frass enthielt -, und der Angelobung von mehr als 1.000 Rekruten entpuppte sich die Leistungsschau des Bundesheers wie in den Jahren zuvor als großer Publikumsmagnet. Das Heer zeigte neben Hubschraubern, Panzern und einem Eurofighter-Modell auch einzelne Spezialbereiche der Armee - wie die Garde, die EU-Battle-Group, die Heeressportler, das Jägerbataillon 25, ABC-Spezialisten und einiges mehr.

Fischer: Schutz des Landes als "Aufgabe des Volkes"
Etwas ernster ging es am Vormittag beim offiziellen Festakt zu. Bundespräsident Fischer appellierte, im Zuge der Debatte keine Gräben aufzureißen und auch an den Tag nach der Wehrpflicht-Volksbefragung am 20. Jänner zu denken. Gleich zu Beginn seiner Rede ging er auf die fast 1.000 Rekruten, die am Heldenplatz angelobt wurden, ein und hob deren "Bereitschaft, dem Staat zu dienen", hervor.

Er verwies darauf, dass das Bundesheer nach dem Zweiten Weltkrieg "auf Basis der allgemeinen Wehrpflicht mit der Aufgabe, für das gesamte Volk unser Land zu schützen", aufgebaut wurde. Und diese Aufgabe erfülle es auf "professionelle Weise", konterte Fischer dem Argument, dass ein Berufsheer mehr Professionalität bringen würde. Die Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag würde zeigen, "wie viel Professionalität jetzt schon in der Arbeit" der Armee stecke, so Fischer.

Darabos: "Wer stillsteht, verliert den Anschluss"
Verteidigungsminister Darabos betonte zunächst, dass es beim Nationalfeiertag nicht um die Wehrpflicht gehe, ging dann aber selbst ausführlich auf diese Frage ein. Es sei gut, dass derzeit über Sicherheitspolitik diskutiert werde, denn dieses Thema führe oft ein "Stiefkind-Dasein". Die Diskussion dürfe aber nicht unsachlich geführt werden. Jene, die das Bundesheer schlechtreden oder gar dessen Abschaffung fordern, würden vergessen, dass das Heer die Bevölkerung vor Bedrohungen schütze und einen Beitrag für den Frieden in der Welt leiste.

Um die Qualität des Heeres abzusichern, brauche es aber "Veränderungen". Das Bundesheer müsse auf das veränderte sicherheitspolitische Umfeld ausgerichtet werden. Denn die Bedrohungen seien komplexer geworden. "Wer stillsteht, wer nicht in Bewegung bleibt und abwartet, verliert den Anschluss", so Darabos.

Kanzler ebenfalls für Professionalisierung
Bundeskanzler Werner Faymann äußerte sich nur kurz zur Berufsheer-Debatte und meinte, dass die Armee und die soziale Arbeit professionalisiert werden müssten. Den Schwerpunkt seiner Ansprache legte Faymann auf Europa als Friedensprojekt.

Die Oppositionsparteien bekräftigten anlässlich des Nationalfeiertages ebenfalls ihre Positionen in der Wehrpflicht-Debatte. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hob in einer Aussendung die Bedeutung der Neutralität hervor, diese sei ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Identität. Ein Ende der Wehrpflicht wäre "die Eintrittskarte in die NATO", glaubt Strache.

"Es ist erbärmlich, dass auch am heutigen Nationalfeiertag bei SPÖ und ÖVP die parteipolitischen Interessen vor die sicherheitspolitischen Interessen des Landes gestellt werden", fand BZÖ-Chef Josef Bucher.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig ortete einen Grundkonsens der Gesellschaft, dass die Menschen für Neutralität in allen Außen-, Verteidigungs- und Friedenspolitikbemühungen des Staates seien. Dieser Grundkonsens müsse endlich wieder mit Leben gefüllt werden und "nicht nur als wahltaktisches Beruhigungsmittel oder als Wort zum Nationalfeiertag" gereicht werden. Für eine Neuformulierung der österreichischen Neutralitätspolitik sollte die im Parlament "von der Regierung schubladisierte" Sicherheitsstrategie genützt werden.

Zahlreiche Besucher am Tag der offenen Türen
Großen Andrang gab es auch beim Tag der offenen Tür in den Ministerien. Vor dem Bundeskanzleramt und der Hofburg stellten sich schon zu Mittag Hunderte Menschen um Einlass an. Bundeskanzler Faymann setzte heuer auf die Kunst. Den gesamten Nachmittag über gaben Mitglieder des Burgtheater-Ensembles im Bundeskanzleramt kurze Kostproben.

Als eifriger Händeschüttler erwies sich Vizekanzler Michael Spindelegger, der sich im Außenministerium eines großen Andrangs erfreuen durfte. Zu zeigen hatte er dem Publikum die EU-Beitrittsgesuche Österreichs, die erstmals ausgestellt wurden. Bundespräsident Fischer empfing, stets gut gelaunt, Tausende Besucher von allen Kontinenten in der Hofburg.

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