Gegen Sanktionen

Mit diesen „Fragen“ will Orban die EU erpressen

Ausland
14.10.2022 15:34

Während die EU aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine - auch von Ungarn mitbeschlossenen - Sanktionen gegen Russland beschlossen hatte, versucht Premier Viktor Orban schon seit Monaten daraus Kapital zu schlagen. Jedoch nicht, indem er die Notwendigkeit erklärt, sondern indem er sie torpediert. Mit einer „unverbindlichen Volksbefragung“ möchte er nun den Druck auf Brüssel erhöhen. Am Freitag wurden die Fragestellungen veröffentlicht - die Antworten sind dabei fast schon vorprogrammiert.

Orban verfolgt mit seiner Vorgehensweise wohl das Ziel, die Europäische Union bei den Verhandlungen über Finanzmittel unter Druck zu setzen. Die EU hatte nämlich aufgrund der grassierenden Korruption in Ungarn dem Land einige Milliarden Euro vorenthalten. Orban stellte daraufhin Reformen in Aussicht - diese dürften aber mit Vorsicht zu genießen sein.

Die anhaltenden Attacken gegen die Strafmaßnahmen durch die „Brüsseler Bürokraten“, wie Orban die EU-Kommission bezeichnete, verschärfen dabei die Debatte. Der ungarische Premier fordert, dass die Sanktionen bis Ende des Jahres vollständig aufgehoben werden sollen.

Fragen manipulativ und irreführend
Unterstreichen soll das nun eine „nationale Konsultation“ der Ungarinnen und Ungarn, die schon im Vorfeld für Wirbel sorgt. Handelt es sich dabei doch um eine politische Taktik, die Orban in der Vergangenheit schon wiederholt angewandt hatte. Beobachter kritisierten die bisherigen Fragestellungen, als manipulativ bzw. irreführend.

Einleitung hält die passende Antwort schon parat
Und in ebendieses Schema passen auch die am Freitag veröffentlichten Formulierungen: So leitet die Frage nach möglichen Gas-Sanktionen etwa damit ein, dass solche „die Heizung der Wohnungen und das Funktionieren der Wirtschaft“ beeinträchtigen würden. Ähnlich sieht es beim Thema Öl aus: „Ein Öl-Embargo würde große Versorgungsprobleme bedeuten … Sind Sie mit den Öl-Sanktionen aus Brüssel einverstanden?“

Stimmung macht die Befragung auch bei den Lebensmittelpreisen. Die Sanktionen hätten dabei nicht nur zu höheren Preisen geführt, sondern auch zu einer „neuen Einwanderungswelle“ - und auch hier folgt sogleich die einseitig dargestellte Frage zu den Sanktionen.

Auch Atomkraft ist Thema
In Frage sechs geht es etwa darum, dass die Sanktionspolitik auch dem Tourismus schade - daraus leitet man die Frage: „Sind sie mit den Tourismus-einschränkenden Sanktionen einverstanden?“, ab. Aber auch das Thema Atomkraft kommt vor - so liefere das Atomkraftwerk Paks (ein Projekt der russischen Rossatom; Anm.) „günstigeren Strom“. Eine Ausweitung der Sanktionen würde also zu „Preiserhöhungen und Versorgungsstörungen führen“, stellt man schon vor der eigentlichen Frage klar, in welche Richtung die Antwort gehen soll.

Wohl kein wirklicher Stimmungstest
Die Fragen sind dabei also erneut so gestellt, dass eine bestimmte Antwort oft besonders nahe liegt (sogenannte Suggestivfragen). Es erfolgt keinerlei kritische Auseinandersetzung über die tatsächlichen Effekte in Russland, sondern bildet lediglich die negativen Aspekte von Sanktionen ab - die naturgemäß auch auftreten. Auch Russlands Aggression und die Auswirkungen auf die Ukraine werden mit keinem Wort erwähnt.

Darüber hinaus gibt es keinen öffentlichen Zugang zu den dabei eingehenden Daten - die Ergebnisse weiß also nur Orbáns FIDESZ-Partei. Dazu haben die Ergebnisse keine juristisch verbindlichen Folgen - sie dienen offensichtlich nur, die Politik Orbans bestätigen zu lassen.

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