Tausende Todesurteile
Assad schafft militärische Feldgerichte ab
Tausende Todesurteile ohne ordnungsgemäße Verfahren sind gefällt bzw. politische Häftlinge zu jahrzehntelanger Haft unter unmenschlichen Bedingungen und Folter vor militärischen Feldgerichten in Syrien verurteilt worden. Nun hat Präsident Bashar al-Assad die Auflösung dieser Instanz angeordnet. Für Angehörige von Verurteilten ist das ein längst überfälliger Schritt, doch Menschenrechtsorganisationen sind skeptisch.
Wie das Präsidialamt in Damaskus am Sonntag mitteilte, erließ Assad ein Dekret, das die Proklamation von 1968, mit der die Gerichte geschaffen wurden, „beendet“. „Alle Fälle, die an die Militärfeldgerichte verwiesen wurden, sind an die Militärjustiz zu verweisen“, heißt es in der Erklärung, die über den Onlinedienst Telegram veröffentlicht wurde und den Angaben zufolge sofort in Kraft trat. Ein syrischer Anwalt sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die Militärfeldgerichte seit Unruhen in den 80er-Jahren auch Zivilisten aburteilten.
Nach raschen Urteilen Massenhinrichtungen in Gefängnis
Einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International aus dem Jahr 2017 zufolge sind die Regeln und Verfahren der Militärfeldgerichte „so summarisch und willkürlich, dass sie nicht als tatsächliches Gerichtsverfahren angesehen werden können“. Sie würden nur wenige Minuten dauern. Tausende Menschen, die im berüchtigten Sednaya-Gefängnis nördlich der Hauptstadt Damaskus inhaftiert waren, seien bei Massenerhängungen nach „Prozessen“ vor einem solchen Gericht getötet worden (siehe Tweet unten).
Die Entscheidung vom Sonntag sei „längst überfällig“, sollte aber „mit Vorsicht genossen werden“, sagte ein Aktivist, der anonym bleiben wollte. „Vor allem, weil das Regime nie anerkannt hat, dass diese Gerichte die Menschenrechte der Inhaftierten verletzen.“ Der Aktivist schätzte die Zahl der aufgrund solcher Urteile Hingerichteten auf Zehntausende Menschen.
„Sie bekommen nun wenigstens einen Anwalt“
Diab Serriya von der Vereinigung der Inhaftierten und Vermissten im Sednaya-Gefängnis sagte, wenn Inhaftierte an Militärgerichte verwiesen würden, bekämen sie wenigstens einen Anwalt. „Rund 70 Prozent der Gefangenen in der Sednaya-Einrichtung wurden nach 2011 vor das Militärfeldgericht gebracht, das die meisten von ihnen zum Tode verurteilte“, sagte er. 2011 begann der Bürgerkrieg in Syrien, der bis heute andauert.
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