Wiener Staatsoper

Hupen, Klingeln und Entengequake machen Musik

Kultur
10.11.2023 16:44

Mit „Le Grand Macabre“ feiert man den 100. Geburtstag vom großen Komponisten György Ligeti. Der spanische Dirigent Pablo Heras-Casado leitet die Neuproduktion und Erstaufführung an der Wiener Staatsoper. Die „Krone“ traf ihn zum Gespräch.

Die Staatsopernbesucher werden Ohren machen, wenn Autohupen, Spieluhren, sechs elektrische Türklingeln, zwei Peitschen, zwei Brummstöpfe, Sandpapier, Entengequake und vieles mehr ab Samstag aus dem Orchestergraben klingt, schrummt, knallt und klingelt. Dem überaus originellen György Ligeti sei Dank. Er hat sich das alles für seine Oper „Le Grand Macabre“ ausgedacht.

Wenn dieses wohl meistgespielte Stück Musiktheater der Moderne am Samstag zum ersten Mal in der Staatsoper aufgeführt wird, steht der spanische Dirigent Pablo Heras-Casado am Pult. „Es ist eine ganz eigene, spezielle und ungewöhnliche Orchestrierung“, sagt er im Gespräch mit der „Krone“ und erklärt weiter: „Dieses Werk ist eine originelle Reaktion auf die romantische Tradition eines Richard Wagner und eines Richard Strauss. Denn alles, was in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch nur im Geringsten an den Klang eines Symphonieorchesters erinnert, würde einen sofort an die bekannten Opern der beiden denken lassen. In einem sehr freien Umgang reduziert Ligeti radikal die Streicher, die sonst die Basis eines Orchesters sind.“

Alles Perkussion
Das Sagen haben daher „die drei Perkussionisten, von denen jeder 20 bis 30 der unglaublichsten und unvorstellbarsten Instrumente spielen muss, sowie ein Paukist“, sagt Heras-Casado. Und doch ist es ein bewusstes Gegenstück zu „Staatstheater“, einer „Antioper“ von Mauricio Kagel, die bei ihrer Uraufführung 1971 für einen Skandal in Hamburg sorgte.

Im Gegensatz zur ersten Aufführung von Ligetis „Grand Macabre“ 1978 in der Oper von Stockholm. Der Erfolg gibt Ligeti bis heute recht. Pablo Heras-Casado bezeichnet das lustvoll, absurd-laszive Spiel um einen angesagten Weltuntergang, der dann doch nicht stattfindet, als „perfektes Stück Musiktheater, in dem Ligeti seinen starken Sinn für Drama zeigt, wenn er mit unglaublicher Klangfantasie eine eigene Welt von großer Strahlkraft kreiert, die immer eng mit dem Text verbunden bleibt. Er spielt mit allen Stilen, zitiert viel, erschafft aber aus diesem Eklektizismus etwas Neues, Kohärentes, ein unglaublich starkes Theaterstück“.

Alles von Alt bis Neu
Diese „sehr fordernde und sehr strenge Partitur, in der alles ganz spezifisch notiert ist“, dirigiert er zum ersten Mal - und dabei erstmals das Staatsopernorchester bei einer Premiere. Denn bei den drei von ihm geleiteten Monteverdi-Opern saß der Concentus Musicus Wien im Graben. Von Monteverdi bis Ligeti umreißt die enorme Bandbreite des Repertoires von Pablo Heras-Casado. Er wurde 1977 in Granada in Spanien als Sohn eines Polizisten geboren und begann sehr früh, mit sieben, im Chor zu singen. Später studierte er Musik, aber auch Kunstgeschichte. Vor allem über den Chorgesang, die Chorleitung und die alte Musik - Nikolaus Harnoncourt bezeichnet er als Vorbild -, ging sein Dirigentenweg. „In den letzten 15 Jahren habe ich eine Menge Schumann, Schubert und Mendelssohn gemacht und dann Brahms“, so Heras-Casado.

Später kam Oper dazu, zuletzt etwa Richard Wagner. So hat er im letzten Sommer sein viel beachtetes, sehr erfolgreiches Debüt mit dem „Parsifal“ bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth absolviert. Davor hat er Wagners „Ring des Nibelungen“ in Madrid dirigiert. Projekte an der Mailänder Scala stehen an, für Zukünftiges in Wien gibt es Gespräche. „Es haben sich viele wichtige Opernprojekte für mich in den kommenden Jahren ergeben, aber sonst versuche ich auch Konzerte zu dirigieren. Es ist für mich essenziell, mit Orchestern wie dem Mahler Chamber Orchestra oder dem Freiburger Barockorchester zu musizieren.“

Bruckner in Wien und Linz
So wie Wagner hat er ebenfalls mit Bruckner gewartet. Dessen geistliche Kompositionen kennt er von seiner Chorlaufbahn, die Symphonien hat er etwa im Rahmen seines „Ring“-Dirigats mit dem Orchester des Teatro Real in Madrid erarbeitet. Bruckner spielt er aber auch mit Originalklangorchestern wie „Anima Eterna“ aus Brügge. Wie das klingt, konnte man bereits in Grafenegg erleben und wird es im kommenden Bruckner-Jahr wieder in Linz hören können, wenn alle Symphonien einmal mit modernen Orchestern und einmal mit Originalklangensembles aufgeführt werden. Dabei gastieren Heras-Casado und „Anima Eterna“ mit der Dritten.

Einen Bruckner-Vorgeschmack kann man sich bereits am 25. und 26. November im Wiener Musikverein holen. Da stellen die Wiener Symphoniker unter seiner Leitung „Joshua Tree“ von Georg Friedrich Haas der Vierten von Bruckner gegenüber. „Mein Debüt den Symphonikern habe ich mit Beethovens Neunter 2015 gehabt, 2020 mussten wir die Konzerte absagen und heuer im Jänner haben wir die erste und die zweite Symphonie von Brahms aufgeführt. Das war fantastisch“, schwärmt Heras-Casado und freut sich: „Ich fühle mich sehr aufgeregt, mit diesem großartigen Orchester Bruckner und Haas im Musikverein spielen zu dürfen!“

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