07.12.2022 14:25

Work-Life-Balance?

„Teilzeitarbeit ist heikle Wette auf die Zukunft!“

Das Schlagwort ‘Work-Life-Balance‘ scheint vor allem für die junge Generation von großer Bedeutung. Einer, der davon aber wenig hält, ist Bildungsexperte und Buchautor Andreas Salcher: „Die eigene Freizeit zu idealisieren und die Arbeit zu diskriminieren ist äußerst problematisch“, sagt er im LIVE-Talk mit Moderatorin Conny Winiwarter. Man könne in seinem Job nur besser werden, „wenn man möglichst viel arbeitet“. Was viele davon abhält, Vollzeit zu arbeiten, seien Erschöpfungszustände oder der fehlende Sinn im eigenen Tun. Ersterem hat Salcher sein neues Buch gewidmet. Darin ruft er dazu auf, dass Opfer-Denken zu verlassen und Eigenverantwortung zu übernehmen. Denn egal wie prekär eine Situation auch sei: „Wir haben immer eine Wahl!“

„Die Jungen“ möchte Salcher aber nicht über einen Kamm scheren: „Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, alle jungen Leute sind faul“. Es sei keine verlorene, sondern eine „gespaltene“ Generation: Einige hätten zu viele Wahlmöglichkeiten, die sie dann erschöpfen. Andere wiederum hätten einen totalen Mangel an Lebenschancen - etwa, „wenn sie nach neun Jahren Schule nicht sinnerfassend lesen können“

Fehlende Deutschkenntnisse? „Grundübel liegt im Kindergarten“

In Österreich hätten wir das zweitteuerstes Bildungssystem der Welt, aber „bei weitem nicht das zweitbeste Bildungssystem“, stellt Salcher klar. Dass immer mehr Kinder kaum bis kein Deutsch sprechen, sei „bis heute eine ideologische Frage“. Die Lösung sieht Salcher aber noch vor der Volksschule: Im Kindergarten. Neben sprachlichen, sollen dort auch „soziale Nachteile“ bereinigt werden - aber bitte mit „geringem Aufwand“. Doch dort lauern bereits die nächsten Baustellen: „Die Kindergartengruppen sind zu groß, die Pädagogen dort nicht akademisch ausgebildet und schlecht bezahlt. Dort liegt das Grundübel“, lautet das nüchterne Resümee des Bildungsexperten.

Es gibt Länder, die das besser machen, sagt Salcher: „In Kanada kann jedes Kind von Migranten die englische Sprache, teilweise sogar besser als die in Kanada geborenen Kindern.“ Abschauen wäre hier für Österreich also eine ernstzunehmende Option.

„Teilzeitarbeit ist gefährliche Wette auf die Zukunft“

„Wir werden nur besser im Job, wenn wir möglichst viel arbeiten“, bringt es der Ex-Politiker auf den Punkt. Dass viele Jugendliche mit reduzierten Arbeitsstunden ins Arbeitsleben einsteigen wollen - Stichwort ‚Work-Life-Balance‘ - sieht er skeptisch: „Nur durch Übung, Feedback und stetiges Tun werden wir besser“. Wir sollten aufhören, „die Freizeit zu idealisieren und die Arbeit zu diskriminieren“. Denn auch die Freizeit kann ermüden. Zudem wisse niemand, wie sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren entwickeln wird: „Es könnte bald wieder eine Zeit kommen, in der die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter aussuchen“ - und nicht umgekehrt. Dass man dann auf hochmotivierte Kandidaten zurückgreift, scheint klar. „Teilzeitarbeit ist also eine gefährliche Wette auf die Zukunft“, warnt Salcher.

Selbstverantwortung vs. Schuldzuweisung

Es mag stimmen, dass äußere Einflüsse unser Leben tangieren. Aber: „Wir haben immer eine minimale, letzte Entscheidungsfreiheit“. Freiheit gäbe es zwar nicht immer im Handeln, aber zumindest im Denken. Das „Opfer-Denken“, das viele Menschen an den Tag legen, dass bringe niemanden weiter. Selbstverantwortung statt Schuldzuweisung, sei die Devise. Doch der Buchautor räumt ein: Glück spielt eine wichtige Rolle im Leben: „Wenn du in eine gebildete und wohlhabende Familie hineingeboren wirst, hast du bessere Voraussetzungen“. Dennoch lautet sein eindringlicher Appell: „Den letzten Einfluss auf sein Leben darf man sich nie nehmen lassen“. Mehr wissen möchte wie das geht, der kann in Salchers neuem Buch „Die große Erschöpfung“ nachlesen.

Das ganze Interview mit Andreas Salcher sehen Sie im Interview oben. KroneLIVE sehen Sie montags bis freitags ab 9 Uhr.

Was denken Sie über die Work-Life-Balance und die Deutschförderklassen? Kommentieren Sie mit!

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