Offensive erwartet

Cherson-Räumung: Nächster Rückschlag für Russland

Ausland
19.10.2022 17:25

Nachdem die Ukraine zuletzt immer mehr russisch besetzte Gebiete zurückerobern konnte, droht den Soldaten von Kreml-Chef Wladimir Putin der nächste herbe Rückschlag. Denn aufgrund einer befürchteten Offensive der ukrainischen Truppen hat die pro-russische Verwaltung begonnen, sich vollständig aus der südukrainischen Stadt Cherson zurückzuziehen. Bis zu 60.000 Zivilisten sollen in russisch besetztes Gebiet evakuiert werden. Der Verwaltungschef der Region Cherson, Wladimir Saldo, bezeichnete dies als „Vorsichtsmaßnahme“.

Cherson war bereits im März - also kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Nachbarland - als einzige ukrainische Gebietshauptstadt in russische Hand gefallen. Putin hatte schließlich im Oktober den Anschluss des Gebiets an Russland verkündet, international wird die völkerrechtswidrige Annexion nicht anerkannt. Die russischen Soldaten auf dem rechten Dnipro-Ufer gelten als weitgehend abgeschnitten. Durch Artillerietreffer seien die Übergänge über den Dnipro unpassierbar gemacht, heißt es.

Russland will 50.000 bis 60.000 Menschen evakuieren
Nun wurde eine großflächige Evakuierung gestartet, Zivilisten sei es nun für sieben Tage verboten, in die Region einzureisen, gab die Verwaltung bekannt. 5000 Menschen wurden in den letzten zwei Tagen bereits evakuiert. Insgesamt sollen „etwa 50.000 bis 60.000“ Menschen über den Fluss Dnipro in russisch besetztes Territorium gebracht werden. Dies werde etwa sechs Tage in Anspruch nehmen, so Verwaltungschef Saldo.

„Der Feind greift gezielt Infrastruktur und Wohngebäude an“, sagte der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine gegenüber Russija 24. Die Ukraine warf Russland hingegen Propaganda vor. „Die Russen versuchen, die Menschen in Cherson mit falschen Newslettern in Angst und Schrecken zu versetzen, wonach unsere Armee die Stadt beschießt, und sie bereiten auch eine Propagandashow mit den Evakuierungen vor“, schrieb Andrij Jermak, Chef des ukrainischen Präsidialamtes, auf seinem Telegram-Kanal. „Propaganda wird nicht funktionieren.“

Verschleppte Russland ukrainische Kinder?
Die Sprecherin der Grünen für Außenpolitik und Menschenrechte, Ewa Ernst-Dziedzic, zeigte sich über die Evakuierungen äußerst besorgt. Denn laut ukrainischen Berichten seien seit Kriegsbeginn bereits mehr als 100.000 Kinder aus den besetzten Gebieten nach Russland oder in von Russland dominierte Gebiete überführt worden. Dort würden sie in der Regel offenbar zur Adoption freigegeben, so Ernst-Dziedzic. Das sei eine „massive Verletzung des Völkerrechts, insbesondere von Kinderrechten“ und „zutiefst verstörend“. Die Staatengemeinschaft dürfe hier nicht länger wegsehen, die UNO müsse unabhängige Untersuchungen einleiten.

Die ukrainische Hauptstadt Kiew war laut ukrainischen Angaben am Mittwoch erneut Ziel russischer Raketenangriffe. Flugabwehrbatterien hätten „mehrere russische Raketen“ über Kiew abgeschossen, erklärte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko im Messengerdienst Telegram. Der Luftalarm sei noch nicht vorbei, die Luftabwehr sei „immer noch in Aktion“, schrieb Klitschko. Die Einwohner sollten in Schutzräumen bleiben. In der Region Tschernihiw im Norden des Landes wurden zwei Raketeneinschläge gemeldet. In der gleichnamigen Hauptstadt der Region explodierte eine iranische Drohne.

Ukraine versuchte, AKW Saporischschja zurückzuerobern
Ukrainische Streitkräfte sind laut der staatlich kontrollierten russischen Nachrichtenagentur RIA in der Nacht auf Mittwoch mit dem Versuch gescheitert, das Kernkraftwerk Saporischschja zurückzuerobern. „Der Kampf hat mehrere Stunden gedauert, mindestens drei bis dreieinhalb Stunden“, zitierte RIA den von Russland eingesetzten Beamten Wladimir Rogow. Die russischen Truppen hätten den Angriff abgewehrt. Laut ukrainischen Angaben habe Russland gegen Mitternacht begonnen, die an das AKW angrenzende Kleinstadt Enerhodar zu beschießen. Zum angeblichen Rückeroberungsversuch des AKW gab es seitens der Ukraine vorerst keine Angaben.

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