Überdimensional:

Das Obere Gericht hat sein Riesenrad

Tirol
03.05.2020 14:30

Es ist für Freunde des alten Handwerks zum Zunge schnalzen und für Laien zum Staunen: Das Sägewerk von Elisabeth Maaß in Ried bekam ein neues Wasserrad von rekordverdächtigem Ausmaß. Für den Bau ist nur eine von tausend Lärchen geeignet. 

Es gibt sie noch, die Highlights für einen Journalisten. Und das in einer Zeit, in der ein Krisenthema alles überschattet. Ein „Krone“-Artikel über die Mühlen in unserem Land vor exakt einem Jahr brachte jenen Stein – besser gesagt, jenes Rad – ins Rollen, das sich ohne Übertreibung der Superlative bedienen kann.

„Das war ich meinen Großeltern schuldig
Am 1873 erbauten Sägewerk der Familie Maaß in Ried im Oberland nagte der Zahn der Zeit. 1960 letztmalig in Betrieb, war es dem Verfall preisgegeben. „Ich war es meinen Großeltern schuldig, die alte Säge zu erhalten“, sagt Besitzerin Elisabeth Maaß und beschloss, die historische Manufaktur mit Wasserantrieb zu renovieren. Aber es gab ein Problem: Wer baut das riesige Wasserrad originalgetreu nach? Dies war nämlich die Auflage des Bundesdenkmalamtes. Der Haiminger Hans Glatzl, Mühlenbetreiber und Landessprecher der Österreichischen Mühlengesellschaft, war mit Frau Maaß schon länger in Kontakt und sollte sich als Glücksengel erweisen. Alte Mühlen und Sägewerke haben nämlich eines gemeinsam: den Antrieb.

„Krone“-Artikel als Initialzündung
„Der Artikel in der ,Tiroler Krone´ hat eine Lawine losgetreten“, erzählt Glatzl, „unter anderem meldete sich der Osttiroler Hans Senfter. Er ist Mühlenfan, baut seit 30 Jahren Wasserräder und kam auch bald auf einen ,Ratscher’ zu mir nach Haiming.“ Die Gelegenheit, den Gast zu einem „Lokalaugenschein“ in Ried zu überreden. „Ich fand das Projekt vom Anfang an unheimlich interessant“, blickt der gelernte Tischler zurück, „eine derartige Dimension machst du im Leben nur einmal.“ Und diese Dimension ist auch für den Laien beeindruckend: ein Wasserrad im Durchmesser von fünf Metern rotierend um einen Wellbaum von unglaublichen fünf Metern Länge und 60 Zentimetern im Querschnitt, aus einem Stück Holz, versteht sich.

Suche nach perfektem Baum dauerte Monate
Die größte Schwierigkeit gab’s aber gleich am Anfang. „Dafür ist nur eine von tausend Lärchen geeignet“, sagt der Innervillgratner Experte. Die monatelange Suche nach dem perfekten Baum endete schließlich in Schlaiten: Dort stand sie endlich, die 200 Jahre alte Lärche, 43 m hoch, pfeilgerade und einen Brusthöhendurchmesser von 110 cm. Für Senfter endete eine Odyssee und begann die Präzisionsarbeit, die unzähligen Teilstücke zu fertigen. Der geplante Zusammenbau in Ried am 19. März fiel Corona zum Opfer. Doch Mitte letzter Woche war es dann soweit, am letzten Tag mit abnehmendem Mond, denn das Mondzeichen sei sehr wichtig. Nach zwei Tagen Präzisionsarbeit zeigte sich der Schöpfer zufrieden: „Gewaltig, das Riesenrad hat nur zwei Millimeter Schlag nach oben und null seitlich. Mir ist jedenfalls kein Wasserrad in dieser Dimension in Österreich bekannt.“ Zufrieden, ja stolz, ist auch die Eigentümerin: „Es entsteht ein Schausägewerk, mit dem ich den Besuchern, vor allem den Kindern, das Erbe unserer Vorfahren zeige“.

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