Märkte ohne Klarheit

US-Notenbankchef hält bis September alle Karten bedeckt

Ausland
26.08.2011 18:42
Die US-Notenbank Federal Reserve steht wegen der Wirtschaftsflaute möglicherweise kurz vor weiteren massiven Konjunkturhilfen. Die mit Spannung erwartete Rede des US-Notenbankchefs Ben Bernanke hat den Finanzmärkten am Freitag aber nicht die erhoffte Klarheit gebracht. Konkrete Maßnahmen, wie etwa weitere Anleihekäufe, kündigte der mächtigste Notenbanker der Welt nicht an und enttäuschte damit die Börsianer. Die Aktienmärkte weltweit bauten daraufhin ihre Verluste aus, zu dem befürchteten Ausverkauf kam es aber nicht.

Der Offenmarktausschuss (FOMC) werde bei seinem nächsten Treffen am 20. September zwei Tage lang über weitere Konjunkturhilfen beraten, sagte der US-Notenbankchef am Freitag auf dem Zentralbankertreffen in Jackson Hole. Bernanke gab den Spekulanten damit rund um den Globus zwar nicht den erhofften neuen Geldregen, aber er nannte den Märkten ein neues Datum, auf das sich die Erwartungen aller Finanzmarktakteure nun konzentrieren werden: Es ist der 21. September.

Wird es eine dritte Runde von Lockerungen geben?
Dann steht erneut die derzeitige Gretchenfrage der US-Geldpolitik ganz oben auf der Agenda: Wird es ein dritte Runde geldpolitischer Lockerung (QE3) geben? Die Fed hatte bereits Anfang August angekündigt, den Leitzins - der seit Ende 2008 bei quasi null Prozent liegt - noch bis "mindestens" Mitte 2013 dort zu lassen (siehe Infobox). Sie hat seit Ausbruch der Finanzkrise 2007 in der sich anschließenden Rezession massiv die Gelddruckmaschinen angeworfen - Fachleute sprechen von einer quantitativen Lockerung (quantitative easing). Das zweite, bis dato letzte Anleihekaufprogramm über 600 Milliarden Dollar (417 Milliarden Euro) ging Ende Juni zu Ende.

Ob ein QE3 folgen soll ist höchst umstritten - außerhalb, aber auch innerhalb der Notenbank. Nur Stunden vor der weltweit mit Spannung erwarteten Rede Bernankes in Jackson Hole hatte etwa der Chef der Fed von Philadelphia, Charles Plosser, öffentlich in einem Interview den Sinn einer weiterem dritten Runde von Anleihekäufen in Frage gestellt. "Ich bin mir nicht sicher, ob mehr quantitative easing angesichts der Probleme, die wir haben, hilfreich wäre", sagte Plosser dem Fernsehsender CNBC.

Bernanke: "Erholung viel schwächer als erhofft"
Bernanke zeigte sich dann bei seiner Rede vor zahlreichen anderen Notenbankern und Wissenschaftlern aus aller Welt enttäuscht, dass die US-Konjunktur trotz Milliarden Dollars der Fed und mehrerer Konjunkturprogramme nicht anspringt. Die US-Wirtschaft ist nach aktuellen Daten im zweiten Quartal nur um magere ein Prozent gewachsen, die Arbeitslosenquote liegt bei gut neun Prozent. Ziel weiterer konjunkturstimulierender Maßnahmen sei vor allem die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und langfristig das Wachstum wieder anzukurbeln, sagte Bernanke.

In Reaktion auf die dann ausgebliebene Ankündigung konkreter Stützungsmaßnahmen fielen an der Wall Street und an der Frankfurter Börse am Freitag die Kurse. Der Dow Jones baute sein Minus zwischenzeitlich auf 1,5 Prozent aus, drehte später aber sogar ins Plus. Dax und EuroStoxx50 sackten zunächst durch, machten dann ebenfalls einen Teil ihrer Verluste wieder wett. Die beiden Leitindizes verabschiedeten sich mit einem Minus von jeweils rund einem Prozent ins Wochenende. Auch am Rohölmarkt gaben die Notierungen nach, Gold verbilligte sich ebenfalls. Der befürchtete große Ausverkauf an den Börsen blieb aus.

Märkte müssen bis 21. September warten
Analysten und Ökonomen zeigten sich in ersten Reaktionen wenig überrascht davon, dass Bernanke dem Druck der Märkte vorerst Stand hielt. Viele erwarten allerdings nun, dass er in gut einem Monat nachlegen wird. Enttäuschend sei, dass Bernanke nicht konkret über die Möglichkeiten der Fed gesprochen habe, sondern nur im Allgemeinen geblieben sei, sagte ein Ökonom. Der 21. September könnte der Tag sein, an dem Bernanke die Welt und die Weltbörsen auf neue Dollarfluten vorbereitet. Einstweilen bleibt den Märkten nur die Hoffnung.

An den jährlichen Notenbankertreffen in der idyllischen Einsamkeit der Rocky Mountains nehmen unter anderem auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann teil. Überraschend nicht dabei sind die Chinesen und Trichets baldiger Nachfolger, der italienische Notenbankgouverneur Mario Draghi.

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