Als Ursache für die bei Schiele nicht übliche Übermalung eigener Skizzen nimmt der hausinterne Restaurator des Joanneums und Entdecker des wertvollen Funds, Paul-Bernhard Eipper, "eine kriegsbedingte Materialknappheit" an.
Eipper arbeitete monatelang an der Restaurierung des Gemäldes, das Schiele in seinem letzten Lebensjahr malte. Laut dem Restaurator handelt es sich bei einem der Dargestellten um den Kunstsammler Heinrich Benesch. "Die Köpfe der Porträtierten sind heute, nach der Änderung des ursprünglichen Hochformates in ein Querformat, links und rechts zu finden", erläuterte der Restaurator am Dienstag.
Kunsthistoriker sahen Zusammenhang bisher nicht
Auf der Rückseite des Gemäldes ist eine Skizze eines Mannes mit Schnurrbart sichtbar: Sie wurde schon vorher dokumentiert, aber nicht als "durchgeschlagenes Abbild eines sich auf der Vorderseite noch sichtbaren Porträts", schildert Eipper.
Kunsthistoriker sahen offensichtlich bisher zwischen Vorder- und Rückseite des Gemäldes keinen Zusammenhang. "Als Restaurator fallen einem einfach andere Dinge an einem Gemälde auf. Ich sehe nicht nur, was da ist, sondern auch, was darunter ist", so der Joanneum-Mitarbeiter.
Porträt "kunstvoll" in Häuserbild eingearbeitet
"Der abgebildete Mann mit Schnurrbart ist der Kunstsammler Heinrich Benesch (1862 - 1947), einer der ersten und wichtigsten Förderer Egon Schieles", hält Eipper im deutschen Fachmagazin "Der Kunsthandel" fest. Schiele habe das Porträt "kunstvoll und sehr originell in das jetzige Häuserbild eingearbeitet", urteilt der Restaurator: In die Augen, das Ohr, den Schnurrbart habe er Baumkronen eingelegt, das Revers des Anzuges seien zur Mauer, die Arme zu einer Häuserreihe umgearbeitet worden (siehe zweites Bild oben).
Eine andere, mit weniger verdünnten Farben gemalte Skizze erscheint bei Durchlicht auf der linken Seite des Gemäldes. "Die Identität des Dargestellten ist noch nicht geklärt, jedenfalls ist es ein deutlich jüngerer, bartloser Mann. Möglich ist meines Erachtens, dass Schiele Vorstudien zum Doppelporträt 'Heinrich und Otto Benesch' um 1913 auf dem Malgrund anlegte, auf welchem dann später 'Stadtende/ Häuserbogen III' ausgeführt wurde", vermutet Eipper.
Ab November seit Jahren erstmals wieder zu sehen
"Stadtende/Häuserbogen III" ist heute neben einem Selbstbildnis das einzige Schiele-Ölgemälde in Graz und wirdanlässlich der Wiedereröffnung der Neuen Galerie im Joanneumsviertel am 26. November erstmals nach mehreren Jahren wieder zu sehen sein.
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