„La Finta giardiniera“ („Die Gärtnerin aus Liebe“), Mozarts genialer Jugendstreich, wird in der Kammeroper gerade böse ausgepflanzt
„Aiuto“, „Zu Hilfe, Erbarmen“, singen die Liebenden und „gehen ab“. So steht’s im Libretto. Mittendrin. In der Kammeroper setzt man das ans völlig vermurkste Ende. Passt! Nichts wie weg, aus dem Dradiwaberl, das aus Mozarts „La finta giardiniera“ („Die Gärtnerin aus Liebe“) für Münchens Fasching 1775 gedreht wurde. Zum Lachen gibt es diesmal nichts über einen Grafen, der seine Geliebte im Eifersuchts-Affekt verletzt. Er glaubt sie tot, während sie inkognito als Gärtnerin auf einem Gut arbeitet. Dort treffen sich dann alle zum Verwirrungs- und Liebesgeplänkel mit Happy End. In der Kammeroper setzt Regisseurin Anika Rutkofsky ihren eigenen verwirrten Drehplan um: Im TV-Studio zwischen Turn- und Kuppelshow wird Mozart zerhäckselt, vom Dauerfeuer halb garer Regieeinfälle.
Dazu gibt’s Applaus, Lachen vom Band und Jingles. Wobei Letztere immer noch besser klingen als der Mozart, der aus dem kleinen Graben schrummt, fiept, kracht. Sitzt dort ein barockes „Gemüseorchester“? Clemens Flick schlägt dazu verkrampfte Schnelltempi und spielt mit den Sängern Fangerln, obwohl sie ihm direkt vor der Nase herumtanzen. Aber es gibt eine tolle Mozartstimme! Mezzo Valerie Eickhoff (Ramiro). Der Rest bemüht sich sehr. PS: Die nächste Biotonne zur Kammeroper steht gleich auf der Dominikanerbastei.
Wiens Fleischmarkt für Operntalente
Klein und mitunter auch sehr fein: Seit 1961 bespielt man die Kammeroper
Im Hotel Post am Fleischmarkt rühmt man sich, das wohl einzige Hotel mit Opernbetrieb zu sein. Tatsächlich ist seit über 60 Jahren im früheren Ballsaal des 1902 erbauten Hotels Musiktheater zu erleben. Zu danken ist das Hans Gabor (1919-1994). Der legendäre Wiener Opernmann war 1946 aus Budapest nach Wien gekommen, wo er 1953 die Wiener Kammeroper - allerdings noch ohne festen Sitz - gründete.
Erst 1961, als er mit städtischer Subvention abgesichert war, wurde der Ballsaal zum kleinen Theater umgebaut. Gabor, der 1995 auch den bedeutenden Belvedere-Wettbewerb ins Leben rief, gelang es, das Opernhäuschen in Wiens Opernlandschaft zu etablieren - als Ort für junge Sänger und bunte Raritäten. Ein Höhepunkt seiner Ära war George Taboris gefeierte „Bajazzo“-Inszenierung, die es sogar zum Berliner Theatertreffen schaffte.
Als der Bund die Subvention einstellte, nahm die Stadt die Kammeroper unter die Fittiche ihres Theaters an der Wien. Intendant Roland Geyer etablierte sehr erfolgreich das Junge Ensemble: Eine Schar vielversprechender Talente konnte man zwei Saisonen lang beim Wachsen begleiten, etwa in Lotte de Beers erster Wiener Inszenierung. Unter Nachfolger Stefan Herheim engagiert man wieder je nach Produktion junge Künstler, kooperiert mit diversen Institutionen.
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