„Keine IS-Verbindung“

US-Drohnenangriff in Kabul traf Großfamilie

Ausland
30.08.2021 16:15

Nachdem die USA mit einer Drohne in Kabul ein Fahrzeug beschossen hatten, in dem sich laut US-Angaben Attentäter mit Sprengstoff befanden, erheben nun Nachbarn und Familienangehörige der zivilen Opfer schwere Vorwürfe. Denn bei dem Angriff seien zehn Personen, darunter sieben Kinder, getötet worden. „Sie hatten nichts mit dem IS oder den Taliban zu tun“, so der Bruder des ältesten Getöteten (40), dessen drei Kinder ebenfalls ums Leben kamen. Vielmehr habe sein Bruder für eine US-Organisation gearbeitet.

Die USA hatten den Drohnenangriff damit gerechtfertigt, dass es sich bei dem Zielobjekt um Attentäter gehandelt habe: „Es waren mehrere Selbstmordattentäter, entweder mit Sprengstoffwesten oder mit einer Autobombe“, sagte Captain Bill Urban von United States Central Command am Sonntagabend. Die US-Drohne habe das Ziel zwar getroffen, durch den Sprengstoff sei es aber zu „sekundären Explosionen“ gekommen, die möglicherweise zu den zivilen Opfern geführt hatten: „Wir bedauern jeden Verlust eines unschuldigen Lebens.“

Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren getötet
Am Montag fanden sich zahlreiche Nachbarn und Familienangehörige am Ort des Geschehens ein. Sie erhoben gegenüber zwei Korrespondenten der „Los Angeles Times“ schwere Vorwürfe. Denn laut ihrer Darstellung habe es „nur einen langen, lauten Knall“ gegeben: „Das ganze Haus hat gewackelt.“ Bei dem Vorfall kamen demnach Ezmari Ahmadi, drei seiner Kinder sowie vier weitere junge Verwandte ums Leben - alle zwischen zwei und zwölf Jahren alt. Ein ebenfalls getöteter Neffe (25) hätte in Kürze heiraten sollen.

Der Familienvater selbst arbeitete für eine US-Charity-Organisation, nämlich Nutrition & Education International, als Techniker, berichtete die „Los Angeles Times“. Ahmadi besaß ein Visum, das ihm erlaubt hätte, Afghanistan mit seiner Familie zu verlassen. Auch sein Neffe, der 25-jährige Nasser, arbeitete laut Angaben der Familie für die Amerikaner. Er war als Sicherheitsmitarbeiter bei der US-Botschaft in Kabul tätig, bevor er in die afghanische Armee eintrat. 

„Wir haben nichts mit dem IS oder den Taliban zu tun“
Ezmari Ahmadis anderer Bruder Ramal war in seinem Zimmer, als die Explosion den Toyota Corolla in der Einfahrt zerstörte. Er verlor drei seiner Kinder und schildert unter Tränen: „Es war alles voller Rauch. Die Nachbarn sind mit Wasser gekommen und haben uns geholfen zu löschen. Ich will, dass Joe Biden das weiß: Wir haben nichts mit dem IS oder den Taliban zu tun!“ Ein Kollege des getöteten Ahmadi ergänzt: „Wir haben mittlerweile vor den Drohnen der Amerikaner mehr Angst als vor den Taliban. Ein Knall und du bist tot.“

IS bekannte sich zu Raketenangriff auf Flughafen
Am Montag waren erneut Raketen in Kabul abgeschossen worden. Bis zu fünf Raketen wurden laut US-Regierungsangaben in der Früh auf den Airport abgefeuert. Sie seien aber von einem Raketenabwehrsystem abgefangen worden. Der IS erklärte via Telegram-App, für den Raketenangriff verantwortlich zu sein. Unter den Amerikanern gab es keine Opfer. Ob es in Kabul selbst Verletzte oder Tote gab, ist unklar. 

Evakuierung in den letzten Zügen
Im Zuge der Evakuierungsmission am Flughafen in Kabul brachten die USA zuletzt innerhalb von 24 Stunden rund 1200 Menschen in 26 Flugzeugen des US-Militärs außer Landes. Seit dem Start der Mission Mitte August seien insgesamt rund 116.700 Menschen aus Afghanistan evakuiert worden, teilte das Weiße Haus am Montag in Washington mit. Am Dienstag sollen die letzten US-Soldaten aus dem Land abgezogen werden.

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