Peruanische Ikone
Mario Vargas Llosa erhält Literatur-Nobelpreis 2010
Vargas Llosa, geboren am 28. März 1936 in Arequipa, wuchs in einer bürgerlichen Familie auf. Schon während seiner Studienzeit in Lima und Madrid begann er für Zeitschriften und Zeitungen zu arbeiten und veröffentlichte erste Erzählungen. Vargas Llosa promovierte über den bisher letzten Literatur-Nobelpreisträger aus Südamerika, Gabriel Maria Marquez, der die Auszeichnung 1982 erhielt. 1963 erschien sein erster Roman, "La ciudad y los perros" (dt. "Die Stadt und die Hunde"), in dem er seine Erfahrungen in einer Kadettenanstalt in Lima verarbeitete und sich mit autoritären Systemen beschäftigte. Er sollte seinen Weltruhm begründen.
Nomadenleben zwischen Europa, Nord- und Südamerika
Im Grunde führte Vargas Llosa ein Nomadenleben, verbrachte er doch die Hälfte seines Erwachsenenlebens in Europa und Nordamerika und bewohnte nach eigenen Angaben mehr als 40 Häuser. Nur drei Romane handeln aber nicht von seiner peruanischen Heimat: "Der Krieg am Ende der Welt" sowie "La Fiesta del Chivo" (Das Fest des Ziegenbocks) und "El Paraiso en la otra esquina" (Das Paradies ist anderswo).
Der Autor, der 1993 auch die spanische Staatsbürgerschaft erhielt und ein Jahr darauf Mitglied der Königlichen Spanischen Akademie wurde, beschäftigt sich in seinen Werken immer wieder mit Machtstrukturen und den gesellschaftlichen Verhältnissen seines Heimatlandes und Lateinamerikas. Die neunjährige Ehe mit seiner Tante Julia Urquidi, die er im Alter von 18 Jahren heiratete, verarbeitete der Schriftsteller im Roman "Tante Julia und der Kunstschreiber".
Auch die Politik ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Biografie: Er entwickelte sich von einem ursprünglich linken Rebellen unter dem Eindruck von zwei linken Diktaturen in seiner Heimat in Richtung bürgerliche, liberale Mitte. 1989 bewarb er sich als Kandidat der oppositionellen Frente Democratico für die peruanischen Präsidentschaftswahlen, unterlag aber 1990 im zweiten Wahlgang. Danach ließen seine politischen Aktivitäten etwas nach. In einem Artikel für "Die Zeit" schrieb er einmal, dass er nicht an den Weltfrieden glaube. "Immer wenn die Menschen das Paradies suchten, fanden sie die Hölle", heißt es dort aus der Feder des Irak-Krieg-Befürworters.
Kritik an Fidel Castro, Hugo Chavez und Nestor Kirchner
2006 kommentierte Vargas Llosa erneut das politische Geschehen in seiner Heimat und zeigte sich über die guten Umfragewerte des damaligen links-nationalistischen Präsidentschaftskandidaten Ollanta Humala bestürzt. Auch mit Kritik an Fidel Castro oder Hugo Chavez sparte er nicht und bezeichnete etwa den ehemaligen argentinischen Präsidenten Nestor Kirchner als "unangenehme" Person mit einem "gestörten Verhältnis zur Demokratie".
Ein Jahr zuvor war ihm der Ehrendoktortitel der Berliner Humboldt-Universität verliehen worden, zu dessen Anlass er sich als Südamerikaner mit ganzer Seele bezeichnete, der sich in Europa zu Hause fühle. Des Weiteren war er als Gastprofessor in Washington, Puerto Rico, London, New York und Cambridge tätig. Zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen zählen neben seinem Debüt auch "Die grüne Stadt", "Das Fest des Ziegenbocks" und "Das böse Mädchen".
Sein jüngstes auf Deutsch erschienenes Werk ist "Die Welt des Juan Carlos Oentti", das er im Juli vergangenen Jahres in Frankfurt vorstellte. Im November soll sein neuer Roman "El sueno del celta" (Der Traum des Kelten) erscheinen. Heute lebt Mario Vargas Llosa mit seiner Frau Patricia, die er 1965 heiratete, in London, Paris, Madrid und Lima.
Vargas Llosa "sehr gerührt und begeistert"
Llosa habe "sehr gerührt und begeistert" auf die Zuerkennung des Literaturnobelpreises reagiert, berichtete der Chef der schwedischen Nobel-Jury, Peter Englund, nach der Bekanntgabe der Entscheidung am Donnerstag. Llosa hält sich in New York auf, wo er an der Princeton-Universität lehrt. "Er war schon um fünf Uhr aufgestanden, um sich auf eine Vorlesung vorzubereiten. Unseren Anruf bekam er um viertel vor sieben - da war er schon kräftig am Arbeiten", berichtete Englund. Llosa habe angekündigt, dass er zur Preisverleihung am 10. Dezember nach Stockholm kommen wolle.
Reich-Ranicki: "Ein sehr guter Schriftsteller"
Der einflussreichste deutschsprachige Literaturkritiker, Marcel Reich-Ranicki, hält die Verleihung des Preises an Vargas Llosa für "eine sehr gute Entscheidung": "Vargas Llosa ist ein Schriftsteller mit Fantasie und Realismus, mit Gefühl für die Figuren. Und er ist sehr gut lesbar." Die Nachricht habe ihn "sehr erfreut". Im Gegensatz zu früheren Jahren sei dieses Votum der Stockholmer Jury "gar nicht so dumm". Häufig sei in den vergangen Jahren der Preis an Autoren verliehen worden, die diese Ehre gar nicht verdienten. In diesem Jahr sei das anders: "Vargas Llosa ist ein guter Schriftsteller, ein sehr guter." Er selbst habe den peruanischen Autor mehrmals getroffen und auch persönlich schätzen gelernt, sagte der Kritiker.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.