Arzt fordert Reform

Therapie statt Strafe für Süchtige: ,,Schmarrn!”

Kärnten
09.12.2022 06:00

Wenn Drogensüchtige eine Straftat begehen, müssen sie nicht mehr unbedingt in Haft. Seit einigen Jahren sieht das Suchtmittelgesetz die Möglichkeit für „Therapie statt Strafe“ vor. Doch ein Gerichtsgutachter geht damit nun hart ins Gericht: „Das Modell ist zum Scheitern verurteilt!“ 

Die Therapie sei mit sechs Monaten viel zu kurz, zudem fehle es in einigen Bundesländern an guten stationären Betreuungseinrichtungen. Die Rechnung für das kurzsichtige Denken zahlen wir alle. Denn neun von zehn Süchtigen schaffen den Ausstieg nicht - und der Teufelskreis Sucht beginnt für sie dann jedes Mal von vorne.

Kommende Woche startet am Klagenfurter Landesgericht wieder ein großer Drogenprozess gegen mehrere Dealer. War Kärnten vor wenigen Jahren noch ein reines Transitland für Suchtgift aus Slowenien nach Wien und Deutschland, so bleibt der Stoff heute rund um den Wörther See hängen. Tausende Kilogramm von Heroin, Kokain, Cannabis und Designerdrogen in Millionenwert landen jährlich am Markt.

Therapie sei sinnlos, sagt Psychiater
Als eine der Ursachen, warum Kärnten zum Hoch-Drogenland verkommt, ortet der erfahrene Gerichtsgutachter Franz Schautzer auch die Probleme in der Behandlung Süchtiger. Bekanntlich müssen Abhängige ja oft nicht mehr in Haft, sondern werden im Rahmen des §39 SMG (Suchtmittelgesetz) zu „Therapie statt Strafe“ verurteilt.

„Aus therapeutischer Sicht ist das Modell in der Form aber zum Scheitern verurteilt - ein richtiger Schmarrn“, sagt Psychiater Schautzer im „Krone“-Gespräch. „Denn diese angeordnete Therapie dauert nur sechs Monate - viel zu kurz, viel zu wenig! - und wird noch dazu von der Justiz nicht wirklich überprüft und begleitet. Der Staat kann und will sich bei Drogensüchtigen leider nicht mehr leisten.“

Dabei sei Drogensucht „eine der schlimmsten Geschichten, die man sich vorstellen kann“, wie Schautzer aus seiner langjährigen Praxis weiß. Zudem fehlt es in manchen Bundesländern an stationären Einrichtungen mit adäquatem Angebot.

Modell bringt kaum Erfolge
Dementsprechend mager sind die Erfolgsaussichten für Drogensüchtige, die dem Teufelskreis entkommen wollen. In Justizkreisen kursieren Statistiken, die von weniger als zehn Prozent ausgehen - sprich: bei neun von zehn Süchtigen nutzt die Therapie nichts, sie werden rückfällig.

Schautzer bestätigt diese Erfahrungen: „Die Erfolgsquote liegt sicher im einstelligen Bereich.“ Er fordert daher dringend Reformen. Wie Alkoholiker sollten auch Drogensüchtige lebenslang begleitet werden, um ihnen zu helfen. „Denn der Kampf lohnt sich für jeden.“

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