Ende des Baubooms?

Grüner und kühler – Graz plant das Bauen neu

Steiermark
21.04.2023 13:21

Es war das Thema im Grazer Gemeinderatswahlkampf 2021; Der nicht enden wollende Bauboom in der steirischen Landeshauptstadt. Nun hat die verantwortliche Vizebürgermeisterin Judith Schwentner das neue Stadtentwicklungskonzept und das räumliche Leitbild präsentiert. Wird das neue Konzept nächste Woche im Gemeinderat beschlossen, folgt ein Baustopp.

Das Murren in großen Teilen der Grazer Bevölkerung wurde zuletzt immer lauter: Auch unter der nun gar nicht mehr so neuen Stadtregierung aus KPÖ, Grünen und SPÖ sprießen die riesigen Baukräne wie Schwammerl aus dem Grazer Boden, ist ein Ende des Baubooms weit und breit nicht in Sicht. „Hinter den Kulissen wurde und wird aber auf Hochtouren gearbeitet. Ein derartiges Konzept erstellt man nicht von heute auf morgen“, sagte Judith Schwentner, als sie am Freitag das neue Stadtentwicklungskonzept mit neuem Räumlichen Leitbild präsentierte. Dem Klimawandel und seinen Auswirkungen soll so beim Bauen in Graz künftig Rechnung getragen werden. 

„Die Stadt der Zukunft muss menschengerecht, sozial und klimafreundlich sein. Mehr Lebensqualität und mehr Platz und Grün vor allem für Kinder und ältere Menschen sind die Leitlinien meiner Planung für Graz“, fasst die grüne Vizebürgermeisterin die Grundideen zusammen. Das Stadtentwicklungskonzept sei das zentrale Steuerungsinstrument der Stadt und die Neuerungen sind ein erster, wichtiger Schritt. Ein zweiter soll mit einem neuen Flächenwidmungsplan noch vor dem Sommer in Auflage gehen. 

Was ist aber nun wirklich neu? Fakt ist, dass der Klimaschutz und Klimawandel verstärkt verankert sind, Naturräume sollen mit dem neuen STEK geschützt werden. So soll etwa die Entsiegelung und Begrünung forciert werden. Ein sogenannter Grünflächenfaktor bestimmt künftig den Anteil an Grünflächen für jedes Bauvorhaben - damit soll im Hochsommer die Stadt sozusagen abgekühlt werden. Verpflichtend ist nun auch die Begrünung von Dachflächen aber einer Größe von 60 Quadratmetern. Dunkle und sehr helle Fassadenfarben werden verboten, große Glas- und Metallflächen eingeschränkt. 

Soziale Durchmischung forcieren
Verstärkt soll künftig auch leistbarer Wohnraum geschaffen werden, die soziale Mischung hofft man so, zu forcieren. Neu sind auch Mindestwohngrößen und ein Mindestanteil an Gemeinschaftsflächen im Grünraum. Bei der Gestaltung des öffentlichen Raums müssen vor allem die Bedürfnisse von Kindern berücksichtigt werden. Für Bauträger wohl noch einschneidender: Die zuletzt viel diskutierten Laubengänge dürfen straßenseitig nur noch eingeschränkt gebaut werden, ebenso werden Kriterien für die Zulässigkeit von Terrassenhäusern im Grüngürtel eingeführt. Außerdem muss in Blockrandbebauung und Bezirkszentren kleinteiliger gebaut werden. Im Grüngürtel wird auch für Einfamilienhäuser eine Maximalvolumina festgelegt. Und: Auch die neue Mobilitätsstrategie wird im STEK künftig verankert sein. „Die aktive und gesundheitsfördernde Mobilität wird priorisiert“, heißt es in dem Papier. 

Im Grazer Stadtgebiet bedeutet dies einerseits die konsequente Vermeidung von Baulanderweiterungen in den umlaufenden Hügeln und somit den Erhalt der grünen Lunge der Stadt“, sagt Eva-Maria Benedikt, Leiterin des Referates für Stadtentwicklung und Flächenwidmung „und andererseits die Weiterentwicklung der Stadtstruktur im Bereich von infrastrukturell gut versorgten Gebieten mit Grün- und Freiflächen sowie der Fuß- und Radwegeinfrastruktur“. 

Gibt‘s eine Mehrheit?
Bei der kommenden Gemeinderatssitzung nächste Woche muss das neue STEK vom Gemeinderat mit einer 2/3-Mehrheit abgesegnet werden. Zugleich erfolgt eine Bausperre - sämtliche Bauverfahren werden nun nämlich schon nach dem neuen STEK geprüft, fällt ein Projekt dabei durch, darft nicht gebaut werden. Geht das neue Stadtentwicklungskonzept in Auflage, wurde es also vom Gemeinderat abgenickt, folgt eine neunwöchige Auflagenfrist von 11. Mai bis 13. Juli. In diesem Zeitraum können alle Grazerinnen und Grazer Einwände erheben. Die öffentliche Vorstellung erfolgt am 16. Mai um 18 Uhr im Gemeinderatssitzungssaal.

Ob man im Gemeinderat die nötige Mehrheit erhält, ist allerdings noch nicht fix. „Wir haben mehrere Runden mit allen Fraktionen gemacht, da hab ich eigentlich wenig Gegenstimmen gehört“, hofft Schwentner. „Bisher hat es in Graz bei derartigen Abstimmungen immer die notwendige Mehrheit gegeben, weil man sich im Vorfeld eben gut abgestimmt hat. Aus fachlicher Sicht gibt es jedenfalls keinen Einspruch“, sagt Benedikt und erntet Zustimmung von Stadtbauamtsdirektor Bertram Werle und Stadtplanungschef Bernhard Inninger.

ÖVP ist verwundert
Bei der ÖVP klingt das allerdings anders: „Als Volkspartei sind wir sehr verwundert über die Vorgehensweise der kommunistisch-grünen Stadtkoalition“, sagt Stadtrat Kurt Hohensinner. „Völlig unangekündigt und entgegen anderer Zusicherungen, wird mit der STEK-Revision nun kurzfristig ein Stück auf den Nachtrag der Gemeinderatstagesordnung gesetzt, das wesentliche Auswirkung auf die städtische Entwicklung hat. Wir waren weder über den Zeitpunkt der Einbringung noch die Bausperre informiert. Bis dato gab es nur Entwürfe, über die nie verhandelt wurde.“ Er fordert nun Stadtchefin Elke Kahr (KPÖ) auf, das Stück wieder von der Tagesordnung zu nehmen und erst in einer der nächsten Sitzungen darüber abzustimmen. „Damit alle Fraktionen gut in die Gespräche miteingebunden werden können.“

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