Sorgerechtsstreit

„Wie soll ich bloß ohne meine Tochter leben?“

Steiermark
19.06.2022 06:00

2013 heiratete eine Steirerin einen US-Amerikaner. 2018 bekamen die beiden eine Tochter. 2021 machte die Frau mit ihr einen Heimaturlaub. Und ihr Mann zeigte sie wegen Kindesentführung an. Jetzt bekam er das Sorgerecht für die Kleine.

Die Sonne schien, es war angenehm warm, Vögel zwitscherten. „Die Welt schien friedlich“, schluchzt Vanessa Y., „als ich mit meiner Tochter spielte.“ Am Vormittag des 8. Juni, in der Weststeiermark; im Garten eines Hauses, „das Freunden von mir gehört“.

Über drei Wochen war die Mutter da bereits mit der vierjährigen Sandy (Name geändert) untergetaucht, „siebenmal hatten wir währenddessen Quartier gewechselt“, in der Panik, von den Behörden ausgeforscht zu werden. „Denn ich ahnte ja, was dann passieren würde ...“

„Sie hatten kein Mitleid mit uns beiden“
Und nun wurden ihre Horrorvorstellungen Realität: Mehrere Männer und Frauen kamen auf das Grundstück, „ich rannte mit meiner Kleinen noch in den ersten Stock und versteckte mich mit ihr in einem Zimmer“, aber bald gelang es Polizisten, die Türe dazu zu öffnen, „und sie entrissen mir meine Tochter“.

„Mama, ich will bei dir bleiben“, habe die Tochter voller Angst geschrien. „Nein, ihr dürft das nicht tun, ihr könnt mir doch nicht mein Kind wegnehmen“, bettelte sie die Beamten an. „Doch mein Flehen war sinnlos.“

Vorläufiges Ende des Sorgerechtsstreits
Wenig später wurde Sandy ihrem Vater übergeben, längst ist er mit ihr in seine Heimat, in die USA, geflogen: „Und ich habe keine Ahnung, wie es ihr geht.“ Denn der Noch-Ehemann der 28-Jährigen – Mike Y. – verweigert ihr, mit dem Mädchen zu telefonieren oder zu skypen. Das ist das – vorläufige – Ende eines Sorgerechtsstreits. Zwischen zwei Menschen, die sich irgendwann einmal geliebt haben.

Zitat Icon

Weinend bettelte ich die Beamten an, mir mein Kind nicht wegzunehmen. Doch all mein Flehen war sinnlos.

Vanessa Y.

Jetzt sitzt Vannesa Y. in einem Raum in der Firma ihrer Eltern in Graz, und sie weint und weint und weint. „Wie soll ich ohne meine Tochter weiterleben?“, fragt sie, und scheint keine Antwort zu erwarten. Zu verfahren die Situation, zu groß die Hoffnungslosigkeit.

In diesem Drama, das, wie sie sagt, „plötzlich über mich hereingebrochen ist“, das „völlig unvorhersehbar“ gewesen sei.

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„2012 hatte ich beschlossen, für ein Jahr nach Los Angeles zu gehen.“ Rasch habe sie dort den um sieben Jahre älteren Mike Y., einen Koch, kennengelernt: „Wir vertrugen uns gut, verliebten uns schließlich ineinander. Ja, ich hatte geglaubt, in ihm einen wunderbaren Partner gefunden zu haben. Weil er sich mir gegenüber so hilfsbereit, so empathisch verhielt. Wirklich, ich dachte, mit ihm mein Glück gefunden zu haben.“ 2013 die Heirat.

Wie ging alles weiter?

„Mike und ich jobbten in der Gastronomie, wir wohnten auf dem Anwesen seiner Mutter, einer reichen Anwältin. In ihrem Gästehaus.“ Das Verhältnis der zwei Frauen zueinander - angespannt. „Weil meine Schwiegermama meinen Mann wie einen kleinen Buben behandelte und er jeden ihrer Befehle befolgte.“ Die Pläne des Paars – nach Texas oder Florida zu ziehen – wurden deshalb immer wieder auf später verschoben: „Noch mehr, nachdem Mike von seiner Mutter ein Lokal geschenkt bekommen hatte.“

Am 28. Jänner 2018, Sandys Geburt: „Sie ist ein Wunschkind gewesen.“ Die Träume der Steirerin, ihr Mann würde in der Vaterrolle aufgehen und selbstständiger werden, hätten sich nicht erfüllt. „Im Gegenteil: Er kümmerte sich irgendwann kaum noch um sein Geschäft, spielte nächtelang Computerspiele. Letztlich ging sein Restaurant in Konkurs. Und er begann, unregelmäßig, als Taxifahrer zu arbeiten.“

Umstände, die zunehmend zu Auseinandersetzungen führten: „Ich kam mit Mikes Laschheit nicht zurecht. ,Wir haben ein Kind, du musst endlich lernen, verantwortungsbewusst zu werden‘ – das versuchte ich ihm einzubläuen.“ Der Mann habe wiederholt versprochen, sich zu ändern: „Aber nichts passierte.“

„Mit Corona eskalierte unsere Situation“
Und dann kam Corona. „Wir schotteten uns total von der Umwelt ab. Ein Zustand, der unsere Probleme noch verschärfte. Was sich auch negativ auf unsere Tochter auswirkte.“ Im Juni 2021 habe das Paar daher den Entschluss gefasst, Urlaub in der Heimat der Frau zu machen.

„Sandy fühlte sich hier sehr wohl. Daher wollte ich mit ihr ein wenig länger in der Steiermark bleiben. Und mein Mann war damit einverstanden.“ Zurück in Los Angeles, zeigte er Vanessa Y. allerdings wegen Kindesentführung an, reichte die Scheidung ein – und beantragte das alleinige Sorgerecht für das Mädchen.

Urteil anerkannt
Das amerikanische Gericht sprach es ihm schnell zu, die österreichische Justiz erkannte das Urteil an, obwohl das Jugendamt dagegen plädierte. Obwohl gegen Mike Y. ein Verfahren wegen Verdacht auf Missbrauch an der Vierjährigen im Laufen ist. „Getrennt von ihrem Papa, hat sie mir über schreckliche Dinge, die er an ihr verbrochen haben soll, berichtet.“ Anschuldigungen, die Mike Y. vehement bestreitet, als Racheaktion der 28-Jährigen bezeichnet.

Die Angst um Sandy sei peinigend, sagt die Mutter wiederum: „Seit sie mir weggenommen wurde, kann ich kaum noch schlafen und essen. Ich will nichts mehr, als in ihrer Nähe zu sein.“ Doch das ist unmöglich; in Amerika gilt sie als Kidnapperin: „Ich käme demnach bei meiner Einreise sofort in Haft.“ Vanessa Y.s Zukunftsperspektive? Schlecht.

Der teure Kampf um Sandy
Anwälte aus Graz und den USA versuchen, ein Aufrollen des Falls zu erwirken; bis es so weit kommt, dürften Jahre vergehen. Außerdem sind Klagen in den USA teuer, 200.000 Euro haben die Eltern der Frau mittlerweile für den Kampf um Sandy ausgegeben: „Unsere Ersparnisse sind damit aufgebraucht.“

Die Familie bittet daher um Spenden. Steiermärkische Sparkasse, Kennwort Sandy: AT04 2081 5000 0169 5139.

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