Ein farbenfroher Ort mit viel Geschichte und eine Bühne für die Kultur: Ein Besuch im 100-jährigen Grazer Ragnitzbad, wo Pächterin Barbara Zinkl ihre letzte Sommersaison absolviert.
Sie sind farbenfrohe Visitenkarte und manch eine soll darin ihren Partner verführt haben, um für Familienzuwachs zu sorgen, wie man sich erzählt. Die bunten Kabinen im Ragnitzbad blieben auch nach dem Umbau vor rund 10 Jahren erhalten. „Zum Glück sind sie noch da, haben die Stammgäste bei der Wiederöffnung gesagt“, erzählt Pächterin Barbara Zinkl, die gleich wieder verschwindet, um den Betrieb am Laufen zu halten.
Sprung ins kühle Nass
An diesem Dienstag in der letzten Schulwoche vor den Ferien hüpfen die Schüler der Ursulinen gekonnt vom Beckenrand ins kühle Nass. „Wann kommen wir in die Zeitung?“, fragt ein Mädchen neugierig, bevor der Lehrer seine Schützlinge zusammentrommelt. Im Sekundentakt werden noch schnell Eislutscher gekauft. Hinter der Theke haben die Mitarbeiter alle Hände voll zu tun. Auch Zinkl ist seit den Morgenstunden auf den Beinen. „Die Schulklassen halten uns auf Trab“, lacht sie und das sei gut so, denn das unbeständige Wetter hätte schon einige Badetage ins Wasser fallen lassen.
Nostalgische Stimmung
An guten Tagen lockt die nostalgische Stimmung über 600 Gäste ins familienfreundliche Bad, das Zinkl nach der Saison verlassen wird. Erinnerungen an ihre Anfänge sind im Kopf der Steirerin noch lebendig, als sie ihrer Tante Christl im Buffet half. Seitdem hat sich viel getan. „Bald wir das Bad 100 Jahre alt“, sagt sie. In einem Buch, das der Ruheoase gewidmet ist, sind persönliche Erzählungen verewigtes Zeugnis einer Zeit, in der Kinder zwischen Grillengezirpe, Milchflip-Pausen und Rundgangerl schwimmen lernten.
Kultur im Grünen
Musikproduzent Martin Moro schrieb über die Siedlungskinder vom Berlinerring, die immer einen Stielkamm in der Badehose stecken hatten, um ihre Frisuren zu checken. Mit feschen Haaren spielte er damals im Ragnitzbad seine ersten Gitarrensessions, die nicht die einzigen bleiben sollten. Unter dem Motto Kultur im Grünen musizierten dort etwa „The Base“ ebenso wie die Band „Kismet“. Schauspieler Johannes Silberschneider las im Ragnitzbad Herms Fritz. Das war kurz nachdem Zinkl im Jahr 2014 das Bad übernommen hat.
Lebenswerk wird fortgeführt
Davor saß der frühere Besitzer Titan Honner bis zu seinem 90. Lebensjahr im Holzhäuschen, um Eintritt zu kassieren. Eine Legende, die von den Kindern respektvoll gesiezt wurde. „Ich bin froh, dass wir sein Lebenswerk fortführen konnten“, nickt Zinkl. Selbst ist die 59-Jährige übrigens keine Wasserrate. „Dass ich hineingehüpft bin ist lange her.“ Was sievor der Pension aber noch erledigen will: „Vielleicht drehe ich doch eine Ehrenrunde.“
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