Russenspionage:

„Causa hätte sich eigenen U-Ausschuss verdient“

Im „Rainer Nowak Talk“ diskutierten Reinhold Lopatka von der ÖVP, „profil“-Chefin Anna Thalhammer sowie Geheimdienstexperte Dieter Bacher vom Boltzmann-Institut.

Der ehemalige Geheimdienstler Egisto Ott löste ein innenpolitisches Beben aus. Er stand schon 2016/17 in Verdacht, für die Russen zu spionieren. „Er hatte ein großes Netzwerk von Zuträgern“, sagte Anna Thalhammer, „profil“-Chefredakteurin und Expertin in dieser Causa. „Es gibt Zusammenhänge mit der Causa Ibiza und mit dem flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek. Ich bin erstaunt, was jetzt für eine Aufregung herrscht, obwohl vieles schon längst in der Zeitung stand“, erklärte sie bei Rainer Nowak.

Wie konnte es so weit kommen? Österreich hatte seit dem Kalten Krieg den Ruf eines guten „Operationsgebietes für Dienste“, erläuterte Geheimdienstexperte Dieter Bacher vom Ludwig-Boltzmann-Institut. Es gebe vergleichbare Fälle aus dem Kalten Krieg. Offenbar sei es Marsalek gelungen, einen Informantenkreis in einem Österreich Dienst aufzubauen, das sei das Erstaunliche und Außergewöhnliche.

Reinhold Lopatka, außenpolitischer Sprecher und EU-Spitzenkandidat der ÖVP, hielt fest, dass offenbar nur wenige Politiker involviert gewesen seien, „aber fest steht, dass der damalige Chef des BVT Peter Gridling versucht hat, Ott loszuwerden. Das ist da offenbar nicht gelungen“. Und bei der Tragweite des Falles „und wenn uns unsere Sicherheit so viel wert ist, dann hätte sich diese Causa durchaus einen eigenen Untersuchungsausschuss verdient. Das wäre dann die Sache des nächsten Parlaments“

Motive: Von Geld, Rache und Ego
Es sei eine unglaublich komplexe Angelegenheit, sagte Kennerin Thalhammer. Ott und sein Kompagnon und Vorgesetzter Martin Weiss seien sehr talentiert gewesen, „aber es zeigt dennoch, wie schlecht und schwach wir aufgestellt sind. Der eigentliche Skandal ist, dass die Justiz jahrelang zusieht und sich Abgeordnete Informationen von den Beamten andrehen haben lassen. Die hatten Kontakte zu allen Parteien.“ Ein Beispiel: Ott habe dem FPÖ-Mann Jenewein während des Ausschusses gechattet, welche Fragen er stellen solle. Und der habe das auch getan. Das Motiv? „Offenbar Geld und auch Rache“, so Thalhammer

Historiker Bracher verwies auf das „MICE-Modell“, Geld, Ideologie, Erpressung und Ego. Dies seien die Motive, Leute dazu zu bringen, vertrauliche Informationen zu liefern. Eventuell hätten Marsalek und andere bei Ott eher auf das Ego abgezielt.

Über die russisch-österreichische Freundschaftsgesellschaft hätten sich Politiker aller Couleur zusammengefunden, ebenso wie Wirtschaftstreibende, Banker etc. Hier gab es intensive Vernetzungen. Lopakta: „Vielleicht waren wir naiver als andere, was Russland bzw. Putin betrifft. Man hat die guten Kontakte zu Putin als Chance gesehen.“

„Man über uns gelacht“
Welche Rolle spielte die Neutralität für die Beliebtheit Österreichs für Dienste? „Wir haben viele internationale Organisationen, das ist immer interessant für internationale Dienste. Denen geht es allerdings weniger um Österreich selbst, sondern um das Operationsgebiet“, so Bacher.

Thalhammer verwies auf den Schaden für Österreich, der durch Weitergabe vor allem von ausländischen Partnerdiensten entstanden sei. „Das ist auch ein absolutes No-Go. Die Dienste sind auf Vertrauen und Zusammenarbeit mit anderen angewiesen“, meinte auch der Wissenschaftler. Das könne bis zum nachhaltigen Vertrauensverlust führen.

„Eine Zeit lang hat man über uns gelacht.“ Mittlerweile habe sich die Lage beruhigt, so Thalhammer. Die Briten schickten wieder vertrauliche Infos, das müssten sich nicht.

Wie geht es jetzt weiter? Sollte Ott angeklagt werden, dann, so die Journalistin, wäre ein Novum in Wien. Der erste Schritt müsse sein, seine Schwachstellen einzugestehen und dass man sich instrumentalisieren hat lassen. Und nicht, dass man sich gegenseitig die Schuld zuschiebt, so ihr Fazit.

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