Ehemann an Front

Autorin: „Ukrainer zu sein, heißt mutig zu sein“

Steiermark
02.10.2022 08:00

Seit drei Monaten lebt die ukrainische Autorin Yuliia Iliukha mit ihrem Sohn in Graz. Ihr Mann ist als Soldat in der Heimat geblieben. Mutig sind sie alle drei!

Der Mut ist aktuell Teil der nationalen Identität der Ukrainer: „Es sind Köche und Schauspieler, IT-Experten und Poeten, die als Soldaten schon seit dem Angriff im Jahr 2014 ihre Heimat verteidigen“, sagt Yuliia Iliukha.

Vom Programmierer zum Soldaten
Seit Februar des heurigen Jahres ist auch ihr Ehemann einer von ihnen. „Er ist eigentlich Programmierer, aber als wir am 24. Februar in unserem Heim in Charkiw zum Geräusch von Bombeneinschlägen aufgewacht sind, war klar, dass auch er jetzt ein Soldat ist.“ Und die Journalistin und Autorin fügt sofort an: „Wenn wir nicht einen kleinen Sohn hätten, wäre auch ich im Krieg. Nicht weil ich mutig bin, sondern weil es notwendig ist“, sagt sie.

Stattdessen hat sie an dem Tag, an dem aus ihrem Ehemann ein Soldat wurde, ihre Taschen gepackt und ist mit ihrem Sohn Ivan und ihrer Katze aus Charkiw geflohen. „Wir sind zuerst zu meinen Eltern, dort ist unsere Katze auch jetzt noch. Dann bekam ich das Angebot für ein Stipendium in Österreich und wir sind hierher gekommen“, sagt sie. Zuerst waren sie in Krems, seit drei Monaten sind sie in Graz - betreut von der Kulturvermittlung, die seit vielen Jahren verfolgten Künstlern ein Exil in Graz bietet.

„Gedichte sind meine Art, mit Sorgen umzugehen“
So auch Iliukha, die in ihrer Heimat eine erfolgreiche Kinderbuchautorin ist. Held ihrer Geschichten ist eine Katze: „Ich habe die Bücher für meinen Sohn geschrieben, weil er unsere Katze so sehr liebt“, erzählt sie. „Er vermisst sie und seinen Papa sehr, aber er ist mutig.“ Fragt man die Autorin, wie sie Mut definiert, sagt sie: „Ukrainer zu sein, heißt mutig zu sein.“

Ihrer Arbeit konnte sie in den ersten Wochen in Österreich nicht nachgehen: „Für Kinder konnte ich in der ersten Zeit überhaupt nicht mehr schreiben. Aber ich habe Gedichte über den Krieg geschrieben. Es war meine Form, mit meinen Sorgen umzugehen.“

Und sie hat Erfahrung damit, Poesie als Mittel der Verarbeitung des Krieges zu nutzen: Bereits vor drei Jahren hat sie an einem Gedichtband mitgearbeitet, in dem auch Veteranen, die seit 2014 im Kampf gegen russische Aggressoren im Einsatz waren, ihre Erfahrungen verarbeitet haben. „Die Literatur ist ein mächtiges Mittel, um Worte für die Wahrheit zu finden.“

Auch die Hoffnung ist eine Form von Mut
Die Wahrheit ist aber auch, dass Worte alleine nicht helfen. Also hat Iliukha gemeinsam mit Partnern schon vor Jahren begonnen, Spenden zu sammeln und Hilfspakete für ukrainische Soldaten zu schnüren: „Es sind vor allem Medikamente und Verbandsmaterial. Wir versuchen aufzutreiben, was an der Front am dringendsten gebraucht wird.“

Geholfen hat ihr dabei auch ihr Sohn: „Schon mit vier Jahren hat er mit mir die Pakete gepackt“, erinnert sie sich. Dass eines dieser Pakete nun auch ihren Mann erreichen könnte, ist für sie tröstlich. Jeden Tag hat sie mit ihm Kontakt, wo genau er ist, darf er ihr aber nicht sagen: „Wir beide haben die Hoffnung, dass die Ukraine diesen Krieg im nächsten Jahr gewonnen haben wird.“ Auch diese Hoffnung ist eine Form von Mut.

Fragt man Yuliia Iliukha, ob sie russische Soldaten, die nun vor ihrer Einberufung fliehen, als mutig empfindet, sagt sie: „Mutig wäre es gewesen, wenn sie schon vor Monaten oder vor Jahren gegen den Krieg und Putin aufgestanden wären.“

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