Situation ist prekär

175 Euro Gehaltsplus für Pflegefachkräfte in Graz

Steiermark
10.10.2022 14:49

70 von 406 Betten stehen alleine in den vier städtischen Pflegeheimen aktuell leer, Grund ist der akute Personalmangel. Mit einem Gehaltsplus, Treueprämien und einem neuen Assistenzsystem will die Stadt Graz eine Trendwende einleiten. Dennoch muss man sich auf eine weitere Verschärfung der Situation einstellen.

„Es sind keine einfache Zeiten, unsere Bewerbungslisten sind leer“, legte Jörg Hohensinner, Pflegedienstleiter der Albert Schweitzer Klinik in Graz, am Montag bei einem Pressegespräch die Karten ungeschönt auf den Tisch. Unangenehme Folge: Trotz einem stetig wachsenden Bedarf an Pflegeplätzen müssen aktuell 70 von 406 Betten in den insgesamt vier Heimen der Stadt Graz unbelegt bleiben.

Schreibkräfte als Assistenten
Für KPÖ-Pflegestadtrat Robert Krotzer Grund zum Handeln: „Wir haben in einem ersten Schritt im heutigen Verwaltungsausschuss mehrheitlich beschlossen,  dass die diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen ab sofort 175 Euro brutto monatlich mehr erhalten“.  Darüberhinaus sollen ein neues Treueprämienmodell sowie Administrationsassistenzen bei der Personalsuche helfen. „Damit sich die Pfleger wieder auf ihre pflegerischen Tätigkeiten konzentrieren können anstatt Schreibarbeit zu leisten“, so Krotzer.

Die höheren Gehälter sollen rückwirkend mit Oktober ausbezahlt werden, pro Jahr entstehen der Stadt Graz dadurch Mehrkosten von etwa 800.000 Euro. Das neue Pflegepaket soll kommenden Donnerstag im Gemeinderat mit Grünen und SPÖ beschlossen werden, bei der ÖVP müsse man noch Überzeugungsarbeit leisten.

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1963 war das geburtenstärkste Jahr in Österreich, das bedeutet, dass uns nächstes Jahr die größte bislang da gewesene Pensionierunsgwelle bevorsteht

Pflegedienstleiter Jörg Hohensinner

Berufsgruppe ohne Lobby
Dass sich die Lage noch weiter verschärfen wird, steht trotz der aktuellen Bemühungen außer Zweifel: „Dass die Pflegeausbildung 2016 akademisiert wurde, war ein wichtiger Schritt, kam aber viel zu spät. Nun kommen einige giftige Faktoren zusammen: Wir haben heute um zwei Drittel weniger Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren als in den 1980er-Jahren, hingegen werden die Menschen immer älter. 1963 war das geburtenstärkste Jahr in Österreich, das bedeutet, dass uns nächstes Jahr die größte bislang da gewesene Pensionierunsgwelle bevorsteht“, weiß Hohensinner.

Ob die 175 Euro Gehaltsplus reichen werden, um den oftmals beschwerlichen Pflegeberuf attraktiver zu machen? „Natürlich wären 500 Euro mehr besser - nur wer soll das bezahlen? Die Frage wird sein: Was ist unserer Gesellschaft die Betreuung ihrer alten Menschen wert? Leider haben wir keine Kammer wie Ärzte oder Apotheker hinter uns - das macht das Verhandeln natürlich umso schwerer“, betont der Pflegedienstleiter.

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