Frauenmangel - noch!

Die meisten Meister der Bürger sind Männer

Tirol
19.02.2022 11:30

Frauen sind auf den Bürgermeistersesseln eklatant unterrepräsentiert, Tirol ist gar österreichisches Schlusslicht. Je westlicher, umso verkrusteter sind die historisch gewachsenen Strukturen. Fehlt den Damen der Mut? Die „Krone“ begab sich auf Spurensuche. 

Obwohl die Fasnachten als „letzte Männerdomäne“ heuer nicht stattfinden, werden die Herren der Schöpfung bei einem anderen Großereignis am 27. Februar dominieren: den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen. Anders als bei den Olympischen Spielen in Peking wird der olympische Gedanke „Dabei sein ist alles“ eine untergeordnete Rolle spielen, zumindest was das weibliche Geschlecht angeht.

Aktuell sitzen 201 Frauen auf den 2095 Bürgermeistersesseln Österreichs, das sind 9,6 Prozent. Schaut man in den Westen, so nimmt der ohnehin bescheidene Prozentsatz ab. Tirol ist gar Schlusslicht (siehe Grafik). Nur 17 Chefsessel von 276 sind von Frauen besetzt. Dabei noch das „Aha-Erlebnis“: In den Bezirken Imst und Landeck (54 Gemeinden) gibt‘s – anders als in den übrigen – keine einzige Meisterin der Bürger. Da stellt sich natürlich die Kernfrage: Warum?

„Bekomme noch Post mit sehr geehrter Herr Bürgermeister“
Frauenfreundlicher ist der Bezirk Reutte. In den 37 Gemeinden schwingen zurzeit drei Frauen das Dorfzepter. Eine davon ist Beate Reichl. Sie leitet seit zwölf Jahren die Geschicke von Heiterwang. Die damalige Bezirksoberschützenmeisterin war im Alter von 50 Jahren Quereinsteigerin in die Kommunalpolitik und gewann die Wahl 2010 gegen einen männlichen Mitbewerber klar.

„Ich leite auch noch die ansässige Volksschule, das ist zeitlich aber kein Problem“, sagt die selbstbewusste 62-Jährige, die manchmal noch Post mit „sehr geehrter Herr Bürgermeister“ bekommt. Reichl räumt allerdings ein, dass das Amt für Frauen aus familiärer Sicht sicher schwieriger ist als für Männer. „Wegen der Kinder“, wie sie sagt, „und der Ehemann muss es akzeptieren“. Darüber hinaus würde den Frauen auch oft der Mut für das Amt fehlen.

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Du kannst den Männern mehr sagen und Frauen sind in der Streitschlichtung besser.

Beate Reichl

Akzeptanzprobleme habe sie nie verspürt, Vorteile hingegen schon: „Du kannst den Männern mehr sagen und Frauen sind in der Streitschlichtung besser.“ Das Wichtigste sei sowieso ein gutes Team. Die gute Stimmung im Gemeinderat würde die 99-prozentige Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung zeigen. Sie bereue den Weg nicht, sie tritt aber aus familiären Gründen nicht mehr an.

„Es ist ein ganz toller Beruf“
Karina Konrad ist seit 2016 Bürgermeisterin von Jungholz. „Es ist ein ganz toller Beruf“, sagt die Oberste der Enklave, „du brauchst allerdings ein breites Kreuz“. Dass den Job eher wenige Frauen als „ganz toll“ sehen, ist für Konrad auch eine Folge der Politikverdrossenheit und des mangelnden Selbstbewusstseins, dieses Amt zu bekleiden. „Ohne Mama in der Nachbarschaft ginge es allerdings nicht“, sagt die Mutter eines dreijährigen Kindes. Und die gelernte Bankerin, die mangels Mitbewerber weitere sechs Jahre im Amt bleibt, freut sich über den bereits fixen Zuwachs an Kolleginnen.

Sternstunde im Bezirk Imst
Nur einen Steinwurf entfernt sitzt Schattwalds „Chefin“ Waltraud Zobl-Wiedemann mit einer absoluten Mehrheit fest im Sattel. Die „Bürgermeisterin aus Leidenschaft“ möchte auch nach dieser Wahl „weiterreiten“. „Frauen überlegen oft zu lange“, sagt die Mutter von zwei kleinen Kindern, „und ohne Oma und Opa ginge es nicht“.

Und ohne Frauen in den Bezirken Imst und Landeck? In Karrösten wird am 27. Feber eine historische Stunde schlagen, denn dies ist Tag 1 für Petra Singer, die erste Bürgermeisterin der Bezirksgeschichte. Sie hat keinen Mitbewerber. Im westlichsten Bezirk, in Landeck, ticken die Uhren noch konservativer. Die Pfundserin Melanie Zerlauth ist die einzige Frau, die auch „Chefin“ werden möchte.

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