Muss man impfen?

Arbeitsrecht: Viele Fragen rund ums „Jaukerl“

Steiermark
13.01.2021 07:00

100.000 Anfragen gingen seit Beginn der Covid-Zeiten bei der steirischen Arbeiterkammer ein. Aktuell geht es vor allem um Impfungen und die Rechtslage, sollte der Chef ein „Jaukerl“ verlangen. Wolfgang Nagelschmied, Leiter der Abteilung Arbeitsrecht, hat alle Antworten.

Werden derzeit viele rechtliche Anfragen an die Arbeiterkammer gestellt - und wer stellt diese?

Sehr viele. Nicht nur von solchen, die die Impfung selbst kritisch sehen, sondern auch von Menschen, die sich generell nicht zu einem Eingriff an ihrem Körper zwingen lassen wollen. Und Arbeitnehmer, wo der Chef ankündigt, dass sie sich impfen lassen müssen.

Wie sind da die rechtlichen Bestimmungen?

Verfassungs- und arbeitsrechtlich ist das eindeutig: Man kann weder von der Regierung noch vom Arbeitgeber zu einer Impfung gezwungen werden.

Darf dann der Dienstgeber aber den Zutritt zum Arbeitsplatz verweigern, kündigen oder die Lohnzahlung einstellen?

Für eine Entlassung fehlt schon einmal die schuldhafte Handlung, eine Kündigung wegen einer Impfung wäre aus meiner Sicht ebenso anfechtbar, schon allein aus Gründen der Sittenwidrigkeit. Selbst ins Homeoffice kann der Dienstgeber den Arbeitnehmer nicht ohne dessen Einwilligung schicken, weil das eine Vereinbarung zwischen den beiden voraussetzt. Der Chef kann den Dienstnehmer zwar freistellen, muss ihm den Lohn aber weiterbezahlen. Man hat kein Recht auf Arbeit - außer ganz gewisse Berufsgruppen -, aber das Recht auf die Zahlung.

Und wenn ein Gesetz dazu kommt?

Dann könnte der Einzelne die Impfung immer noch verweigern. Würde er dann eine Verwaltungsstrafe ausfassen, könnte der Bescheid dazu bis zum Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof bekämpft werden. Eine Impfung ohne ausdrückliche Einwilligung fällt in die Kategorie Körperverletzung.

Was ist aber mit indirekter Impfpflicht, etwa falls man ein Fußballstadion oder ein Lokal nicht betreten dürfte?

Dazu gibt es zur Zeit sowieso noch kein Gesetz, ist im Moment also nicht möglich. Verlangt es dennoch jemand und beruft sich auf das Hausrecht, halte ich das für juristisch problematisch.

Wenn ein Impfgegner Hausverbot bekäme, muss er das so hinnehmen?

Bedingt. Wenn man mir aufgrund des Hausrechts Eintritt verwehrt, obwohl ich für eine Leistung schon bezahlt habe - wie etwa eine für eine Jahreskarte - könnte man versuchen, den entstandenen Schaden einzuklagen. Grundsätzlich gilt: So etwas wurde bei uns noch nie durchjudiziert, das wird sich alles erst zeigen.

Wie hat sich die Zahl der Rechtsanfragen bei der Arbeiterkammer seit Corona verändert?

In einem durchschnittlichen Jahr hat mein Team von 40 Leuten an die 8000 schriftliche Anfragen im Jahr. Seit letztem Mai waren es fast 20.000. Und dazu noch 80.000 mündliche.

Wie Betriebe das Thema handhaben

Wir haben dazu noch in einigen steirischen Betrieben nachgefragt, wie das gehandhabt wird:

„Erster Chef macht Ernst“, titelte die Bild-Zeitung vor wenigen Tagen. Ein Zahnarzt aus Bayern rief nämlich für seine Mitarbeiter eine Impfpflicht aus. In der Steiermark wäre dies aus rechtlicher Sicht (siehe oben) problematisch - dementsprechend kann hierzulande von einer Pflicht zur Impfung keine Rede sein, wie der „Krone"-Rundruf ergab.

„Ich kann meinen Mitarbeitern nichts vorschreiben, das müsste schon die Politik machen“, sagt etwa Martin Wäg, Chef des Traditions-Kaufhauses Kastner & Öhler. Er selbst wird sich impfen lassen. “Schon aus Verpflichtung gegenüber Mitmenschen. Für mich überwiegen die Vorteile einer Impfung klar - und diese Meinung werde ich auch im Unternehmen vertreten.“

Eine Impf-Empfehlung gibt es auch für die insgesamt rund 10.000 Magna-Mitarbeiter in der Steiermark. „Wir befürworten die Corona-Schutzimpfung, wie wir auch andere Impfungen, welche für Auslandsreisen benötigt werden, empfehlen“, heißt es aus der Europazentrale in Frankfurt.

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"Unser Personal ist vom Fach und kann sein Handeln selbst beurteilen"

Kages-Unternehmenssprecher Reinhard Marczik

Bei der Kages mit 18.000 Mitarbeitern (von denen ein Großteil, nämlich 14.000, patientennah arbeitet) ist Impflicht derzeit laut Sprecher Reinhard Marczik „kein Thema. Wir richten uns da nach der Politik, die unsere Eigentümervertretung ist. Aber: “Unser Personal ist vom Fach und kann sein Handeln selbst beurteilen. Derzeit ist die Nachfrage größer als das Angebot an Dosen." 700 wurden bislang verspritzt.

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