Computeranalyse zeigt:

Versammlungsverbot wirksamste Corona-Maßnahme

Wissenschaft
18.12.2020 13:17

Ein Versammlungsverbot für mehr als zehn Personen sowie die Schließung von Schulen und Hochschulen waren von Jänner bis Mai dieses Jahres wohl die effektivsten Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. Das ist zusammengefasst das Ergebnis einer umfangreichen Studie, bei der mittels Computermodell die Beziehung einzelner Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19, wie sie in 34 europäischen und sieben nicht-europäischen Ländern - unter anderem auch in Österreich - ergriffen worden sind, zueinander in Beziehung gesetzt wurde.

Die Effektivität maßen die Forscher um Jan Brauner von der University of Oxford in Großbritannien über die Verringerung der Reproduktionszahl R, die ohne staatliche Eingriffe bei 3,3 lag. Dabei zeigte sich, dass die Schließung aller Geschäfte außer den lebensnotwendigen nur einen mäßigen Effekt hatte, die Vorschrift, zu Hause zu bleiben, sogar nur einen geringen.

Dass die einzelnen Maßnahmen in den verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschlossen wurden, half den Forschern, den Effekt der einzelnen Vorschriften zu berechnen. „Wenn alle Länder am selben Tag die gleichen nicht-pharmazeutischen Eingriffe vornehmen würden, wäre die individuelle Wirkung jedes nicht-pharmazeutischen Eingriffs nicht erkennbar“, schreiben die Studienautoren. Weil Schulen und Hochschulen in fast allen Ländern zur selben Zeit geschlossen wurden, konnte der Effekt dieser Maßnahmen nicht einzeln berechnet werden, sondern nur als Zusatzeffekt.

Große Unterschiede zwischen den Ländern
Als „sehr effektiv“ bezeichnen Brauner und Kollegen eine Maßnahme, wenn der errechnete Medianwert für die Verringerung der Reproduktionszahl bei über 35 Prozent liegt. Dies ist beim Versammlungsverbot für mehr als zehn Personen und der Schließung der Schulen und Hochschulen der Fall. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern. Dies führt dazu, dass der Effekt beim Versammlungsverbot im Bereich von 17 bis 60 Prozent liegt, bei der Schul- und Hochschulschließung im Bereich von 16 bis 54 Prozent.

Mäßige Effekte ergaben sich aus den Versammlungsverboten für mehr als 100 Personen (34 Prozent) und mehr als 1000 Personen (23 Prozent). Gleiches gilt für das Schließen von Einrichtungen, die hinsichtlich der Pandemie als risikoreich gelten, wie Restaurants, Nachtclubs, Kinos und Fitnessstudios (18 Prozent). Etwas effektiver war das Öffnungsverbot für alle außer den lebensnotwendigen Geschäften (27 Prozent). Der Effekt der Vorgabe, das Haus nur für wenige erlaubte Tätigkeiten zu verlassen, konnte nicht einzeln ermittelt werden. Als zusätzliche Maßnahme zu den anderen genannten lag ihr Effekt bei nur 13 Prozent.

Unterschiedliche Erkenntnisse zu Schulschließungen
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité nennt bei Twitter eine wichtige Erkenntnis aus der Studie: „Starker Effekt von Schulschließungen“. Er verweist aber zugleich darauf, dass andere Studien keine Effekte von Schulschließungen finden. Die Autoren der Studie geben zu bedenken, dass die Unsicherheiten bei ihrer Modellierung nicht gering sind, aber sie schreiben: „Während die genauen Effektivitätsschätzungen mit den Modellannahmen variieren, sind die allgemeinen Schlussfolgerungen unter 206 experimentellen Bedingungen in elf Sensitivitätsanalysen weitgehend stabil.“

Zu ähnlichen Ergebnissen kam bereits im Juli eine Analyse österreichischer Forscher um Studienleiter Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien. Das Team identifizierte in seiner Untersuchung der Wirkung von mehr als 4500 staatlichen Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus das Social Distancing und die Schließung von Bildungseinrichtungen als die wahrscheinlich wirksamsten Maßnahmen, betonte aber die Wichtigkeit einer geschickten Mischung an Maßnahmen.

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