Nach dem ersten Schock der Corona-Krise fährt Österreich langsam wieder hoch. Die Angst vor einer zweiten Welle und einem erneuten Anstieg der Covid-19-Erkrankungen ist aber nach wie vor präsent. Katia Wagner hat sich in #brennpunkt gemeinsam mit ihren Gästen - Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bildungsexperte Andreas Salcher, AK-Präsidentin Renate Anderl, „Krone“-Wirtschaftsexperte und stellvertretender Chefredakteur Georg Wailand und der Infektiologe Franz Allerberger (AGES) - die Frage gestellt, wie man unser Land erfolgreich in die Normalität zurückführen kann.
Rückblickend auf den Beginn der Krise und das starke exponentielle Wachstum der Infektionen in dieser Zeit ist der Bundeskanzler überzeugt davon, dass Österreich richtig gehandelt hat: „Die Zahlen in Europa sind damals explodiert. Österreich ist es gemeinsam mit den meisten anderen Ländern in Europa gelungen, dieses Wachstum zu stoppen.“
Kurz: „Bereiten uns auf zweite Welle vor“
„Wir bereiten uns selbstverständlich auf eine zweite Welle vor, alles andere wäre unverantwortlich“, so Kurz. Wann und ob diese kommt, könne im Moment keiner vorhersagen. Man wolle auf jeden Fall keinen weiteren Shutdown durchführen müssen. Aufgrund der jetzigen Ausgangslage und der niedrigen Ansteckungsquote sieht Kurz Österreich auch besser vorbereitet als Mitte März: „Es sollte möglich sein, eine zweite Welle besser und anders unter Kontrolle halten zu können.“
Anderl: „Arbeitslosengeld muss erhöht werden“
AK-Chefin Renate Anderl richtet in der Zeit dieser schrittweisen Rückkehr in die Normalität ihren Appell an die Unternehmer, jene Mitarbeiter, die sich in den letzten Wochen in Kurzarbeit befunden haben, wieder zu beschäftigen. Was die halbe Million Menschen betrifft, die durch die Krise arbeitslos geworden sind, gebe es „viele Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden müssen“. Um eine „massive Armut“ unter diesen Menschen zu verhindern, müsse man „dringend darüber nachdenken, das Arbeitslosengeld zu erhöhen“, so Anderl. Auch die Kapazitäten beim AMS müsse man um 500 Mitarbeiter aufstocken, vor allem auf die jugendlichen Arbeitslosen sollte der Fokus gesetzt werden, denn diese seien die „Fachkräfte der Zukunft“.
Wailand: „Zweiter Lockdown wäre kaum auszuhalten“
„Ein zweiter Lockdown wäre für die Unternehmer und Arbeitnehmer wirtschaftlich kaum auszuhalten, viel weniger noch psychisch“, sagt „Krone“-Wirtschaftsexperte und stellvertretender Chefredakteur Georg Wailand. Die stufenweise Öffnung unter Einhaltung aller nötigen Maßnahmen ist für ihn daher die bessere Alternative. Für ein erfolgreiches Hochfahren der Wirtschaft müsse man darauf achten, dass man die Betriebe, die über Nacht zusperren mussten, über die Liquiditätsenge bringt: „Hier können Steuerstundungen und Unterstützungsgelder helfen. Veranstalter etwa, die jetzt auf ihren Ausgaben sitzen bleiben, muss man über den Sommer bringen. Die Kurzarbeit ist ein erstklassiges Instrument, das man verlängern wird müssen.“
„Brauchen wieder Wirtschaftswachstum“
Eine finanzielle Umverteilung, um die Staatsausgaben wieder hereinzuholen, wie es etwa die SPÖ fordert, ist für Wailand die falsche Lösung und würde der Bevölkerung klimatisch schaden: „Was wir brauchen, ist Wirtschaftswachstum, egal von welcher ideologischen Warte man das betrachtet. Denn das würde Steuereinnahmen, Sozialversicherungseinnahmen, Sicherheit für die Pensionen und Geld für die Bildungspolitik bedeuten.“
Öffnung der Schulen für Salcher „vernünftiger Kompromiss“
Bildungsexperte Andreas Salcher sieht in der Lösung von Bundesminister Heinz Faßmann, die Schulen am 15. Mai wieder zu öffnen, einen „sehr vernünftigen Kompromiss“. Denn vor allem für Kinder, die zu Hause keine Unterstützung bekommen, „wären sechs Monate ohne sozialen Kontakt zu Kollegen und Lehrern eine Bildungskatastrophe“. Als weiteren Grund nennt Salcher die unterschiedliche digitale Ausstattung der Schulen. So habe es Schulen gegeben, die im Gegensatz zu anderen Einrichtungen innerhalb weniger Tage auf „richtiges E-Learning“ umstellen konnten. „Für die Zukunft ist es daher wichtig, dass man die Kluft zwischen den Schulen schließt und sie ins 21. Jahrhundert bringt. Das bedeutet weg von der Belehrungsschule mit viel Wissensvermittlung und hin zu einer Schule, die mehr Wert auf soziale Fähigkeiten wie Teamfähigkeit und Eigenmotivation legt.“
Allerberger: „Richtiger Zeitpunkt zum Hochfahren“
Infektiologe Franz Allerberger sitzt als Gesundheitsexperte im engsten Krisenstab der Bundesregierung. Aufgrund der aktuellen Datenlage und weil die Infektionen weitgehend im Griff sind, ist es für ihn der richtige Zeitpunkt, das Land wieder hochzufahren.
„Das Virus wird bei uns bleiben“
Auch die Öffnung der Schulen ist für den Mediziner sinnvoll: „Jeder, der Kinder hat, weiß, dass Virusinfektionen zum Leben gehören. Ich fürchte, das Virus wird bei uns bleiben und damit muss man leben. Das Problem nach hinten zu verschieben, ist nicht der richtige Ansatz.“ Nach einem halben Jahr ist Allerberger der Meinung, dass das Virus nicht komplett auszurotten ist. Zudem würden die nächsten Monate zeigen, ob das Virus - so wie die Influenzaviren - im Sommer zurückgeht oder nicht.
Achtung: Neue Sendezeit!
#brennpunkt - den „Krone“-Talk mit Katia Wagner - sehen Sie ab sofort jeden Mittwoch um 19.30 Uhr auf krone.at und dem brandneuen TV-Sender krone.tv, empfangbar über Kabel, Satellit und über Livestream im Internet, sowie um 22.10 Uhr bei n-tv-Austria. Hier finden Sie sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats zum Nachsehen: krone.at/brennpunkt.
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