Jugendanwältin

Sorge um Kinder: „In der Isolation oft schutzlos“

Tirol
28.04.2020 07:00

Tirols Kinder- und Jugendanwältin befürchtet Folgeschäden durch die wochenlange Isolation für die Jüngsten. Häusliche Gewalt bleibe viel öfter im Verborgenen. Expertinnen sprechen von einer „verdächtigen Ruhe“ in Kinderschutzzentren. Ein weiteres Problem: 750 Schüler werden von den Lehrern im Heimunterricht zum Teil nicht oder nur schwer erreicht. 

Alle leiden unter der Krise. Manche mehr als andere. Für Tirols Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser gehören die Jüngsten in der Gesellschaft eindeutig zu jenen, die den negativen Auswirkungen der Isolation am meisten ausgeliefert sind. „Kinder leiden, weil sie in kleinen Wohnungen keinen Platz für einen Rückzug haben. Sie leiden, wenn die Eltern Probleme und Konflikte haben. Und sie können gerade jetzt schwer vor häuslicher Gewalt geschützt werden, weil helfende Systeme wie die Schule oder der Kindergarten fehlen“, zählt die Jugendanwältin auf.

Kaum Anrufe – „Die Ruhe vor dem Sturm?“
Konkrete Fälle seien zwar bisher nicht bekannt, sagt Harasser, aber sie verweist auf Alarmzeichen. Von so einem berichtet Petra Sansone, Geschäftsführerin der Tiroler Kinder und Jugend GmbH. Zu ihrer Abteilung gehören u.a. fünf Kinderschutzzentren als Anlaufstellen für Meldungen von Gewalt an Kindern. „Derzeit ist es verdächtig ruhig“, spricht Sansone von einer möglichen Ruhe vor dem Sturm. Die Isolation der Familien würde das Erkennen von häuslicher Gewalt erschweren und es Kindern kaum ermöglichen, außerhalb der Familie Unterstützung zu suchen. Dazu weist Harasser auf eine Untersuchung hin, wonach Kinder siebenmal um Hilfe bitten müssen, bis sie von Erwachsenen gehört werden.

Lange Wartelisten bei den Krisen-WGs
Etwas anders verhält es sich bei Jugendlichen, die eher bereit sind, aus einer belastenden Familiensituation auszubrechen. Sansone – selbst ausgebildete Notfallpsychologin – berichtet über die Krisen-Wohngemeinschaften, die das Land und andere Organisationen in Tirol betreiben: „Dort hat es seit Ausbruch der Krise deutlich mehr Anfragen gegeben. Die Wartelisten sind länger als sonst.“

Benachteiligte Kinder leiden jetzt doppelt
Die Öffnung der Schulen und Kindergärten werten die Expertinnen als wichtigen Schritt, damit Kinder wieder ein Stück Normalität erleben. Besondere Aufmerksamkeit müsse nun jenen rund 750 Tiroler Schülern geschenkt werden, die in den vergangenen Wochen von den Lehrern nicht oder nur schwer erreicht werden konnten, betont Harasser. Sansone erwähnt die 41 Tiroler Schulsozialarbeiter, die Pädagogen und Familien auch in der Zeit des Fernunterrichts zur Seite stehen. Sansone fordert mehr Mittel für Schulsozialarbeit. Eine Forderung, die auch Sozial-Landesrätin Gabriele Fischer unterstützt. Sie weist darauf hin, dass bei der Einrichtung der vielen Hilfspakete nicht auf die Kinder vergessen werden dürfe.

Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche: Rat auf Draht, Telefon: 147. Kinder- und Jugendanwaltschaft: kija@tirol.gv.at, Telefon: 0512/508-3792.

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