Antisemitismus steigt

Elie Rosen: „Menschen suchen Ventile für Frust“

Steiermark
25.07.2022 08:00

Der Antisemitismus ist im Steigen begriffen. Der Präsident der Jüdischen Gemeinde in Graz, Elie Rosen, erzählt, wieso es gerade jetzt einen positiven Zugang zum Judentum braucht.

„Steirerkrone“: Herr Präsident Rosen, merken Sie, dass der Antisemitismus zunimmt?
Elie Rosen: Ja, schon in den letzten Jahren. Durch Corona ist Tür und Tor geöffnet worden. Die Menschen suchen Ventile für ihre Frustrationen. Das richtet sich meistens gegen Minderheiten. Die Hemmungslosigkeit im Netz scheint noch mehr Barrieren zu nehmen.

Fällt Ihnen auf, ob Juden zum Schutz auf religiöse Symbole und Kleidung verzichten?
Außerhalb der Großstädte haben wir es ja mit assimilierten Juden zu tun. Religiöse Symbole trägt kaum jemand - nicht aus Angst, aber weil die Religiosität einfach nicht da ist. Bei Schmuckstücken wie Davidstern-Ketten sind die Leute schon vorsichtiger - das bietet immer wieder Angriffsfläche. Im Dezember hatten wir einen Künstler aus Slowenien da, der eine Installation in der Synagoge gemacht hat. Währenddessen hat er eine Kippa getragen, dann ist er in den Supermarkt gegangen. Er ist nicht einmal jüdisch. Am Rückweg wurde er wegen der Kippa beschimpft. Er war ziemlich schockiert.

Laut der Antidiskriminierungsstelle gibt es vor allem bei jüngeren Menschen den zweifelhaften Trend, Bilder mit nationalsozialistischen Symbolen zu verschicken. Was kann man dagegen tun?
Wir arbeiten proaktiv mit Schulen und entwickeln gerade ein Konzept für Lehrer. Wir vermitteln weniger die Shoah, weil sie für viele Jugendliche sehr weit weg liegt, sondern eher einen positiven Zugang zum Judentum, zuerst die Kultur und die europäisch-jüdische Geschichte. Das Fremde zu nehmen ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Woher kommt der Antisemitismus heute?
Er kommt aus der Gesellschaft. Der linke Antisemitismus ist nicht vom rechten oder muslimischen zu unterscheiden.

Was würden Sie sich für die jüdische Gemeinde in Graz wünschen?
Ich habe immer gesagt, ich wünsche mir drei Busse voller Juden. Mir wär’s egal, woher sie kommen. Hauptsache, sie nehmen Anteil am Gemeinschaftsleben. HM

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