ORF-Unterhaltungschef

Die Zukunft von „Dancing Stars“, Opernball und Co.

Unterhaltung
09.11.2023 20:00

Krone“: Für Sie war es eine Art Heimkehr zum ORF. Wie ist die bis dato abgelaufen?
Martin Gastinger: Ich freu mich, dass ich jetzt beim ORF bin, wobei es bei den anderen Sendern auch schön war und es mir viel Spaß gemacht hat. Nur es gibt keinen Sender, der so viele Möglichkeiten bietet, wie der ORF. Für einen Programmmacher ist es die größte Herausforderung, aber auch die schönste, weil man die meisten Möglichkeiten und die größte Spielfläche hat. Insofern ist es für mich natürlich ein Traum, dass ich da jetzt so viele Möglichkeiten habe Programm zu machen, Programm zu verwalten, Programm weiter zu entwickeln und mir anzuschauen, was man überhaupt noch machen kann. Weil beim Fernsehen ist es ja auch im Prinzip so: es ist alles erfunden, es gibt ja überhaupt nichts Neues mehr. Viele Dinge wiederholen sich und die Herausforderung ist ja immer zu erkennen, was ist gerade der richtige Zeitpunkt, was ist der richtige Trend, was wollen die Leute gerade sehen. Dabei gibt es immer wieder ein Revival von diversen Trends.

Was ist das zum Beispiel aktuell?
Momentan sind es halt die Quizshows, die wahnsinnig boomen. Also, es gibt immer wieder solche Wellenbewegungen von Geschmack und Vorlieben, denke ich.

Sind Sie ein Verfechter des ungeschriebenen Gesetzes „Never change a winnig Team“?
Das war immer schon meine Devise und das ist immer nur eine Frage der Ausrichtung. Wenn ein Programmmacher gut ist, dann muss er alles können. Egal ob es jetzt gut gemachter Trash ist, oder gut gemachte Familien-Unterhaltung. Beides ist wahnsinnig schwierig und beides bedarf wahnsinnig viel Erfahrung. Und ich glaube, das ist das, was ich auch für mich gelernt habe. Ich mach das jetzt seit über 30 Jahren Fernsehen, habe beim ORF in der Jugendredaktion gearbeitet und jetzt darf ich über alle Kanäle meine Ideen ausbreiten - das macht mir großen Spaß.

Sie waren bereits auf vielen beruflichen Stationen. Nehmen Sie uns doch bitte auf diese Reise mit und verraten Sie uns, hat der ORF wirklich ganz eigene Gesetze?
Na ja, erstens hat jeder Sender seine eigenen Gesetze, das ist ja nicht nur beim ORF so. Und jeder Sender sein Eigenleben. Es ist immer die Summe der Menschen, die dort sind und die dort zusammen arbeiten und die prägen den Sender. So ist es hier auch. Und das ist bei ServusTV gewesen, das war bei ATV so, das war bei der Kirch-Gruppe nicht anders. Überall, wo ich war, sind es die Menschen die dort arbeiten, die den Sender zu dem machen, was er ist.

Heißt, Friede, Freude, Eierkuchen von Beginn an für Sie? Immerhin kamen sie von der Konkurrenz.
Ich bin jetzt drei Monate hier und ich fühle mich total willkommen geheißen. Es war total schön, dass ich da erstens mal so gut empfangen wurde. Und zweitens, dass man mich auch ein bisschen machen lässt, das freut mich ganz besonders. Ebenso, dass ich meine Ideen einbringen kann und dass wir bei ein paar Dingen jetzt schon am Umsetzen sind.

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„Heilige Kühe“ wie „9 Plätze, 9 Schätze“ und Sendungen mit einer Million Zuschauer - da muss man nicht viel herumdoktern. Da wären wir verrückt,

Martin Gastinger über die Wahrung des „ORF-Silbers“.

