14-Jährige vor Gericht

Schießspiel in Schule: „Ich wollte cool sein“

Steiermark
12.03.2024 12:21

Auf Snapchat kündigten zwei Mittelschüler (14) aus der Obersteiermark an, in ihrer Schule russisches Roulette spielen zu wollen. Deswegen standen sie am Dienstag in Leoben vor dem Strafrichter.

Unsicher und mit geneigten Köpfen betreten die zwei Schüler (14) den Schwurgerichtssaal in Leoben (Stmk.) „Dass eine Snapchat-Unterhaltung vor Gericht endet, damit hätte wohl niemand gerechnet“, eröffnet der erfahrene Jugendrichter Peter Wilhelm die Verhandlung. „Sie wollten in der Schule russisches Roulette spielen, mit zwei Lehrerinnen wollten sie beginnen“, sagt Staatsanwalt Andreas Petritsch.

Bilder mit Pistole
Den Wörtern fügten sie befremdliche Bilder bei. Etwa eine Pistole. „Die hat meinem Vater gehört. Vor fünf Jahren hat er sie verkauft, das Bild ist eine Erinnerung daran“, erklärt später der Zweitangeklagte, ein schmächtiges Bürschchen aus Ungarn, das kurz vor der Tat erst das strafmündige Alter erreicht hat. „Andere machen Fotos vom Urlaub als Erinnerung“, bemerkt der Richter.

Hinzu kommt ein Bild, das eine Variation aus Messern und eine Hacke zeigt. Als „Miskolc starting kit“ beschreibt es der junge Mann. Denn: „Das ist eine Stadt in Ungarn, die für ihre Gefährlichkeit und Messerattacken bekannt ist“, erklärt er dem Vorsitzenden.

„Werde geschlagen und als Verbrecher beschimpft“
Für die Verteidiger der beiden ist der Straftatbestand des verbrecherischen Komplotts nicht erfüllt. „Die Anzeige war korrekt, auch das Ermittlungsverfahren. Aber hier wurde zu viel Aufregung gesät, und dann ist alles auch noch an die Öffentlichkeit gekommen. Mein Mandant wird in der Schule nun gemobbt, er ist in psychologischer Behandlung“, kritisiert der Verteidiger des Erstangeklagten. Der bestätigt, dass er nicht nur gehänselt, sondern auch geschlagen und als „Verbrecher“ und „Waffenhändler“ bezeichnet werde. 

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Ich werde in der Schule jetzt gehänselt, geschlagen und als Verbrecher bezeichnet.

Der Erstangeklagte

„Ja, was sie gemacht haben, ist moralisch absolut verwerflich. Dadurch, dass alles öffentlich wurde, wurden sie noch mehr gepeinigt. Das haben sie auch verdient“, gibt die Verteidigerin des Zweitangeklagten zu und spricht aber von einem Lausbuben-Geplänkel.

Schülerin brachte Ermittlungen ins Rollen
Aufgeflogen ist die Geschichte, weil eine aufmerksame und mutige Schulkameradin, die ebenfalls Mitglied des Dreier-Chats war, geschockt über die Nachrichten war. Am Ende der Verhandlung erntete sie verdient Lob vom Richter: „Das, was Sie gemacht haben, war kein Verpetzen, sondern absolut richtig und großartig!“

Doch wie kamen die beiden auf die Idee, so etwas überhaupt zu schreiben? „Liest man sich eure Chats durch, wird einem schon mulmig zumute“, bemerkt Herr Rat. „Ich dachte nicht, dass das so arg ist. Ich wollte cool wirken“, sagt der Erstangeklagte. Sein Kumpane gibt Ähnliches zu: „Ich wollte, dass man mich mag und wusste, dass Jungs in dem Alter sowas cool finden. Was russisches Roulette ist, weiß ich, das hab‘ ich auf YouTube gesehen. Die Lehrerinnen habe ich vorgeschlagen, weil sie am ersten Schultag nicht so nett zu mir waren wie die anderen“, erklärt der Zweitangeklagte, der erst seit September letzten Jahres die betroffene Mittelschule besucht und zuvor von seinen Eltern zu Hause unterrichtet wurde.

„Kontrolliert die Handys eurer Kinder!“
Und die nimmt Herr Rat gleich mit ins Gebet: „Warum bitte haben Kinder in diesem Alter Zugriff auf Fotos mit Waffen? Es wäre wichtig, dass Eltern ihre Kinder kontrollieren, was sie am Handy haben, außerdem gibt es Zeitbeschränkungen!“ „Ich verspreche zu schauen, dass er nie wieder Zugang zu Waffen hat“, beteuert sein Vater aus dem Zuhörerraum des Saals.

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Noch depperter kann man nicht sein. Ihr habt einen riesigen Bock geschossen. Ich hoffe, im Ennstal kehrt jetzt Ruhe ein. Und an die Eltern: Kontrolliert die Handys eurer Kinder auf die Inhalte!

Richter Peter Wilhelm

100 Sozialstunden
Aufgrund der Schilderungen während der Verhandlung dehnte Staatsanwalt Andreas Petritsch den Strafantrag sogar aus, er sieht nämlich auch den Straftatbestand der gefährlichen Drohung erfüllt. Schlussendlich kommen die beiden Angeklagten glimpflich davon. Richter Peter Wilhelm sieht vom verbrecherischen Komplott ab. Der gefährlichen Drohung kann er aber sehr wohl beipflichten.

Er bietet eine Diversion in Form von 100 Sozialstunden, abzuleisten in sechs Monaten, an. Erfüllen das die Schüler, wird das Verfahren gegen sie eingestellt und sie bleiben unbescholten.

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