Erlebniscards wertlos?

Video von Anzengruber mit verwirrender Botschaft

Tirol
17.09.2023 13:00

Innsbrucks Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (ÖVP) erklärt, dass die von ihm verschenkten Erlebniscards wertlos sind, was so aber nicht ganz stimmt. Und es drängt sich natürlich die Frage auf: Warum verteilt er Wertloses?

Innsbrucks Vizebürgermeister Johannes Anzengruber scheint im Kampf um das Einser-Leiberl der Volkspartei in der Landeshauptstadt „All in“ zu gehen. Weder zeigt er Einsichtigkeit noch signalisiert er der VP-Spitze, allen voran Tirols LH Anton Mattle und Geschäftsführer Sebastian Kolland, Gesprächsbereitschaft. Im Gegenteil. In dieser Woche legte er mit einem Video via Newsletter und auf anderen Kommunikationskanälen sogar noch nach.

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Wegen ein paar Steigen Kartoffeln, die verderben, oder Erlebniscards, die verfallen würden, einen Stadtsenatsbeschluss einzuholen, wäre wohl etwas übertrieben.

Johannes Anzengruber

„Hilfe wird immer an erster Stelle stehen“
Wörtlich schreibt er an „seine Fans“: „Wegen ein paar Steigen Kartoffeln, die verderben, oder Erlebniscards, die verfallen würden, einen Stadtsenatsbeschluss einzuholen, wäre wohl etwas übertrieben. Dass man den Bürgern diese Zuwendungen nicht gönnt, nehme ich zur Kenntnis. Jedenfalls ist festzuhalten, dass kein Cent Steuergeld aufgewendet wurde. Wenn es um die Entscheidung geht zwischen unbürokratischer schneller Hilfe für Menschen, die Hilfe brauchen, und zwischen juristischen Spitzfindigkeiten, ist die Entscheidung für mich einfach: Hilfe für in Not geratene Innsbruckerinnen und Innsbrucker wird für mich immer an erster Stelle stehen.“

Innsbrucks ÖVP-Vizebürgermeister Hannes Anzengruber. (Bild: Birbaumer Christof)
Innsbrucks ÖVP-Vizebürgermeister Hannes Anzengruber.

Applaus von den „Fans“
Von seinen „Fans“ erhält Anzengruber dafür natürlich Applaus und Schulterklopfen. Aber die muss er auch gar nicht überzeugen. Überzeugen muss er da schon mehr seine Parteifreunde – und da gibt es viel Luft nach oben. Wenig überzeugend ist das Video, das er - wie erwähnt - auf Facebook postete. Es sorgt eher für weitere Verwirrung. Denn bereits nach zwölf (!) Sekunden betont Anzengruber, dass ihn der Geschäftsführer der Erlebniscard angerufen und gesagt habe, er schmeiße die Karten ohnedies weg, weil sie wertlos seien. Um dann die weiteren 2:06 Minuten des Videos zu erklären, wie wichtig diese Spende von angeblich völlig „wertlosen Karten“ an hilfsbedürftige Innsbrucker sei und dass „niemand verhungern“ dürfe in Innsbruck.

135 Attraktionen besitzen noch Gültigkeit
Nun tut sich die entscheidende Frage auf: Sind die Karten wertlos oder wertvoll? Zweiteres ist der Fall, wie der „Krone“-Faktencheck ergab. Zwar kann man nicht mehr alle Vorzüge der Karte genießen, aber zahlreiche Angebote gehen bis Ende des Jahres, sprich 31. Dezember. Das sollte Anzengruber eigentlich wissen. Er hätte nur im Internet die fein säuberlich aufgelisteten, geltenden Vergünstigungen von A wie Alpinarium Galtür (Eintritt Ausstellung „Ganz Oben“) bis Z wie Zahmer Kaiser Walchsee (Berg- und Talfahrt Sommerrodelbahn bis 16.10.) lesen müssen. Mit Stichtag 15. September hatten noch genau 135 Attraktionen der insgesamt 191 Gültigkeit.

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Bei allfälligen Ergebnissen suchen wir zunächst das Gespräch mit Johannes Anzengruber.

Sebastian Kolland

Wert bei 300.000 bzw. 100.000 Euro
Rechnet man nun den Gesamtpreis einer Karte (99 Euro) und multipliziert diese mit der Zahl 3000 (in etwa so viele Karten soll Anzengruber angeblich verteilt haben), kommt man auf die Summe von knapp 300.000 Euro. Sagt man aber, dass die Karten eh nur mehr vier Monate (ein Drittel des Jahres) Gültigkeit haben und multipliziert sie somit nur mit einem Drittel des Preises, also 33 Euro, stehen immer noch 100.000 Euro zu Buche. Und auch wenn Anzengruber die ganze Spendenaffäre noch so oft mit einem Sack voller Kartoffel vergleichen mag – dieser hinkt nicht nur ein bisschen.

ÖVP-Spitze will Schaden von Partei abwenden
VP-Geschäftsführer Kolland meinte auf „Krone“-Nachfrage, dass sich die juristische Prüfung verzögere. Bei allfälligen Ergebnissen werde er aber zunächst das Gespräch mit Anzengruber suchen. Oberste Priorität habe für ihn, Schaden von der Partei abzuwenden. Anzengruber hingegen gilt als „angezählt“, dürfte sich selbst aus dem Rennen ums VP-Einser-Leiberl für die Gemeinderatswahl 2024 geworfen haben – egal, wie man zu ihm stehen mag. Er könnte womöglich als Beispiel für einen klassischen politischen „Selbstfaller“ in die Geschichte eingehen.

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