Sozialmärkte beliebt

Das harte Leben an der Grenze zur Armut

Oberösterreich
23.01.2022 09:00

Waren es vor zwanzig Jahren noch hauptsächlich Pensionisten, zeigt sich nun, dass das Geld überall fehlt. Alleinerziehende Mütter, Studierende oder Personen mit Migrationshintergrund, beim „Krone“-Lokalaugenschein am Samstagmorgen im Sozialmarkt (SOMA) in der Linzer Wiener Straße waren alle Schichten vertreten. „Seit Corona kommen zusätzliche Kunden zu uns. Wir sprechen eine viel breitere Schicht an. Das Geld wird für alle knapper“, weiß Obmann Gerhard Steiner. Sozialmärkte sind für all jene gedacht, die an der Grenze zur Armut leben.

„Alles wird teurer, wenn es solche Märkte nicht geben würde, wäre es für mich nicht machbar. Miete und Strom abgezogen, bleiben mir im Monat 150 Euro zum Leben“, schildert Pensionist Rodnay. Dreimal in der Woche kommt der 74-Jährige in den SOMA: „Man braucht Essen zum Überleben!“ Steigen Mieten und Strom weiter, hat der frühere Englischlehrer für Berufsschüler bald noch weniger Geld zum Einkaufen.

Ware zum symbolischen Wert
In den Sozialmärkten kann man in der Woche um 30 Euro einkaufen. „Das klingt am Anfang nach wenig. Wir verkaufen jedoch alles zu einem symbolischen Wert. Die Produkte kosten maximal ein Drittel vom Preis im Supermarkt. Aber Vorsicht, wir haben kein Vollsortiment“, erklärt Steiner. Dafür gibt es auch jetzt noch Produkte wie Adventkalender oder Schokoladen-Nikoläuse. Oder auch welche, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, aber noch genießbar sind. Bereits für zehn Cent bekommt man zahlreiche Produkte. Besonders beliebt sind Obst, Gemüse, Milchprodukte, Wurst, Tee, Gewürze, Tiefkühlkost, Brot und Gebäck.

SOMA-Restaurant als sozialer Treffpunkt
„Ich gehe aus zwei Gründen regelmäßig in den Sozialmarkt. Einerseits, weil ich ein niedriges Einkommen habe und andererseits, damit wir Lebensmittel nicht verschwenden. Man merkt einfach, dass das tägliche Essen immer teurer werden. Hier gibt es eine große Auswahl und die Produkte sind genauso gut“, sagt Studentin und alleinerziehende Mama Julia. Rund 200 Euro hat die 29-Jährige im Monat für Einkäufe auf der Seite, der Rest geht für Miete, Strom und Kindergarten drauf.

„Neben Kind und Studium, habe ich keine Zeit um auch noch arbeiten zu gehen. Ich bin aber demnächst fertig und hoffe, dass es dann mit einem guten Job klappt“, blickt die junge Mama nach vorne, während sich der kleine Noah eine Schokolade aus dem Regal aussucht. „Ich habe fünf Euro von meiner Mama bekommen, darf mir heute auch was kaufen“, lächelt der Sechsjährige über das ganze Gesicht.

SOMA-Restaurant als sozialer Treffpunkt
Einen Stock höher im SOMA-Restaurant herrscht am Samstag gegen 9 Uhr reges Treiben. Frühstück und eine Hühnersuppe stehen am Samstag auf der Speisekarte. Unter der Woche gibt es hier für 50 Cent ein dreigängiges Mittagsmenü. Auch Stammkunde Rodnay stärkt sich nach seinem Wochenendeinkauf mit einer warmen Suppe. „Gerade jetzt merken wir, dass das Restaurant besonders wichtig ist. Man hat einen gewärmten Raum, kann sich hinsetzen und findet immer jemanden zum Reden“, schildert Steiner.

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Es trifft jetzt immer mehr Oberösterreicher, die an der Armutsgrenze leben müssen. Diese verschiebt sich immer mehr Richtung Mittelschicht.

Gerhard Steiner, Obmann SOMA

Preis für Warenkorb wird steigen
Ehe er von einer netten Pensionisten unterbrochen wird, die einfach nur plaudern will. „Genau das meine ich. Es geht um einen Kontaktaustausch. Darum, sich gegenseitig aufzufangen“, schildert der Obmann mit Sorgenfalten: „Der Preis für einen Warenkorb wird immer weiter steigen. Der tägliche Einkauf wird immer teurer. Und wegen hoher Miete und Stromkosten fehlt das Geld schließlich für Lebensmittel.“ Und besonders treffen wird es jene, die sowieso schon wenig haben

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