Der Prozess gegen sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien, der am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt vier Passanten getötet und 23 Menschen verletzt hatte, ist am Dienstag mit der Aussage eines Experten vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) fortgesetzt worden.
Der auf Extremismus und Terrorismus spezialisierte Beamte legte LVT-Erkenntnisse zum Viertangeklagten dar, die sich primär auf Gedächtnisprotokolle stützten. Die Anklage wirft dem 28-Jährigen vor, gemeinsam mit dem Attentäter in dessen Wohnung den Anschlag mitgeplant zu haben. DNA-Spuren des Mannes fanden sich sowohl in der Wohnung als auch auf beim Anschlag verwendeten Schusswaffen sowie zahlreichen weiteren Gegenständen, die der Attentäter bei sich hatte.
„Radikale Gruppen“ in Moscheen besucht
Dem Verfassungsschutz war der gebürtige Afghane bereits seit 2014 bekannt, wie nun der Zeuge vom LVT im großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen darlegte. Er habe mehrere Moscheen in Wien besucht, die im Verdacht standen, „dass radikale Gruppen dorthin gehen“. Der Verdacht, dass dort Inhalte mit Gedankengut der radikal-islamistischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) gepredigt wurden, habe sich dann auch bestätigt.
In einem der Gebetshäuser hätte der sogenannte Hassprediger Mirsad O. - mittlerweile rechtskräftig zu 20 Jahren Haft verurteilt - Vorträge gehalten, schilderte der Beamte. Etliche junge Männer, die regelmäßig die in Wien-Brigittenau gelegene Moschee besuchten, seien später für den IS als Foreign Terrorist Fighters in den Irak oder nach Syrien gegangen.
Weder in dieser noch in drei weiteren Wiener Moscheen fiel der Viertangeklagte mit strafbaren Handlungen auf. „Es waren nur Besuche. Zu dieser Zeit gab es keine Hinweise, dass er in irgendeiner Weise an einer terroristischen Vereinigung beteiligt ist“, sagte der LVT-Beamte. Insofern sei der Mann nur Gegenstand staatspolizeilicher Erhebungen, aber nicht strafrechtlicher Ermittlungen gewesen. „Beim Fischen würd‘ man sagen, er ist Beifang gewesen“, bemerkte darauf der vorsitzende Richter.
Informationen wurden gelöscht
Bei interessierten Zuhörern ließ der seit mehr als zehn Jahren beim Wiener LVT tätige Verfassungsschützer dann mit der Feststellung aufhorchen, schriftlich zusammengetragene Erkenntnisse über observierte bzw. bedenkliche Moscheen würden „gelöscht“, sobald diese geschlossen werden und keine Hinweise auf strafbare Handlungen vorliegen. „Diese Informationen werden gelöscht, was aber nicht heißt, dass sie aus unseren Köpfen gelöscht werden“, erklärte der Beamte. Entsprechende „Gedächtnisprotokolle“ könnten bei Bedarf jederzeit angefertigt werden.
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