Bangen um Oliver

Mutter zur “Krone”: “In Dänemark ist ihm alles fremd”

Steiermark
04.04.2012 22:20
"Es war eine bewusste Entscheidung!" Das sagt der 40-jährige Däne Thomas S., der Dienstag früh in Graz seinen fünfjährigen Sohn in ein Leihauto gezerrt hatte und geflüchtet war. Am Mittwoch kam S. mit dem Buben an einem geheimen Ort in Dänemark an und ging zur Polizei. Für die Mutter (im Bild mit Oliver) ändert das wenig - sie bangt in der steirischen Heimat weiter um ihr geliebtes Kind.

"Zweimal pro Woche ist er in die Gruabn kicken gegangen, bei der Frau Kern-Theissl hat er die Tanzschule besucht, am 14. April ist er zur Geburtstagsfeier seines besten Freundes eingeladen", beschreibt Mutter Marion W. im Gespräch mit der "Steirerkrone" das Umfeld, in dem ihr Sohn Oliver aufwachsen sollte. Er sei aus seinem Leben gerissen worden, spreche kein Wort Dänisch. "Jetzt ist ihm alles fremd", sagt die 40-Jährige.

"Er hat am Montag begonnen, Ostereier zu färben", ergänzt Olivers Opa Hanns W.: "Er hat's bei uns schön gehabt. Er hat seine Freunde, ein geregeltes Leben. Jetzt ist er weg, kennt keine Leute."

Kindsvater: "Aktion war lange geplant"
Olivers Vater, der Computertechniker Thomas S., hatte seinen Sohn am Dienstag um 8.20 Uhr (siehe auch Story in der Infobox) vor einem Privatkindergarten in Graz-Eggenberg in einen schwarzen Volvo mit Wiener Kennzeichen gezerrt, sein Begleiter zuvor die schreiende Mutter festgehalten. Der Leihwagen wurde gegen 21 Uhr rund 13 Kilometer südwestlich in Hitzendorf in einem Wald gefunden.

Am Mittwochabend stellte sich der Kindsvater laut dänischen Medien in seiner Heimat der Polizei: "Ich bin nicht glücklich mit der Situation, aber Oliver geht es gut." Es sei keine spontane, sondern eine bewusste Entscheidung gewesen, den Sohn nach Dänemark zu bekommen - und es sei lange geplant gewesen.

Internet-User wollten bei Entführung helfen
Zuvor hatte Thomas S. mit der Zeitung "Jyllands-Posten" kommuniziert. "Er habe nach besten Möglichkeiten gehandelt und sieht keinen Grund, mit den österreichischen Behörden zu sprechen. Er will zuerst, dass der europäische Haftbefehl aufgehoben wird", erklärte ein Journalist des dänischen Blattes gegenüber der "Steirerkrone".

Viele Medien stehen hinter ihrem Landsmann, der den Sorgerechtsstreit über Facebook öffentlich gemacht hatte. Das Echo war gewaltig, zahlreiche User erklärten sich sogar bereit, an einer Entführung mitzuwirken.

Mutter bereits für eine Nacht in dänischer Haft
Marion W. hatte zehn Jahre lang in Dänemark gelebt, drei davon als alleinerziehende Mutter. Als sie im Juli 2010 zurück nach Österreich kam, besaß sie auch nach dänischem Recht noch das Sorgerecht. Als sie im September desselben Jahres allein noch einmal nach Dänemark zurückkehrte, um ihr Haus zu verkaufen, wurde sie wegen angeblicher Kindesentführung eingesperrt: "Aber nur für eine Nacht. Das Gericht musste mich freilassen. Erst danach hat mein Ex in seinem Land und in Österreich das Sorgerecht beantragt."

Ausgerechnet am Dienstag, als Thomas S. seiner Ex-Freundin den Sohn wegnahm, lehnte das Bezirksgericht Graz-West seinen Antrag auf Sorgerecht ab - womit dem Vater in Österreich nun nur noch der Weg zum Obersten Gerichtshof bliebe.

Sonderregelung in Dänemark
Doch 1.318 Kilometer nördlich - der 40-Jährige lebt in Fredensborg im Nordosten der dänischen Insel Seeland - besitzt Thomas S. das alleinige Sorgerecht. Und nur dort, denn sein Land hat als einziger EU-Staat ein Brüssel-Abkommen nicht unterzeichnet, demzufolge bei der Trennung unverheirateter Paare im Regelfall ein gemeinsames Kind der Mutter zuzusprechen sei.

Zwei entgegengesetzte Rechtssysteme - und zwischen den Fronten besteht die Gefahr, dass ein heranwachsendes Kind schweren psychischen Schaden erleidet. Reist etwa der Vater mit dem Sohn nach Italien und wird erkannt, landet er in einer Zelle, und das Kind kommt unverzüglich zur Mutter zurück. Fährt die Grazerin nach Dänemark, riskiert auch sie eine Verhaftung.

"Wir geben nicht auf und kämpfen um den Buben"
Olivers Großvater betont nun im "Krone"-Gespräch: "Wir geben nicht auf und kämpfen um den Buben. Wir werden es auch über die Politik versuchen." Die Chance auf eine Einigung ist allerdings gering.

Marion W. hätte noch die Möglichkeit, einen Antrag beim Europäischen Gerichtshof einzubringen - was laut dänischen Medien auch der Kindsvater erwägt. Das würde aber unzählige Verhandlungen nach sich ziehen. "Der Instanzenweg könnte zwölf Jahre oder länger dauern", sagt ein Insider. Dann wäre Oliver volljährig.

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