Nazi-Straßen

„Historiker sind sehr irritiert über das Vorgehen“

Salzburg
19.06.2021 06:00
Straßen, die Namenspaten mit NS-Vergangenheit ehren, umbenennen? Oder doch nur Erläuterungstafeln anbringen? Zwei Tage, nachdem Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) verkündet hat, auch nach Erscheinen des Historikerberichts keine Straßen umbenennen zu wollen, und einen eigenen Historiker eingesetzt hat, gehen die Wogen hoch – auch wegen der Vorgehensweise.

„Wenn ich Straßennamen einfach streiche, sind sie weg.“ Damit ließ Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner ordentlich aufhorchen: Auch nachdem der gut 1100 Seiten starke Abschlussbericht zu NS-belasteten Straßen veröffentlicht worden ist, will er von Umbenennungen nichts wissen. Er beauftragte nun Historiker Robert Kriechbaumer - der nicht in der Kommission saß - im Lauf des Sommers zum Umgang mit den Straßen eine Empfehlung abzugeben.

Insgesamt 13 Namenspaten werden in dem Bericht in der Kategorie 3 angeführt, das bedeutet eine gravierende NS-Verstrickung und Handlungsbedarf für die Stadtpolitik. Unter den Namen finden sich etwa auch Konstrukteur Ferdinand Porsche, Volksmusiker Tobias Reiser oder Festspiel-Mitbegründer Heinrich Damisch. Und das lässt politisch die Wogen ordentlich hochgehen – auch wegen der Vorgehensweise, einen neuen Historiker einzusetzen. „Fraglich ist, auf welcher Beschlusslage der Bürgermeister den Historiker bestellt hat. Wir haben vor drei Jahren im Gemeinderat die Vorgehensweise festgelegt“, sagt Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ). Er sei „überrascht über den Vorstoß Preuners“.

„Die Historiker sind sehr irritiert über das Vorgehen“, sagt Auinger, der im Herbst dennoch einen Amtsbericht zu etwaigen Umbenennungen und Erläuterungstafeln vorlegen will. „Vorher werden wir Gespräche mit den Parteien führen. Wir wollen nichts ausarbeiten, was keine Zustimmung findet“, sagt Auinger.

Ähnlich sieht die Lage auch Stadträtin Martina Berthold (Bürgerliste): Sie halte nichts davon, dass „Preuner als Nicht-Historiker“ nun einen weiteren Experten zu Rate zieht, und fordert, dass alle 13 Straßen umbenannt werden – die neuen Namenspaten sollen allesamt Frauen sein. „Wir müssen uns unserer Verantwortung bewusst werden“, sagt Berthold.

Stadtchef Preuner sieht das naturgemäß anders – Geschichte dürfe nicht verdrängt werden. „Auch die nächsten Generationen müssen die Namen kennen“, sagt Preuner. Erläuterungstafeln sollen über das Leben der Namensgeber aufklären – immerhin habe die Kommission nicht nur Umbenennungen als Option im Umgang mit den Straßen vorgeschlagen. Die Beschlusslage habe er nicht verletzt. „Das war ein privates Gespräch mit dem Historiker, ich habe einen Experten um seine Meinung gebeten“, sagt Preuner, der die Arbeit der Kommission „schätze“.

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