Was sind die akuten „Baustellen“, derer Sie sich annehmen müssen und wo pflegen Sie derzeit einmal nur das ORF-Familien-Silber?
Ich halte nichts davon, sich nicht alles anzuschauen. Selbst bei den Sachen, die super laufen, oder die gut laufen, muss man immer schauen, ob das alles zeitgemäß ist. Der ORF muss schauen, dass er seine Zuschauer nicht nur hält, sondern er muss schauen, das er auch neue dazu bekommt. Oder zurückgewinnt. Vor 30 oder 40 Jahren gab es ein Monopol und da hat es nicht viele Möglichkeiten gegeben, aber jetzt gibt es halt ein paar hundert Sender im Angebot und dazu die Streamingplattformen. Also insofern muss man sich permanent überprüfen und schauen, was kann man besser machen, oder was kann man verändern. Aber natürlich gibt es so „heilige Kühe“ wie „9 Plätze, 9 Schätze“ und Sendungen, die haben eine Million Zuschauer. Da muss man nicht viel herumdoktern. Da wären wir verrückt, das machen wir natürlich nicht.

Aber dennoch, Ihre Vita beweist, Sie scheuen keine Challenges.
Ja, und was jetzt die größte Herausforderung sein wird, am 1. Jänner starten wir einen Kinder- Channel, „ORF Kids“. Als ich am 1. August heuer gekommen bin, haben wir gleich los gelegt und wir sind schon im Probebetrieb! Nach nur 10 Wochen. Einen neuen Channel von der „Scratch“ zu starten, ist immer eine große Aktion. Vor allem in dem Fall ganz besonders, weil das ein Kanal ist, der online über die Homepage abrufbar ist und 24 Stunden komplett werbefrei ist. Eltern wissen dann, dass sie ihre Kinder davor setzen können und da kommt nichts, was sie nicht sehen sollten. Die engere Zielgruppe ist die der 6- bis 10-Jährigen und die weitere ist die der 3- bis 12-Jährigen. Für den ORF ist es glaube ich in diesem Zusammenhang schon revolutionär, dass wir hier mit „Smart Producing“ vorgehen. Also mit kleinen Kameras und mit Handys produzieren wir Formate für Kinder. Und warum machen wir das so? Weil ich einfach glaube, dass die Kinder, die das zu sehen kriegen, es auf Tablets, oder auf Handys sehen werden. Die sind dieses Format und die Art der Präsentation gewohnt, deshalb hab ich mir da auch ein sehr junges Team zusammengestellt. Bestehend aus ORF-Mitarbeitern. Wir haben uns mit einer kleinen Truppe hingesetzt und haben in kürzester Zeit für diesen Kinder-Channel entwickelt und werden dann nächstes Jahr 60 neue Formate auf den Weg bringen.

Die ORF-TVthek wird von der Streamingplattform „ORF On“ abgelöst. Was deckt die ORF-Unterhaltung dort ab?
Es wird sicherlich eine der größten Plattformen werden, die es überhaupt da in diesem Bereich gibt, weil einfach das Archiv des ORF gigantisch ist. Und das, was der ORF die letzten Jahrzehnte gemacht hat ist so umfangreich, dass ich glaube, dass kein anderer mithalten kann. Es wird für den Zuschauer paradiesisch sein, sich da sämtliche „Landkrimis“ und „Willkommen Österreich“-Folgen anzuschauen.

Wo lernt ihr vom Mitbewerber?
Die ganze Zeit! Weil was man natürlich von solchen Plattformen sich abschauen kann ist, wie sind die sortiert? Wie sind die aufgestellt. Wie ist das Angebot und da ist ja gut, dass wir da nicht die Anfangsfehler der ganzen anderen übernehmen müssen. Sondern man kann man sich sehr gut anschauen, wie macht es die ARD, wie macht es Netflix, wie macht es Apple und wie macht es Disney? So kann man sich sehr gut orientieren - mit dem einzigen Unterschied, dass die alle, außer Disney, nicht so viel Programm im Archiv haben, wie der ORF.

Das heißt also, dass sie sich mit Projekten wie zuletzt mit „Freud“, weiterhin mit Streaming-Anbietern für Produktionen annähern werden?
Man wird immer zusammenarbeiten, das ist sowieso meine Devise. Das mache ich bei den Unterhaltungsformaten auch mit ARD und ZDF ganz intensiv. Auch sei dazu gesagt, dass wir das sogar verstärken wollen. Weil wir müssen alle aufs Geld schauen und da ist eine Kooperation und eine Co-Produktion etwas, das für alle Sinn macht und wo ich auch von den Deutschen Kollegen höre, dass das total willkommen ist. Man fragt mich sogar, ob man nicht mehr machen kann, außer den Starnächten, Silbereisen und den Weihnachtsshows.

