Nach dem Einbruch durch Corona sind die Pendlerströme wieder angewachsen. Und auch für den Süden Wiens ist keine Lösung in Sicht.
Für den weiteren Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in Ostösterreich ist es wichtig zu sehen, wo das Angebot noch dürftig ist oder nicht angenommen wird. Die sogenannte Kordonerhebung bietet dafür gute Anhaltspunkte. Sie zeichnet ein umfassendes Gesamtbild über den nach Wien einströmenden Verkehr.
Jetzt liegt die aktuelle Auswertung aus dem Jahr 2022 vor - und sie birgt durchaus interessante Aspekte. Denn entgegen früheren analogen Erhebungsmethoden wurden dafür nun auch anonymisierte Mobilfunkdaten ausgewertet. Sie erlauben einen genaueren Blick auf die allmorgendlichen Blechkolonnen.
Personen wälzen sich täglich stadteinwärts nach Wien. Vor allem der Süden von Wien leidet unter dem Pendleransturm.
Nur knapp ein Viertel pendelt mit den Öffis
Denn noch immer nutzen 77 Prozent der Pendler das Auto. Lediglich 23 Prozent vertrauen darauf, mit Bus oder Bahn pünktlich im Büro zu sein. Warum man in der Früh auf der Tangente im Stau steht? Die Korridore Mödling und Bruck an der Leitha sind die mit Abstand größten Korridore für Pendler - und davon gibt es täglich über 617.000.
Interessant: Täglich pendeln sogar rund 3000 Menschen mehr in die Umlandgemeinden als Niederösterreicher und Burgenländer nach Wien.
In Wien bewegen sich fast drei Viertel der Menschen mit Öffis, Rad oder zu Fuß fort. Jetzt brauchen wir eine zukunftsfähige Mobilität im Umland.
Thomas Madreiter, Planungsdirektor Wien
Ein Lichtblick: In der Detailauswertung zeigt sich nämlich auch, dass Bus und Bahn seit der letzten umfangreichen Erhebung 2010 um 28,5 Prozent zugelegt haben. Im Vergleich dazu nahm der Autoverkehr trotz starken Bevölkerungswachstums in diesem Zeitraum nur um rund fünf Prozent zu.
„Wien kann Problem alleine nicht lösen“
Warum der Süden Wiens dennoch jeden Morgen die Hauptrolle im Verkehrsfunk spielt? Bei der Stadt Wien sieht man hier die Schuld vorrangig nicht bei sich selbst. Auf die Frage, woran der Öffi-Ausbau im Süden Wiens denn scheitere, heißt es: „Die aktuellen Zahlen zeigen klar, dass es dringend Maßnahmen im Umland braucht, Wien kann die Problematik allein nicht lösen: Es braucht überregionale Maßnahmen, wie etwa die zügige Umsetzung des vereinbarten Ausbaus der Bahninfrastruktur, wie viergleisige Südbahn, Kapazitätserweiterung der Stammstrecke etc.“
Und was muss passieren, damit der Süden Wiens zu Stoßzeiten keine Stauhölle mehr ist? Die Antwort der Stadt: „Auch überregionale Straßenbahnprojekte wie die Stadtregio-Tram Liesing-Perchtoldsdorf-Kaltenleutgeben sowie Regionalbusse sind nötig, um die Pkw-Fahrten zu reduzieren.“ Fazit: Wien habe alles richtig gemacht. Für die verstopften Straßen könne man also nix.
In Wien setzen die Wiener auf die Öffis
Dass es aber auch anders geht, zeigt die Verkehrsanalyse in der Stadt selbst. Genau umgekehrt zu den Pendlern ist die Situation nämlich innerhalb der Stadtgrenzen: Die Wiener nutzen für 26 Prozent der Wege innerhalb der Stadt den Pkw, zu fast drei Vierteln sind sie im Umweltverbund, also zu Fuß, mit dem Rad oder per öffentlichen Verkehr (30 Prozent), unterwegs. Davon hat nur der Süden von Wien wenig.
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