Zu einem Millionengrab für den Steuerzahler könnte die Naturgasanlage im südsteirischen Straß werden. Der Rechnungshof zerpflückte das Vorgehen der fünf verantwortlichen Gemeinden auf über 200 Seiten, der vernichtende Bericht wurde am Dienstag veröffentlicht. Rücktrittsaufforderungen und der Ruf nach einem Sonderlandtag werden laut.
Unter keinem guten Stern standen die Errichtung und der Betrieb der Naturgas-Anlage des nunmehrigen Eigentümers, dem Abwasserverband Leibnitzerfeld-Süd. Zu diesem Schluss kommt der Landesrechnungshof (LRH) unter der Leitung von Direktor Heinz Drobesch in seinem jüngsten Prüfbericht.
18,7 Millionen Euro in den Sand gesetzt?
Seit 2011 erfolgten Investitionen für den Bau dieser Anlage, auch mit Förderungen auf Bundes- und Landesebene. „Doch aufgrund der verfahrenstechnischen Komplexität war ein dauerhafter Vollbetrieb der Anlage zu keinem Zeitpunkt möglich. Daher türmten sich massive Verbindlichkeiten in Höhe von 18,7 Millionen Euro auf“, fassen die Prüfer zusammen.
Der Abwasserverband Leibnitzerfeld-Süd wird getragen von fünf Mitgliedsgemeinden, nämlich Ehrenhausen an der Weinstraße, Gamlitz, Gabersdorf, Sankt Veit in der Südsteiermark und Straß in Steiermark. Gemeinsam mit einem weiteren Unternehmen errichtete dieser Verband die NGS Naturgas GmbH für den Bau einer Naturgas-Anlage zur Produktion von Biogas und zur Verwertung von Klärschlamm. Nur kam es nie zu einem Vollbetrieb dieses Projektes.
Finanzielle Mehrbelastung für Mitgliedsgemeinden
„Ab 1. Jänner 2011 war der Abwasserverband alleiniger Gesellschafter an der NGS - zehn Jahre später erfolgte aufgrund der Überschuldung der NGS die verschmelzende Umwandlung dieser Gesellschaft auf den Abwasserverband, womit auch sämtliche Verbindlichkeiten auf diesen übergingen“, berichtet der LRH. Laut den prüfern entstand somit durch die Gründung, den Betrieb und die nunmehrige Umwandlung der NGS ein zusätzlicher Aufwand für den Abwasserverband.
Aus unserer Sicht wird die Verrechnung der Rückzahlung künftig eine erhebliche Belastung für die jeweiligen Gemeindehaushalte darstellen und die finanzielle Situation der Mitgliedsgemeinden schwächen
Auszug aus dem Prüfbericht des Landesrechnunghofes
Die Kosten aus der Erfüllung der Aufgaben des Abwasserverbandes sind laut dessen Satzung durch seine Mitglieder zu tragen, je nach Beitragsanteilen. Im Zuge der LRH-Prüfung stellte es sich heraus, dass die Bedeckung der Aufwendungen der NGS teilweise durch den Abwasserverband erfolgte.
Opposition auf Tausend
Dies alles führte in weiterer Folge zu höheren Gebühren in den fünf Mitgliedsgemeinden. Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge sind nunmehr auch die für und durch die NGS aufgenommen Darlehen vom Abwasserverband zu decken. Somit hat die Rückzahlung der Schulden vorerst zur Gänze durch die Mitgliedsgemeinden zu erfolgen. Aus Sicht des LRH wird die Verrechnung der Rückzahlung künftig eine erhebliche Belastung für die jeweiligen Gemeindehaushalte darstellen und die finanzielle Situation der Mitgliedsgemeinden schwächen.
Das ist der größte Gemeindeskandal in der Steiermark seit Fohnsdorf, bei dem nicht weniger als 20 Millionen Steuergeld versenkt wurden
Lambert Schönleitner von den Grünen
Landesrätin Lackner und ihre Beamten unter Beschuss
Als „größten Gemeindeskandal in der Steiermark seit Fohnsdorf“, bei dem „20 Millionen Steuergeld im südsteirischen Boden versenkt“ wurden, kommentiert Lambert Schönleitner von den Grünen den Prüfbericht. Auch mit der Gemeindeaufsicht geht der Kontrollsprecher hart ins Gericht: „Das stellt ein Totalversagen der Landesregierung in der Kontrolle dar, es braucht die sofortige Neuaufstellung der Gemeindeaufsicht“. Politischer Wille zur Kontrolle hätte gefehlt: „Die zuständigen Abteilungen 7 und 13 haben in der Causa einen Unzuständigkeitsstreit geführt, anstatt Verantwortung zu übernehmen.“
Die FPÖ hat im Juli 2021 gemeinsam mit den Grünen die Prüfung der aufsichtsbehördlichen Tätigkeit sowie Fördervergaben an den Abwasserverband Leibnitzerfeld-Süd beantragt.„Der nun veröffentlichte, 203 Seiten umfassende Landesrechnungshofbericht bestätigt die schlimmsten Befürchtungen und belegt die maßgebliche Verantwortung der Aufsichtsbehörde - also der Landesregierung - an diesem enormen Finanzdesaster. Der LRH sprach in den 58 Empfehlungen von mangelnder Transparenz sowie massiver Belastungen für die Gemeinden“, so der steirische FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek. Die Forderung der Freiheitlichen: „Die Einberufung einer Sonderlandtagssitzung zur politischen Aufarbeitung des Skandals!“
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