„Home Treatment“ heißt der Ansatz, auf den man im LKH II Standort Süd bei der psychiatrischen Behandlung von Kindern nun setzt. Die Politik nimmt viel Geld in die Hand - trotzdem gibt es nach wie vor Wartelisten.
Es ist eine Situation wie „unter einer Glasglocke“, sagt Isabel Böge, Primaria am LKH Graz II Süd und Professorin an der Med Uni Graz: Ein Jugendlicher wird über Wochen in der Klinik behandelt, bessert sich - doch sobald der Alltag zuhause wieder losgeht, kommen auch die Krankheitssymptome wieder, sei es nun eine Depression, eine Essstörung oder eine andere psychische Krankheit. „Nach sechs bis acht Wochen gibt es dann einen Rückfall und der Patient muss wieder rein.“
Behandlung im vertrauten Umfeld
Um diese Rückfälle zu vermeiden, beschäftigt sich die Psychiaterin seit über einem Jahrzehnt mit der Methode des „Home Treatment“: „Kinder und Jugendliche werden zuhause aufgesucht, nach oder statt eines stationären Aufenthaltes. Dadurch können wir Familien, Freundesgruppen und die Schule besser einbeziehen.“
Bei vier bis sechs Terminen lernt die Familie Psychiater, Therapeuten, Sozialarbeiter und Pflegekräfte kennen, danach gibt es eine sechsmonatige Nachbetreuung. „Mit diesem Ansatz können wir so gut wie alle Krankheitsbilder behandeln, besonders gut etwa ADHS, Bindungsstörungen und Störungen des Sozialverhaltens“, sagt Böge.
Plätze sollen aufgestockt werden
Das Projekt, für das man mit den psychosozialen Diensten kooperiert, wird dieses Jahr mit 1,7 Millionen Euro gefördert. „Es läuft jetzt als Pilotprojekt mit sechs bis sieben Patienten an“, erklärt Böge. Aber wäre der Bedarf nicht viel höher? „Ja, unser Ziel sind 24 Plätze in drei bis vier Jahren.“ Herausfordernd ist vor allem die Logistik, denn man kann nicht die ganze Steiermark von Graz aus betreuen. 30 Minuten ist die maximale Fahrzeit, mehrere Teams an mehreren Standorten sind notwendig.
Psychische Krankheiten steigen seit Corona
Vor allem seit der Pandemie warnen Experten vor steigenden Zahlen bei psychischen Krankheiten. Betroffen sind die Jungen: „Nach Corona haben sich die Krankheitsbilder verschoben. Kinder haben weniger Reibungspunkte mit der sozialen Gruppe und machen Konflikte mit sich selbst aus. Das zeigt sich durch Depressionen, Ängste, Zwänge und Suizidgedanken“, erklärt Böge. Die Zahl der vollendeten Suizide blieb allerdings gleich.
Nachdem im Oktober der Ausbau der Betten auf der Jugendpsychiatrie in Graz von 33 auf 53 fertig war, waren sofort alle belegt. „Die Wartezeit hat sich reduziert, beträgt aber immer noch sechs bis acht Wochen für Therapieplätze.“ Notfälle nehme man freilich immer an, 24 Stunden am Tag.
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