„Risiko für alle“

Intensivmediziner: Keine Entlastung in Sicht

Österreich
12.04.2021 11:58

Besonders in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland ist die Situation auf den Intensivstationen wegen der vielen Corona-Patienten weiterhin angespannt. Laut aktuellen Prognosen sei für die kommenden Wochen keine Entlastung in Sicht. „Das stellt uns weiterhin vor große Probleme“, betonte Klaus Markstaller von der Intensivmedizin-Gesellschaft ÖGARI am Montag. Österreichweit werden derzeit 611 Covid-Patienten intensivmedizinisch betreut, doppelt so viele wie Anfang März.

Die Infektionszahlen gehen zwar leicht zurück, aber die Lage in den Spitälern ist ernst: In Wien hat sich seit Anfang März die Zahl der Covid-Intensivpatienten fast verdreifacht und liegt um fast 50 Prozent über dem Spitzenwert der zweiten Welle Ende November, berichtete die ÖGARI in einer Aussendung. Auch in Niederösterreich und dem Burgenland wurden die damaligen Spitzenwerte zuletzt überschritten, nicht hingegen in den anderen Bundesländern. Diese betonten jedoch eine Bereitschaft zur Übernahme von Patienten.

Auch andere Bereiche bei Überlastung betroffen
„Eine Überforderung der Intensivversorgung durch die Covid-19-bedingte Zusatzbelastung kann zum Risiko für alle werden, weil über die Intensivstationen hinaus zahlreiche andere Bereiche der Gesundheitsversorgung betroffen sind“, erläuterte Markstaller. Die komplexen Auswirkungen würden laut dem Wiener AKH-Mediziner oft unterschätzt. Bei zu vollen Intensivstationen müssen teils große Operationen verschoben werden, bei denen nach dem Eingriff ein Intensivbett benötigt würde. Zudem muss auf überlasteten Intensivstationen Personal aus anderen Bereichen eingesetzt werden, das auch für kleinere Eingriffe fehlt, die dann ebenfalls verschoben werden müssen.

„Unsere Intensivstationen sind regelmäßig, ganz ohne zusätzliche Belastungen wie die Pandemie oder zum Beispiel Katastrophen oder Großunfälle, zu 75 bis 90 Prozent belegt“, warnte ÖGARI-Präsident Walter Hasibeder vom Krankenhaus St. Vinzenz in Zams. Sind zehn bis maximal 15 Prozent aller Intensivbetten einer Region zusätzlich belegt, ist das kein Problem. „Bei bis zu 30 Prozent zusätzlicher Belegung durch Covid-19-Patientinnen und -Patienten müssen Maßnahmen zur Ressourcenentlastung ergriffen werden, zum Beispiel Überstunden oder das Verschieben bestimmter zwar wichtiger, aber nicht dringender Eingriffe.“

Ab 30 Prozent Zusatzbelegung werden Krebs-OPs verschoben
Bei 30 bis 50 Prozent Zusatzbelegung kommt es zur Selektion: Es müssen auch wichtige Eingriffe verschoben werden, die nicht akut lebensnotwendig sind, zum Beispiel Krebs-OPs. Oder Vorsorgeangebote in der Kardiologie oder anderen Bereichen können nicht mehr voll gewährleistet werden. Das alles könne zu gesundheitlichen Verschlechterungen für Betroffene führen, betonte Hasibeder. „Ab einer 50-prozentigen Belegung der Intensivkapazitäten durch Covid-19 Patientinnen und -patienten oder andere Zusatzbelastungen kommt es schließlich zur viel zitierten ,Triage‘ und einem Kollaps des Systems, wie wir das aus der frühen Pandemiephase zum Beispiel aus Bergamo kennen.“ Umso wichtiger ist es laut Hasibeder, die Infektionszahlen und damit auch Intensivzahlen nachhaltig zu senken, um eine angemessene Gesundheitsversorgung für alle sicherstellen zu können.

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