Haus der Autoren:

Graz als sicherer Hafen für verfolgte Künstler

Steiermark
01.03.2022 06:00

Seit 25 Jahren finden im Cerrini-Schlössl auf dem Grazer Schloßberg politisch verfolgte Künstler ein Exil. Aktuell häufen sich die Anfragen aus der Ukraine. Man versucht jetzt so vielen wie möglich zu helfen.

Drei Wohnungen hat die Kulturvermittlung Steiermark im Cerrini Schlössl auf dem Schloßberg eingerichtet. Sie dienen nicht nur dem aktuellen Stadtschreiber und Kurzzeit-Stipendiaten als Residenz, sondern auch Autoren, die in ihrer Heimat verfolgt werden. Finanziert wird das von Max Aufischer gegründete Haus der Autoren von der Stadt Graz und dem Land Steiermark, das vor einigen Jahren seine Subventionen allerdings empfindlich gekürzt hat. Aktuell gibt es aber Gespräche über eine Erhöhung.

Von 1997 bis heute waren 20 verfolgte Künstlerinnen und Künstler zu Gast in Graz, davon acht aus dem Krisengebiet Ukraine, Belarus, Russland, Georgien und Usbekistan.

Die Leitungen glühen
Seit ein paar Tagen glühen die Leitungen im Büro von Luise Grinschgl von der Kulturvermittlung Steiermark: „Ich bekomme unzählige Anfragen von Künstlern aus der Ukraine, die einen sicheren Hafen suchen“, erzählt sie. Schon seit vielen Jahren ist Grinschgl Herz und Seele des „Artist in Exile“-Programms der Stadt Graz, das politisch verfolgten Künstlern zumindest für eine gewisse Zeit Unterschlupf in der Landeshauptstadt bietet: „Viele von ihnen sind bei uns das erste Mal seit Jahren wieder an einem sicheren Ort. Die Aufenthaltsgenehmigung in Österreich ist wie eine Schutzweste für sie.“

Aktuelle Exilschreiber stammen aus Belarus
Das belarussische Künstlerpaar Julia Cimafiejeva und Alhierd Bacharevic, das seit Dezember 2020 im Grazer Exil ist, sagt etwa: „Wir fühlen uns hier sicher, können endlich in der Früh aufwachen ohne Angst, von der Polizei abgeholt zu werden.“ Von hier aus haben sie aber auch ihren beherzten Kampf gegen das Unrechtssystem in Belarus, das im Krieg mit der Ukraine auf der Seite Russlands kämpft, auf völlig neue Beine gestellt.

Warnung vor Putin schon 2014
Und es ist wohl kein Zufall, dass in den vergangenen Jahren vor allem Künstler aus der ehemaligen Sowjetunion hier Unterschlupf gesucht und gefunden haben, sind es doch meist Künstler, die als eine der ersten die repressiven Tendenzen eines Landes zu spüren bekommen. So berichtete etwa der georgische Autor Zviad Ratiani, der 2018 in Graz war, von den „langen Schatten“ eines kriminellen Systems. Und die ukrainische Autorin Oksana Sabuschko, die 2014 im Grazer Exil war, warnte mit Blick auf den Einfall Putins auf der Krim: „Ich frage mich, ob niemandem bewusst ist, wie nahe und groß die Gefahr ist.“

„Helfen, wo wir können“
Damals wollte diese Anzeichen niemand erkennen - nun sind sie nicht zu übersehen: „Wir versuchen jetzt zu helfen, wo wir können“, sagt Luise Grinschgl. Doch die Frage ist nicht nur, wo man die Künstler, die um Zuflucht bitten, unterbringt: „Zuerst stellt sich die Frage, ob und wie sie überhaupt aus der Ukraine herauskommen.“

Vergebung und Bestrafung
Und Grinschgl zeigt eine ganz aktuelle Nachricht des russischen Autors Sergej Lebedew, der 2016 im Grazer Exil war. Sie zeigt, wie schmerzhaft wichtig der Blickwinkel von Künstlern auch in Zeiten der Krise ist: „Die sowjetischen Verbrechen sind nie bestraft worden, deshalb kehren sie wieder. Es ist zu früh, die Ukrainer um Vergebung zu bitten. Wir werden um Vergebung bitten, nachdem die Kriminellen, die diesen Krieg begannen, bestraft wurden - falls sie bestraft werden.“

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Steiermark



Kostenlose Spiele