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"Ein tolles Projekt wird die „Dancing Stars“-Casting Show, die es zum ersten Mal 2024 im Herbst gibt. Da werden wir im Sommer 2024 drehen. Ich habe vorgeschlagen, lassen wir doch mal einen Normalo mitmachen."

Martin Gastinger über eines seiner Leuchtturm-Projekte.

Was sind so die Leuchtturm-Projekte? Gibt es etwas, worüber sie jetzt schon sprechen können?
Ja, ein tolles Projekt wird die „Dancing Stars“-Casting Show, die es zum ersten Mal 2024 im Herbst gibt. Da werden wir im Sommer 2024 drehen. Ich habe vorgeschlagen, lassen wir doch mal einen Normalo mitmachen. Da werden wir jetzt im Rahmen unserer nächsten Shows beginnen, einen Aufruf zu machen, damit sich Leute bewerben können. Sie tanzen dann gegen die Promis 2025.

Sendungen wie „Dancing Stars“ werden von Allzweckwaffen wie Mirjam Weichselbraun als quasi Bank moderiert. Aber Hand aufs Herz, fehlen dem ORF nicht frische Gesichter, also neue Moderatoren?
Ich bin ein bisschen hin und her gerissen, weil es gibt sehr sehr viele Moderatoren und auch sehr gute Moderatoren im ORF. Da muss man halt schauen, dass man jenen die Chance gibt, welche vielleicht nicht so präsent sind. Weil es gibt ja welche, die sind präsenter und andere sind weniger präsent. Und insofern nehme ich jetzt mal die Fanny Stapf her, die jetzt bei der großen Chance moderieren wird. Die ist sicherlich eine von den jüngeren Talenten, die jetzt eine größere Chance bekommt. Also, insofern gibt es schon sicherlich Junge und die werden wir einfach ausprobieren nach und nach. Ebenso bei dem ORF Kids-Kanal, da hab ich ein paar junge Moderatoren, die dort auch ihre ersten Auftritte haben.

Groß war der Aufschrei nach dem Endedes „Musikantenstadl“, hätte bei der aktuellen Welle der Begeisterung für Schlager-, volkstümliche und Volksmusik so eine Sendung nochmal eine Chance?
Naja, ich glaube, dass die viel modernere Variante die jener von Silbereisen und den Starnächten ist. Wir haben jetzt auch ein Format, das demnächst bei uns zu sehen ist „Your Song“. Auch hier wird es diesen modernen Mix aus Schlager, Pop und Volks Rock`n Roll geben. Wir sehen es auch an den Zuschauerzahlen. Das Gute nämlich an diesen Shows ist, dass trotzdem Jung und Alt zuschauen. Die Silbereisen- und die Fischer-Show verbinden die Generationen und deshalb sollten wir auch in diesem Format bleiben. Man kann hier verschiedene Varianten daraus entwickeln. Es ist nämlich so, Volks-Rock`n Roller gibt es ja mittlerweile schon genug und es sind Jung und Alt gleichermaßen interessiert. Deswegen glaube ich, dass diese Shows einfach wirklich gut funktionieren. Ich bin wirklich froh, das wir diese Co-Produktionen haben, weil wir könnten uns diese ganzen Talente in dieser Dimension nicht leisten. Wenn man sich anschaut die letzte Schlagerboom-Geschichte von Silbereisen füllte ein ganzes Stadion mit 15.000 bis 20.000 Menschen und da war alles dabei von Anastasia bis Gabalier. Also insofern, dieses Formate sind, glaube ich, ein Zeichen dafür, dass die Leute diese Art von Unterhaltung eben suchen, weil wir sie ein bisschen rausreißen aus diesem trüben Alltag. Da ist Musik das Beste, was man machen kann. Wir sehen es bei unserer neuen Show, die wir gemacht haben, bei „Hier spielt die Musik“, wo ja die Woche die zweite Folge kommt. Das ist ein totales Mitmach-Ding. Mitraten, Musik erkennen, Karaoke. . .

