Damoklesschwert

Rechnungshof übt Kritik, Seefeld in Finanz-Misere

Tirol
28.11.2023 16:00

Über der Tiroler Gemeinde Seefeld, in der im Jahr 2019 die Nordische Ski-WM ausgetragen worden war, schwebt ein Damoklesschwert. Ein Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) über die finanzielle Situation der Gemeinde, ihrer Tochterunternehmen sowie zur WM ergab: Neben neun Millionen Euro Finanzschulden haftet die Gemeinde noch für 36 von insgesamt 61 Millionen Euro an Verbindlichkeiten der „Töchter“. In Sachen WM sah man keine nachvollziehbaren Kosten- und Finanzierungsziele.

Auch mangelhaftes Controlling und eine nicht-realistische Projektplanung im Zuge der Sportgroßveranstaltung, die offenbar zu dem tiefen Finanzloch der an sich wohlhabenden Tourismusgemeinde nahe Innsbruck wesentlich beigetragen hatte, wurden in dem veröffentlichten Prüfbericht beanstandet. Relevante Unterlagen u.a. zur Bauabwicklung für die WM fehlen, sie wurden nicht gesichert und archiviert. Abgerechnet wurde letztlich mit 31,2 Millionen Euro. Anfangs habe Seefeld noch einen Investitionsbeitrag für die WM (Sportanlagen und Verkehrsinfrastruktur) von 4,5 Millionen Euro beschlossen, mittlerweile seien es 8,8 Millionen Euro. 2021 musste laut dem Bericht zur Ausfinanzierung der WM zudem ein Kredit über sieben Millionen Euro aufgenommen werden. In Summe könnten sich die Gesamtkosten auf 15,5 Millionen Euro erhöhen, führte der Landesrechnungshof aus.

Gemeinde hat „Lehre gezogen“
Die Gemeinde erklärte unterdessen in einer Stellungnahme zu den Kosten für die Errichtung der Infrastruktur, dass „aus der Abwicklung der Nordischen Ski-WM 2019 die Lehre gezogen wurde, dass derartige Großveranstaltungen mangels fachspezifischer Kenntnisse in sämtlichen Abwicklungsbereichen unvorhersehbare Risiken für die öffentliche Hand beinhalten.“ Daher sollte von Seiten der öffentlichen Hand „lediglich beratend und unterstützend aufgetreten werden“, hieß es. Die Genehmigung der Haftungsübernahmen im Vorfeld der Nordischen Ski-WM 2019 seien übrigens auf mündlichen Förderzusagen auf politischer Ebene bzw. der Weisung des damals für Gemeindeangelegenheiten zuständigen Ex-ÖVP-Landesrates Johannes Tratter erfolgt.

Landesrechnungshof sieht dringenden Handlungsbedarf
Die WM, Seefeld und unangenehme finanzielle Konsequenzen waren indes schon länger mediales Thema. Das gesamte Jahr über stand die Rückzahlung von Fördergeldern in Höhe von acht Millionen Euro an den Bund im Raum. Der Tourismusverband (TVB) hatte in Form eines Darlehens drei Millionen Euro bezahlt. Weil der TVB seine Mittel nicht als Förderung gewährte, sah der Bund eine zweckwidrige Verwendung von Fördergeldern. Deshalb wurde um eine Rückzahlung gerungen. Kürzlich schlug die Gemeindeführung - in Abstimmung mit der schwarz-roten Landesregierung sowie der Tourismusabteilung des Landes - einen Lösungsweg vor. Dieser wurde vom Bund aber bisher überwiegend abgelehnt.

Der Landesrechnungshof sieht jedenfalls auch ob der generellen finanziellen Situation der Gemeinde offenbar dringenden Handlungsbedarf. Allein die Bankschulden der Beteiligungsunternehmen seien 2022 mit 55,3 Millionen Euro mehr als sechs Mal so hoch wie jene der Gemeinde gewesen.

 Tiroler Krone
Tiroler Krone
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Tirol



Kostenlose Spiele