Apothekerkammer:

„Nach wie vor fehlen 500 bis 600 Arzneimittel“

Rund um die Uhr Arzneimittelversorgung und gesundheitliche Dienstleistungen. Und das egal ob am Land oder in der Stadt. Das bieten Österreichs Apotheken. Doch welchen Service bieten die Apotheken des Landes zusätzlich, und wie sieht es weiterhin mit den Lieferengpässen bei Medikamenten aus? Darüber hat krone.tv-Moderatorin Raphaela Scharf mit dem Vizepräsidenten der Österreichischen Apothekerkammer, Dr. Gerhard Kobinger, in der aktuellen Ausgabe des Gesundheitsmagazins gesprochen.

Eine der Kernaufgaben der Apothekerinnen ist die lückenlose Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln. Wie können die Apotheken diese flächendeckende Versorgung denn überhaupt gewährleisten? Dr. Kobinger spricht hier von einem System, das auf zwei Beinen steht: „Einerseits die räumliche und andererseits die zeitliche Verfügbarkeit. Wir haben ein sehr ausgeklügeltes System der Verteilung. Die Apotheken sind dort, wo die Menschen sind, und sie entstehen auch dort, wo ein Bevölkerungszuwachs stattfindet und man einen Bedarf an Apotheken hat. Und durch diese räumliche Verteilung ist zum Beispiel sichergestellt, dass 95 % der Menschen innerhalb von zehn Minuten eine Apotheke erreichen“, so der Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer.

Apotheken mehr als 50 Stunden in der Woche verfügbar
Was die Öffnungszeiten betrifft, sind die Apotheken des Landes in aller Regel mehr als 50 Stunden in der Woche verfügbar. „Das ist das zweite Standbein, die zeitliche Verfügbarkeit. Und über diese 50 Stunden hinaus bieten wir ja auch Bereitschaftsdienste an. Sei es in der Nacht, am Wochenende oder zu Feiertagen“, betont Dr. Kolbinger im Gespräch mit Raphaela Scharf. Es sind Bereitschaftsdienste, die man selbst finanziere, und die so übers Jahr und Österreich gerechnet ungefähr 30 Millionen Euro kosten, rechnet der Experte vor. „Die werden also nicht von der öffentlichen Hand bezahlt, sondern die muss der Apothekenbetrieb selbst erwirtschaften. Aber dadurch ist gewährleistet, dass jeder Österreicher, jede Österreicherin rund um die Uhr und flächenmäßig wohnortnahe gut verteilt zu Arzneimitteln kommt und zur nötigen Beratung“.

Die Apotheke als moderner Gesundheitsnahversorger
Diese Versorgung gilt sowohl am Land als auch in der Stadt gleichermaßen. Unterschiede gäbe es hier „absolut keine“, wie Dr. Kolbinger betont. „Die Hälfte aller Apotheken Österreichs sind auf dem Land, in Kleinstädten und ländlichen Gebieten. Und dadurch erreichen wir auch diese Flächendeckung. Und die Apotheken verstehen sich ja als moderner Gesundheitsnahversorger und das bilden wir auch in den kleinen Gemeinden ab“. Die erbrachten Gesundheitsdienstleistungen sind seinen Worten zufolge „ein Gewinn für jede Gemeinde, wenn eine Apotheke vor Ort ist“. Es werden dort auch zusätzliche Dienstleistungen erbracht, ergänzt Dr. Kolbinger im Gespräch mit Raphaela Scharf. „Der eine spezialisiert sich auf Orthopädie, der nächste macht einen Hebammen-Schwerpunkt, je nachdem, was in der Gegend gerade gefragt ist, bis hin zum Post-Partner. Also Dienstleistungen auch abseits von der reinen Arzneimittelabgabe und -beratung“.

Wie sieht es in kleineren Orten in Bezug auf weitere Leistungen aus, zum Beispiel was das Angebot an Gesundheitscreenings betrifft? Dies sei beginnend mit der Corona-Pandemie ein Thema gewesen, „wo wir sehr schnell, sehr niederschwellig und gut skalierbar, je nachdem wie der Bedarf war, die Corona-Tests durchgeführt haben. Da waren die Menschen sehr froh und glücklich und dankbar, dass wir das gemacht haben“, erinnert sich Dr. Kolbinger an die Herausforderungen der letzten Jahre. Überhaupt sei dies ein Sektor, der an Bedeutung gewinne. „Es gibt auch andere Screenings und Gesundheitschecks, die hier angeboten werden in den Apotheken, und die von der Bevölkerung auch sehr gerne angenommen werden, und die auch gesundheitspolitisch durchaus Sinn machen“.

Impfungen als weitere wichtige Dienstleistung der Apotheken
Eine weitere Dienstleistung, die ApothekerInnen schon seit längerem anbieten möchten, sind Impfungen in den Apotheken. Gefragt, wie hier der Status Quo ist, erklärt der Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, dass man bereits rund 2000 ApothekerInnen im Impfen ausgebildet habe. „Es zeigen internationale Beispiele, dass das von der Bevölkerung auch sehr goutiert wird und die Durchimpfungsrate deutlich erhöht wird“, ergänzt Dr. Kolbinger. In etwa 14 Ländern in der EU plus USA, Kanada, Neuseeland, Australien dürfen demnach ApothekerInnen impfen. „Und dort merkt man, dass die Durchimpfungsraten deutlich in die Höhe gehen und man nimmt den Ärzten auch nichts weg. Man hilft ihnen, weil das ganze Impfen bekommt sozusagen einen Kick und die Durchimpfungsraten gehen in die Höhe und auch die Ärzte impfen mehr als vorher“.

Das Thema Arzneimittelversorgung ist aktuell auch ein sehr brisantes Thema, das auch sehr häufig in den Medien immer wieder thematisiert wird. Wie sieht es denn da aus bei den Lieferengpässen? Bei den Medikamenten? Ist jetzt hier aktuell Entspannung in Sicht? Hier kann der Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer keine Entwarnung geben. Demnach würden nach wie vor 5 bis 600 Arzneimittel fehlen. Besonders schmerzhaft sei dies derzeit gerade bei den Antibiotika-Säften für Kinder. Zwar habe sich die Liefersituation bei den Fiebersenkenden und schmerzstillenden Arzneien, also zum Beispiel Paracetamol und Ibuprofen, leicht entspannt, „aber bei den Antibiotika-Säften für Kinder sehen wir immer noch Mangel und wir haben da die Initiative ergriffen als Apothekerinnen und Apotheker.“

Arzeinmittelversorgung muss langfristig sichergestellt werden
Gemeinsam mit der Gesellschaft für Kinder und Jugendheilkunde hat die Österreichische Apothekerkammer „Rezepturen entwickelt“, wo die Apotheker den Rohstoff selbst zu einem Antibiotikum-Saft für Kinder verarbeiten. „Das entspannt ein bisschen, federt den ärgsten Mangel ab“, so Dr. Kolbinger. Um das langfristig sicherzustellen, bräuchten die Apotheken aber noch zwei Dinge: Einerseits vom Ministerium eine Abnahmegarantie oder eine Einlagerung auch von Rohstoffen, Wirkstoffen und Hilfsstoffen; und zum anderen auch eine aufwandsadäquate Abgeltung durch den Dachverband. „Aber wir sind zuversichtlich, dass wir da beim zweiten, wahrscheinlich sogar schon sehr bald beim ersten Punkt zu Lösungen kommen und wir auch unsere kleinsten Patientinnen und Patienten gut versorgen können“, gibt sich der Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer abschließend zuversichtlich.

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