Nur die Quoten waren mit nur 283.000 Zusehern im Hauptabend vermutlich enttäuschend?
Naja, wir wussten, das wir in der Herbstferienwoche starten. Da ist die Gesamtreichweite nicht so hoch wie sonst. Die Nutzung ebenso nicht wie sonst. Die Marktanteile waren ja gut, mit 16% bei den Jungen, da kann man sich nicht beschweren. Und jetzt bin ich mal gespannt auf die zweite Folge am Freitag. Die ist sehr lustig und sehr unterhaltsam.

Und mit Künstlern wie Andreas Gabalier, oder Melissa Naschenweng eine Art Austro-Silbereisen-Show zu kreieren?
Nein. Aber ich kann nur Folgendes sagen, ich hab Andi gefragt, ob er nicht dabei sein will bei der „Großen Chance“ und er hat gesagt er hat überhaupt keine Zeit, er muss ein neues Album machen und er hat eine vollkommen ausverkaufte Tour. Mit Melissa Naschenweng hab ich auch geredet, ob sie nicht mitmachen möchte bei der „Großen Chance“, die hat aber auch keine Zeit. Es ist toll und insofern kann man denen ja nur gratulieren. Die sind so erfolgreich, dass wir froh sein müssen, wenn sie bei den Starnächten oder bei irgendwelchen Silbereisen Shows als Gäste auftreten. Ich habe aber gehört, dass Giovanni Zarella eine Österreich-Show plant, weil sie jetzt auch sehen, dass das kein rein deutsches Thema ist. Wir als Fernsehmacher müssen uns danach richten: Quasi, was wollen meine Leute da draußen sehen und meine Zuschauer. Und nicht uns nur was ausdenken. Besser ist es, die Fühler draußen zu haben und zu schauen was wollen die. Und das ist auch die Aufgabe des ORF, wir müssen Programm für die Zuschauer machen und das, was die Leute sehen wollen und nicht das was wir sehen wollen.

Wie gehen Sie da auf Recherche?
Ich gehe auf Recherche indem ich es mir genauer anschaue und viel unterwegs bin. Mich dafür sehr interessiere und ich glaub auch, dass ich da ein bisschen Erfahrung mitbringe. Viele Sendungen, die ich erfunden habe, laufen seit 15 Jahren bei diversen Sendern sehr erfolgreich.

Vormittag, Nachmittag, Abend - wie sieht Ihr Wunsch-Unterhaltungs-TV-Tag aus?
Das ist eine sehr schwere Frage. Ich bin ein großer Fan von Live- Fernsehen. Ich finde das ist einfach die schönste Herausforderung. Ich bin immer gerne bei Live-Shows dabei. Da sitze ich gerne am Regieplatz, oder bin mittendrin im Treiben und deswegen freue ich mich wahnsinnig auf den Opernball. Wir werden heuer sehr viel live sein und auch viel live machen. Also mein idealer Tag wäre folglich so, dass wir mit einer Live-Show in der Früh starten und dann 24 Stunden Live sind. Einen Showact, eine Talkshow, eines nach dem anderen. Beim Live Fernsehen kann man auf alles reagieren, was am Tag passiert. Also Live ist das Beste!

Beim Stichwort: Opernball 2024, wie legen sie es an? Mit einem neuen Team, bleibt das bestehende Team?
Ich hab sehr viel Opernball gemacht hab und bin auch jahrelang am Opernball gewesen, egal ob ich jetzt Thomas Gottschalk, oder den Herrn Lugner begleitet habe. Was mir wichtig ist, und was ich gerne ein bisschen anders hätte ist, dass ich mehr Red Carpet haben möchte. Ich möchte mehr Mode - das hab ich auch schon mit der Oper besprochen. Ich möchte mehr darüber erfahren, wer mit wem da ist. Das wird der Fokus heuer sein. Wir werden deshalb zwei Red Carpet Reporter haben und sind mehr Live.

Getreu Ihres Live-Mottos . . .
Ja, wir möchten auch schon ab 20.15 live einsteigen. Der Opernball wird für uns alle eine Herausforderung sein.

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