Theater im Bahnhof

steirischer herbst: Ein Finale auf dem Flohmarkt

(Bild: Johannes Gellner)

Willkommen im Vorabendprogramm. Zur besten Wohlfühl-Sendezeit lud das Theater im Bahnhof am Sonntag zur Gala „Bares für Wahres“ in der List-Halle. Wer bei dieser Abschlussveranstaltung des steirischen herbst an beliebte TV-Formate denken musste, lag nicht ganz falsch. Auch hier wurde um Flohmarktfunde gefeilscht, doch im Mittelpunkt stand nicht (nur) das Geld.

Schon seit Samstag hatte sich das Theater im Bahnhof in der List-Halle eingenistet und dort einen Flohmarkt veranstaltet. Besucher konnten sich durch ganze Leben wühlen und um die schönsten Erinnerungsstücke feilschen. Bewertet wurden diese aber nicht nur nach ihrem monetären Wert, sondern auch anhand der Geschichten, die dahinter stecken.

Das Publikum als Händler
Nur die besten Fundstücke und deren Besitzer (das TIB-Ensemble fungierte als deren Repräsentanten) lud Rupert Lehofer als Moderatorenlegende in seine Vorabend-Show. Das Publikum durfte in die Rolle der Händler schlüpfen und um die schönsten Objekte und Geschichten mitbieten.

Juliette Eröd in ihrer Familen-Aufstellung aus Sperrmüll

(Bild: Johannes Gellner)

Sehr humorvoll und voller smarter Seitenhiebe auf die aktuelle politische Lage umkreiste diese „Bares für Rares“-Persiflage wichtige gesellschaftliche Fragen: Wie verschwenderisch leben wir? Wie gehen wir mit unserer Geschichte um? Welchen Wert haben unsere Erinnerungen? Und wie „wahr“ sind die Geschichten eigentlich, die wir uns erzählen, um an Geld zu kommen.

Ein Ausflug nach Ungarn
Doch letztlich ist „Bares für Wahres“ mehr als nur eine gelungene TV-Persiflage. Grund dafür ist ein dokumentarischer Ausflug nach Ungarn. Von dort stammen nicht nur die Vorfahren von Ensemblemitglied Juliette Eröd, die die (tragische) Geschichte ihrer Familie anhand von Sperrmüll erzählt. Sondern in Ungarn gibt es auch eine Region, die vom Handel mit dem Sperrmüll des reichen Westens lebt.

Die beiden ungarischen Aspekte verleihen diesem Flohmarkt der Wertigkeiten eine Ebene der Dringlichkeit, die so mancher anderen herbst-Produktion heuer gefehlt hat.