Letzte „Schlacht“

Ehrenberg – ein Masterplan, der voll aufging

Tirol
30.08.2022 18:00

Ein Kran auf dem Reuttener Schlosskopf, einem Gebäude des Burgenensembles, zeugt von der finalen Schlacht um das touristische Ehrenberg. Nach dem Bau des zweiten Schrägaufzuges ist der „Masterplan“ erfüllt.

Dort, wo um 1700 die Rückeroberung der Burg Ehrenberg vor den Toren Reuttes mit vier Kanonen gelang, reckt sich zurzeit eine „moderne Kanone“ in den Himmel. Der aus großer Entfernung sichtbare Kran dient jedoch nicht der Zerstörung, sondern der finalen Entwicklung der „Burgenwelt Ehrenberg“. Ein Schrägaufzug - bereits der zweite - wird im Frühjahr die Ruine Ehrenberg mit dem Schlosskopf verbinden. Der letzte große Meilenstein des Masterplanes um das einst dem Verfall preisgegebene, historische Ensemble, das mit den Bauwerken Klause, Burg Ehrenberg, Festung Schlosskopf und Fort Claudia damals die mächtigste Festungsanlage im Norden Tirols war.

Zerfall oder Erhalt waren die Alternativen
Der Architekt dieses vor 20 Jahren kreierten Masterplanes ist auch im Brotberuf Architekt: Armin Walch. „Wir hatten nur zwei Optionen“, blickt er zurück, „dem weiteren Zerfall zuzuschauen oder das Monsterprojekt der Erhaltung und Restaurierung zu starten.“ Man entschied sich für Zweiteres, gründete einen Verein und Walch erarbeitete einen sogenannten Masterplan mit dem obersten Ziel, das kulturelle Erbe zu erhalten und das Wissen darüber weiterzugeben. „Die zweite Säule war aber die Wirtschaftlichkeit“, führt der Visionär fort, „das Projekt sollte sich selbst erhalten.“ Das war der Startschuss für die „Burgenwelt Ehrenberg“ als Tourismusattraktion, aber auch hunderttausende Stunden manueller Arbeit. Räume wurden freigelegt, alte Gemäuer rekonstruiert, der Salzstadel in Lermoos abgebaut und 1:1 wieder errichtet.

Dann der internationale Durchbruch mit der „Highline 179“, die sich „die längste Fußgängerhängebrücke der Welt im Tibetstyle“ nennen darf und Ehrenberg mit Fort Claudia verbindet.

Ehrenberg als Hollywood? „Wir müssen wirtschaftlich bleiben“
Das damals umstrittene Kind ist groß geworden - aller Ehren wert. „Der bilanzierende Verein hat mittlerweile 55 Angestellte“, führt Walch aus, „wir haben bisher rund 15 Millionen Euro investiert, davon kommen jeweils ein Drittel aus EU, Land Tirol und der Region. Und wir haben Einnahmen, auch über Umsatzbeteiligung.“ Allerdings würde so mancher die Macher lieber im Verließ sehen. Von „Overtourism“ oder Hollywood ist angesichts von bis zu 300.000 Touristen pro Jahr die Rede. Man habe alles mit Denkmalschutz, Dorferneuerung und Landesgedächtnisstiftung abgesprochen, sagt Walch, man müsse wirtschaftlich bleiben und: „Unser Anliegen, die Vermittlung der Geschichte, geschieht niederschwellig und gratis.“

Das bliebe aber Menschen mit erschwerter Mobilität verborgen, ein Grund für die Realisierung des zweiten Schrägaufzuges – investiert von heimischen Wirtschaftstreibenden. Die letzte Schlacht um das moderne Ehrenberg. „Die Zu- und Abfahrt muss allerdings neu geregelt werden“, sagt BM Günter Salchner, gleichzeitig Obmann des Vereines, „das geschieht gerade.“ Diese Schlacht ist also noch nicht gewonnen.

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